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Geld-Psychologie
Warum die Zinsen längst nicht reichen – auch, wenn du das gerne glauben willst
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Von , in Alles zu DepotsLesedauer: 8 Minuten
Christoph D. Wahlen und Gösta Jamin neben einer Waage
Christoph D. Wahlen und Gösta Jamin neben einer Waage: Mit einem Euro kann man sich in einem Jahr nur noch das kaufen, was man heute für etwa 94 Cent erhält. | Foto: Christin Jahns mit Canva

Ziehst du 

  • 5 Prozent Gehaltserhöhung bei 4 Prozent Inflation, 
  • einer Gehaltserhöhung um 2 Prozent bei 0 Prozent Inflation 

vor?

Wenn du zur ersten Gruppe gehörst, bist du Teil der breiten Mehrheit, die der Geldillusion unterliegt. 

Diese Illusion ist die Ursache dafür, dass sich viele Anleger nach vielen Jahren der Niedrig-, Null- oder sogar Negativzinspolitik über scheinbar interessante Anlageangebote von Banken für Fest- oder Tagesgelder, mit 2, 3 oder gar 4,15 Prozent Zinsen freuen. Manche Anleger sind regelrecht erleichtert, dass es wieder Zinsen auf das eigene Geld gibt, das sich vermeintlich risikofrei vermehren lässt. 

Geldillusion: Wenn das Geld sich vermehrt und der Geldwert sinkt

Doch leider vermehrt sich zwar das Geld, nicht aber der Geldwert.  

Mitte 2023 liegt die von den Statistikämtern ermittelte Inflationsrate, das heißt der Prozentsatz um den die Preise aller Waren und Dienstleistungen im Durchschnitt steigen, immer noch bei über 6 Prozent. Anders ausgedrückt:  

Mit einem Euro kann man sich in einem Jahr nur noch das kaufen, was man heute für etwa 94 Cent erhält. 

 

Wenn man nun 3 Prozent Zinsen zum Beispiel auf sein Tagesgeld erhält, werden aus einem Euro nach einem Jahr 1 Euro und 3 Cent. Damit kann man sich allerdings nur das kaufen, was man heute für 97 Cent erhält.  

Real, das heißt unter Berücksichtigung der Zinsen, bringt einem die (magere) Verzinsung also nicht nur nichts, sondern dein Geld verliert sogar noch an Kaufkraft. Damit haben sich sowohl Festgeld- als auch Tagesgeldkonten als Geld(wert)vernichtungsinstrumente etabliert. 

Reallohnverlust trotz Gehaltserhöhung 

Ähnliches lässt sich bei der Entwicklung der Löhne und Gehälter beobachten: Im ersten Quartal 2023 konnten sich die Menschen in Deutschland über einen Anstieg der Nominallöhne um 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr freuen. 

Im gleichen Zeitraum stiegen die Verbraucherpreise jedoch um 8,3 Prozent, was laut Statistischem Bundesamt einen Reallohnverlust von 2,3 Prozent zur Folge hatte. 

 

Die Geldillusion spiegelt sich auch bei einem scheinbar lukrativen Jobangebot wider.

Wenn dir jemand einen Job mit doppeltem Gehalt anbietet, du dafür aber in eine Stadt ziehen musst, in der die Lebenshaltungskosten dreimal so hoch sind, dann verlierst du tatsächlich Kaufkraft und unterliegst derselben Geldillusion wie in den obigen Beispielen. Das Problem ist die Orientierung an Zahlen und nicht am realen Wert des Geldes. 

Unser Gehirn stellt uns eine Falle – die Geldillusion 

Irgendwann haben wir alle das Thema Zinsen und Inflation in der Schule im Mathematik- oder Wirtschaftsunterricht behandelt. Insofern verstehen wir das Problem intellektuell durchaus und können die Auf- beziehungsweise Abzinsung unserer Kaufkraft ausrechnen.

Unser Gehirn aber rechnet lieber «nominell» als «real». Schlicht, weil man dazu weniger denken muss und denken unser Gehirn Energie kostet. 

Damit stellt uns das an ein Leben in der Altsteinzeit angepasste Gehirn eine Falle, die man als Geldillusion bezeichnet.  

Wir fühlen den Kaufkraftverlust nicht richtig.  

