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Generationengespräch zweier Vermögensverwalter

Gottfried Heller (l.) und Lutz Hering
Gottfried Heller (l.) und Lutz Hering
Welche Periode war für Ihr Ökonomieverständnis prägend?
Gottfried Heller:
Die erste Amtsperiode von US-Präsident Ronald Reagan. Die US-Notenbank Fed hatte Anfang der 1980er Jahre den Diskontsatz auf 20 Prozent angehoben, damit die Inflation aber auch die Konjunktur erschlagen. Präsident Reagan setzte dann eine auch an der Börse erfolgreiche Angebotspolitik (statt der herrschenden Nachfragepolitik) um.
Lutz Hering: Die neunziger Jahre mit der durch die amerikanische Geldpolitik beflügelten Weltwirtschaft, den boomenden Börsen und dem Platzen der New Economy-Blase am „Neuen Markt“. Das hat mir gezeigt, dass die Stimulierung durch die Notenbank funktioniert und vernünftig ist, wenn Sie ihre Grenzen kennt und weiß, dass ein Start up mit 10 Leuten, einer Idee und ein paar Computern an der Börse nicht höher als die Allianz bewertet sein darf.

Welche Art von Investor sind Sie?
Heller:
Ganz klar ein sogenannter Value-Investor, der vorzugsweise, wenn auch nicht ausschließlich, in werthaltige Aktien investiert. Studien zeigen eindeutig, dass Value-Aktien, also Substanzwerte, langfristig besser abschneiden als Growth-Aktien, zu Deutsch „Wachstumswerte“.
Hering: Wir sehen uns als Investoren, die ihren Anlagestil an Marktphasen anpassen. Im Moment gefallen uns Unternehmen, deren Marktkapitalisierung nahe ihrem Bargeldbestand und Immobilienvermögen ist und somit unterhalb ihres fairen Wertes notieren. Weil unterhalb dieser Grenze die Übernahmewahrscheinlichkeit sehr hoch ist, wird ein möglicher Kursrückgang nicht dramatisch ausfallen.

Ihre Meinung zum Euro?
Heller:
Die Gründung des Euro war eine politische Entscheidung. Ökonomisch machte sie keinen Sinn.
Hering: Er sollte aus Europa die „Vereinigten Staaten von Europa“ machen. Das war der politische Wille. Der Euro mit seinen angeschlossenen Staaten hat uns aber ökonomisch stark in Bedrängnis gebracht und wird Europa hoffentlich nicht entzweien, denn die aktuelle Verschuldungskrise wäre mit einer nationalen Währung besser steuerbar.

Droht uns eher ein deflationäres oder eher ein inflationäres Jahrzehnt?
Heller:
Solange wir in einer Demokratie leben, in der Politiker mit ihrer Spendierfreundlichkeit – sei es für soziale Zwecke, oder für einflussreiche Interessengruppen – Wählerstimmen kaufen, ist Inflation ein Systemmerkmal.
Die Notenbanken tragen mit ihrer Geldflut zur Bekämpfung der Banken- und Schuldenkrise zur Inflationsgefahr bei. Das gilt ganz besonders für die Europäische Zentralbank, die mit Rücksicht auf die schwachen südeuropäischen Staaten nicht konsequent und rechtzeitig die Zinsen anheben wird.
Hering: Was heißt drohen? Die Frage ist, was für ein Jahrzehnt wir nach der außerordentlichen Verschuldung der Industrienationen brauchen. Ein deflationäres Umfeld wäre Gift. Eine Lösung kann nur durch verstärktes Wachstum herbeigeführt werden. Also sollte die Tendenz eher Richtung Inflation gehen, welche auch die Schulden der Staaten bis zu einem gewissen Maß „weginflationieren“ würde.

Gold oder Ackerland als ultimativer Krisenschutz?
Heller:
Weder noch: Mit Gold kann man das Vermögen nicht mehren. Bestenfalls schafft es zu gewissen Zeiten einen Inflationsausgleich. Ackerland ist zwar ein natürlich knappes Gut. Aber es ist nicht fungibel, sondern immobil und die Rendite ist meist gering.
Ich habe eine viel bessere Lösung, die ich auch in meinem Buch „Der einfache Weg zum Wohlstand“ ausführlich beschrieben habe: Ein internationales Wertpapierdepot, bestehend aus Aktien und Anleihen, kann bei Bedarf in wenigen Tagen zu Geld gemacht werden, wirft eine ordentliche Rendite ab, bietet Schutz vor der Inflation und stellt eine internationale Währung dar. Damit kann es einem egal sein, was mit dem Euro passiert. Diese Lösung ist langfristig besser als Ackerland oder Gold!
Hering: Wenn mit Ackerland Produktivkapital gemeint ist, weil Nahrungsmittel darauf angebaut werden, dann Ackerland. Wenn es allerdings nur brach liegt, würde ich weder Gold noch Ackerland besitzen wollen.

USA oder Asien? Was ist der wichtigste Finanzmarkt in 15 Jahren?
Heller:
Die USA werden noch für lange Zeit die führende Finanzmacht der Welt sein. Wie lange, das ist schwer zu sagen. Langfristig wird Asien diese Rolle zufallen, denn dort leben rund zwei Drittel der Menschheit.
Hering: In 15 Jahren immer noch die USA. Aber in 30 Jahren Asien, weil sie wirtschaftlich die USA überflügeln werden.

In Russland investieren?
Heller:
Russland besitzt Öl und Mineralien, also verknappende Rohstoffe, deren Preis langfristig steigen wird. Das heißt aber noch lange nicht, dass dadurch das Volkseinkommen überdurchschnittlich steigen wird.
Studien haben ergeben, dass Länder, die keinerlei Rohstoffe besitzen, wie etwa Taiwan, das höchste pro Kopf Einkommen haben. Rohstoffländer, wie Russland, dagegen das niedrigste. Warum? Weil rohstoffarme Länder nur durch eine hohe Bildung seiner Bevölkerung – also des Humankapitals – innovativ und kreativ in der Entwicklung und Herstellung von Produkten und Dienstleistungen mit einer hohen Wertschöpfung sind, während bei rohstoffreichen Ländern das Gegenteil der Fall ist. In russische Öl-, Erdgas- und Minenaktien kann man aber langfristig durchaus investieren.
Hering: Nein, denn das ist ausschließlich eine Rohstoffwette, die durch Korruption und willkürliche politische Entscheidungen zusätzlich torpediert werden kann. Zur Person..
...Gottfried Heller
ist der Doyen der deutschen Vermögensverwaltung. Der einstige Weggefährte des legendären André Kostolany hat vor Jahrzehnten  mit der Fiduka eine der erfolgreichsten bankunabhängigen Vermögensverwaltungen in Deutschland gegründet. Die gesammelten Erfahrungen als Investor sind in sein Buch „Der einfache Weg zum Wohlstand“ eingeflossen.

...Lutz Hering
ist Marktstratege und geschäftsführender Gesellschafter der Dresdner Damm|Rumpf|Hering Vermögensverwaltung. Das Unternehmen, das Gelder für Private, Unternehmen und Stiftungen verwaltet, feiert 2013 sein 15 jähriges Bestehen.

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