Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau
Geldpolitik in der Zwickmühle
Jörn Quitzau, Volkswirt bei der Berenberg Bank und Leiter des Bereichs Wirtschaftstrends. Foto: Berenberg
Die Europäische Zentralbank (EZB) kämpft mit allen Mitteln für eine Inflation knapp unter 2 Prozent. Da die Inflation aber hartnäckig deutlich unter diesem Zielwert bleibt, stellt sich die Frage, ob das Ziel oder die von der EZB eingesetzten Mitteln geändert werden sollten.
Die Strategie der Preisniveausteuerung hätte den Vorteil, dass die Inflationserwartungen steigen würden. Nach der langen Phase zu schwach steigender Preise müsste die EZB noch lange an der äußerst expansiven Geldpolitik festhalten, um auf das eigentlich deutlich höher angestrebte Preisniveau zu gelangen. Allerdings bleibt ein ähnliches Problem wie bei der oben diskutierten Erhöhung des Inflationsziels auf beispielsweise drei Prozent: Wenn schon das Ziel von zwei Prozent trotz größter Anstrengungen nicht erreicht wird, dann wird der Hinweis auf perspektivisch noch höhere Inflationsraten nur bedingt glaubwürdig sein.
Grundsätzlich ist zu bedenken, dass die Preisniveausteuerung zu mehr Volatilität...
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Die Strategie der Preisniveausteuerung hätte den Vorteil, dass die Inflationserwartungen steigen würden. Nach der langen Phase zu schwach steigender Preise müsste die EZB noch lange an der äußerst expansiven Geldpolitik festhalten, um auf das eigentlich deutlich höher angestrebte Preisniveau zu gelangen. Allerdings bleibt ein ähnliches Problem wie bei der oben diskutierten Erhöhung des Inflationsziels auf beispielsweise drei Prozent: Wenn schon das Ziel von zwei Prozent trotz größter Anstrengungen nicht erreicht wird, dann wird der Hinweis auf perspektivisch noch höhere Inflationsraten nur bedingt glaubwürdig sein.
Grundsätzlich ist zu bedenken, dass die Preisniveausteuerung zu mehr Volatilität bei den Inflationsraten und womöglich auch zu stärkeren konjunkturellen Schwankungen führen würde. Zudem weist die Bundesbank auf das Problem hin, dass das Konzept bisher lediglich in Schweden in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eingesetzt wurde. Somit gibt es kaum praktische Erfahrungen, ob das angestrebte Ziel erreicht wird und wie die Nebenwirkungen einzuschätzen sind.
Fazit
Für die EZB wird es weiter ein harter Kampf bleiben, die Inflationsrate dauerhaft auf den Zielwert von „unter, aber nahe 2 Prozent“ zu heben. Die Zielinflation deshalb zu senken – was sich ökonomisch durchaus begründen ließe –, ist keine überzeugende Option, weil die EZB damit ihre eigene Glaubwürdigkeit beschädigen würde. Und der Versuch, die Inflationserwartungen nach oben zu treiben – sei es durch eine höhere Zielinflation oder durch die geldpolitische Strategie der Preisniveausteuerung – dürfte scheitern.
Die EZB wird deshalb wohl ihren Weg in den gewohnten Bahnen fortsetzen und könnte lediglich mit ihrer Kommunikation dazu beitragen, dass die zu niedrigen Inflationsraten von den Marktakteuren und der Öffentlichkeit nicht als Makel empfunden werden. Damit würde sie den auf ihr lastenden Handlungsdruck reduzieren.
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