Wenn wir Geldbeträge sehen, sei es in Form von Bargeld oder in Form des Kontostandes auf unserem Girokonto, betrachten wir sie analog zu dinglichen Gegenständen wie Kleidungsstücken oder einem Haus. Ein heute stehendes Haus ist auch in einem Jahr noch ein Haus. 

Negative Realverzinsung sollte mehr Frust auslösen 

Beim Geld ist es jedoch völlig anders, wie wir oben gesehen haben. 100 Euro sind nach einem Jahr eben keine 100 Euro mehr (wert), sondern einen geringeren Betrag.  

Wir wissen zwar, dass es so ist bzw. können es ausrechnen. Es fühlt sich jedoch nicht so an. Um es richtig fühlen zu können, müssten wir von einem Geldschein kleine Schnipsel abschneiden oder in unserer Konto-App müsste ein rückwärts laufender Zähler regelmäßig kleine Beträge von unserem Kontostand abziehen. 

 

Die Geldillusion ist letztlich der Grund dafür, warum wir (zu) wenig frustriert sind über die negative Realverzinsung unserer Geldanlagen oder über die negative Entwicklung unserer Reallöhne. 

Ausweg aus der Geldillusion: Sachwertanlagen statt Nominalwertanlagen

Auch wenn man sich aktiv von der Sinnestäuschung der Geldillusion freimachen muss, so können wir uns bewusst immer wieder die Effekte des Kaufkraftverlustes durch Inflation ins Gedächtnis rufen, um die gröbsten Fehlwahrnehmungen zu vermeiden und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Während ein Ausweg aus einer allgemeinen negativen Entwicklung von Reallöhnen schwierig sein dürfte, können Anleger zumindest bei ihrer Geldanlage vergleichsweise einfach gegensteuern.

Vereinfacht gesagt, lassen sich Kapitalanlagen in Nominalwert- und Sachwertanlagen unterteilen. Nominalwertanlagen verbriefen einen Anspruch auf bestimmte Geldbeträge. Beispiele hierfür sind Sparkonten, Tagesgelder, Anleihen oder Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen. Diese Art von Anlagen unterliegt voll dem Kaufkraftschwund aufgrund der Inflation. 

 

Anders ist es jedoch bei Sachwertanlagen. Diese verbriefen Ansprüche auf reale Wertgegenstände. Beispiele sind Aktien, Immobilien oder auch Gold. Die meisten realen Wertgegenstände können nicht einfach beliebig vermehrt werden und steigen daher im Preis, wenn alle anderen Preise auch steigen. 

Aus diesem Grund ist es wichtig, einen möglichst großen Anteil der langfristigen Vermögensanlage in Sachwertanlagen zu tätigen. Das schützt einen nicht notwendigerweise vor der Geldillusion. Es kann durchaus sein, dass man sich über einen vermeintlichen Kursanstieg von Aktien freut, obwohl der Kursanstieg ganz oder teilweise durch die Inflation aufgefressen wird. Gesichert ist man allerdings zumindest vor dem realen Kaufkraftverlust durch die Inflation. 

Niedrige Quote von Immobilienbesitzern und Aktionären 

Gerade in Deutschland haben wir das Problem, dass viele Menschen ihr Geld in Nominal- und nicht in Sachwerten anlegen. Sowohl die Quote der Immobilieneigentümer als auch die Aktionärsquote unter den privaten Haushalten ist im Vergleich zu anderen Ländern gering. Gerade, aber nicht nur, für jüngere Menschen ist es wichtig, möglichst in Sachwertanlagen zu investieren, um sich bedingt durch die Geldillusion nicht in der falschen Sicherheit eines Wertzuwachses von Nominalwertanlagen zu wiegen, obwohl ihre reale Kaufkraft tatsächlich sinkt.

Über die Autoren 

Christoph D. Wahlen und Gösta Jamin sind Gründer der Finanzakademie – by Pro Coaching. In den vergangenen Jahrzehnten haben die beiden an der Börse selbst schmerzliche Erfahrungen mit Fehlern gemacht, die eigentlich vermeidbar gewesen wären.

In der Serie „Geld-Psychologie" schreiben sie über Fallen, die unser Gehirn uns stellt, um dir dabei zu helfen, sie aufzudecken und zu vermeiden. Mehr Infos und Weiterbildungsangebote findest du auf Finanzakademie – by PRO Coaching. 

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