Ökonom Alexander Börsch
So werden Unternehmen resilienter

Ökonom Alexander Börsch
Die aktuellen geopolitischen Umbrüche betreffen deutsche Unternehmen in besonderer Weise. Unter den großen Volkswirtschaften ist Deutschland nämlich mit Abstand am meisten vom Export und damit von offenen Märkten abhängig. Zudem sind die Auslandsinvestitionen hierzulande hoch. Die Folgen des Ukraine-Krieg, die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China, der zunehmende Protektionismus ...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die aktuellen geopolitischen Umbrüche betreffen deutsche Unternehmen in besonderer Weise. Unter den großen Volkswirtschaften ist Deutschland nämlich mit Abstand am meisten vom Export und damit von offenen Märkten abhängig. Zudem sind die Auslandsinvestitionen hierzulande hoch. Die Folgen des Ukraine-Krieg, die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China, der zunehmende Protektionismus in der Weltwirtschaft, und das Technologie-Decoupling setzen dieses Wirtschaftsmodell unter Druck.
Verschärft wird der Druck dadurch, dass sich durch die geopolitische Blockbildung zwischen China und den USA die beiden wichtigsten Exportmärkte für deutsche Unternehmen gegenüberstehen. In diesem neuen Umfeld gibt es deutliche Anzeichen, dass sich deutsche Unternehmen grundlegend umorientieren. Zum einen ändern sich die Lieferketten und Absatzmärkte und damit die Investitionsziele. Zum anderen wird das Management der geopolitischen und geoökonomischen Umbrüche zu einer sehr wichtigen Dimension der Unternehmensperformance, des Risikomanagements und des unternehmerischen Fußabdruckes.
Die geopolitischen Konflikte und Spannungen zwischen den USA und China führen zu einem wesentlich protektionistischeren Wirtschaftsumfeld. Die Daten des Global Trade Alert der Universität St. Gallen zeigen nicht nur, dass traditionelle protektionistische Maßnahmen im Güterhandel zunehmen. Auch die Beschränkungen für den am schnellsten wachsenden Bereich des Handels, den Dienstleistungshandel, nehmen erheblich zu.
Hinzu kommen neue Investitions- und Exportbeschränkungen, die seit dem Kalten Krieg eigentlich aus der Mode gekommen sind. So beschränken die USA seit Ende vergangenen Jahres die Ausfuhr von High-Tech-Halbleitern nach China – mit Folgen für verbündete Nationen. Japan und die Niederlande, die wichtigsten Hersteller von Halbleiterproduktionsanlagen, beschränken auf Drängen der USA die Ausfuhr ihrer Anlagen.
Auch die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedsstaaten sind nicht untätig bei geoökonomischen Maßnahmen. Im Jahr 2020 hat die EU eine Investitionskontrolle eingeführt. In Deutschland fallen seit 2021 neue Sektoren unter die Investitionsprüfung. Dazu gehören insbesondere Unternehmen aus Zukunfts- und Technologiesektoren wie Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Quanteninformatik, Luft- und Raumfahrt und kritische Rohstoffe. Gleichzeitig prüft die EU-Kommission, ob nicht nur eingehende, sondern auch ausländische Investitionen europäischer Unternehmen von einem Investitions-Screening erfasst werden sollten.
Trotz dieser protektionistischen Tendenzen gibt es auch Gegenbewegungen in Form neuer Freihandelsabkommen, vor allem in Asien. Tatsächlich hat die absolute Zahl von Freihandelsabkommen einen Höchststand erreicht. Die zunehmende Zahl regionaler und bilateraler Handelsabkommen wie zwischen der EU und Japan deutet jedoch auch darauf hin, dass das multilaterale globale Handelssystem in Schieflage geraten ist.
Neben den strukturellen Verschiebungen gibt es auch sehr konkrete geopolitische Risiken und Szenarien auf dem Radar der Unternehmen. Laut dem aktuellen Deloitte CFO Survey befürchten die meisten Unternehmen eine Ausweitung des Ukraine-Kriegs. Knapp dahinter rangieren Cyberattacken und an dritter Stelle der China-Taiwan-Konflikt, dessen Eskalation für fast die Hälfte der Unternehmen ein hohes Risiko darstellt.
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