Chefvolkswirt Thorsten Polleit
Notenbanker treffen kurzsichtige Entscheidungen
Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt von Degussa Goldhandel. Foto: Degussa Goldhandel
Notenbanker scheuen davor zurück, die Zinsen stark anzuheben und das Geldmengenwachstum einzudämmen. Was das für die Märkte bedeutet, erklärt Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit.
Die US-Zentralbank (Fed) hat am 16. März 2022 ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Die neue Bandbreite für die Federal Funds Rate liegt nun bei 0,25 bis 0,50 Prozent. Zudem verkündete die Fed, ihre Zinsen 2022 nicht nur drei-, sondern sechsmal anheben zu wollen – daß hieße zu Jahresende 1,9 Prozent anstatt der bislang angepeilten 0,9 Prozent.
Ist das die Zinswende, die sich viele Sparer sich erhoffen? Angesichts einer Inflation von 7,9 Prozent (Consumer Price Index/CPI im Februar 2022) ist dieser Zinsschritt sowie auch die weiter geplante Straffung der Geldpolitik alles andere als restriktiv. Die Realzinsen werden nämlich negativ bleiben, der Dollar büßt weiter Kaufkraft ein.
Doch...
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Die US-Zentralbank (Fed) hat am 16. März 2022 ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Die neue Bandbreite für die Federal Funds Rate liegt nun bei 0,25 bis 0,50 Prozent. Zudem verkündete die Fed, ihre Zinsen 2022 nicht nur drei-, sondern sechsmal anheben zu wollen – daß hieße zu Jahresende 1,9 Prozent anstatt der bislang angepeilten 0,9 Prozent.
Ist das die Zinswende, die sich viele Sparer sich erhoffen? Angesichts einer Inflation von 7,9 Prozent (Consumer Price Index/CPI im Februar 2022) ist dieser Zinsschritt sowie auch die weiter geplante Straffung der Geldpolitik alles andere als restriktiv. Die Realzinsen werden nämlich negativ bleiben, der Dollar büßt weiter Kaufkraft ein.
Doch auch die Europäische Zentralbank (EZB) sorgt durch eine übermäßige Geldmengenausweitung bei anhaltend niedrigen Zinsen für einen bisher nicht gekannten Inflationsschub: Im Februar lagen die Konsumgüterpreise im Euroraum im Schnitt um 5,9 Prozent höher als Vorjahr, in Deutschland lag sie im März 2022 bei 7,3 Prozent – bei Nullzinsen für die Sparer.
Es ist unübersehbar, daß sich die Zentralbankräte davor scheuen, konsequent gegen die hohe Inflation vorzugehen. Stattdessen hoffen sie wohl darauf, daß die aktuelle Inflationswelle im Laufe des Jahres nachläßt, ohne daß dafür der Leitzins stark angehoben werden muß und so die Wirtschaft in eine Rezession stürzt. Doch diese Rechnung wird wohl nicht aufgehen.
Denn die mittlerweile extrem stark ansteigenden Energie- und Rohstoffpreise – die durch den Ukraine-Krieg zusätzlich angeheizt werden – treffen auf einen gewaltigen „Geldmengenüberhang“, den die großen Zentralbanken im Zuge der Finanz-, Euro- und Corona-Krise erzeugt haben.
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