„Zeitenwende“ Von der ungeliebten Rüstungsindustrie zur lukrativen Verteidigungsbranche
Der Krieg in der Ukraine schockierte die westlichen Regierungen. Bundeskanzler Olaf Scholz sowie seine westlichen Verbündeten sahen die europäische Sicherheitsordnung in Gefahr, was zur sogenannten „Zeitenwende“ führte : Die Verteidigungsausgaben stiegen deutlich und in ganz Europa wurde die Rüstungs- und Munitionsherstellung angekurbelt. Die Produktion von Rüstungsgütern in der EU ist laut Analyseplattform Apricitas Economics seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine um rund 7 Prozent und im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit um rund 15 Prozent angestiegen.
Die Auftragsbestände in der deutschen Rüstungsindustrie haben seit Kriegsbeginn um 150 Prozent zugelegt. Anfangs kam ein Großteil der zusätzlichen Nachfrage aus dem Ausland, unter anderem aus der Ukraine sowie anderen osteuropäischen Ländern, die ihre eigenen Verteidigungskapazitäten verbessern möchten.
Der Bedarf im eigenen Land ist ebenfalls stark gestiegen. Scholz versprach, die Fähigkeiten der Bundeswehr zu verbessern und dafür 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Das entspricht dem zweifachen jährlichen Verteidigungsetat und soll die Modernisierung der Bundeswehr vorantreiben. Zudem versicherte der Kanzler, die Verteidigungsausgaben Deutschlands über das Ziel von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hinaus zu steigern.
Cyberverteidigung gewinnt an Bedeutung
Neben der physischen Stärke des Militärs wird auch die Sicherung des digitalen Raums immer wichtiger. Im Juni dieses Jahres hat die deutsche Regierung ihre erste nationale Sicherheitsstrategie veröffentlicht. Die genannten Herausforderungen deuten auf eine wachsende Zahl von Cyberangriffen auf staatliche und private Ziele hin, die von Staaten wie China und Russland angestoßen werden.
Angesichts zunehmender geopolitischer Spannungen ist zu erwarten, dass sich diese Attacken häufen und die Bedeutung von Cybersicherheit weiter steigen wird. Daher spielt die Cyberverteidigung im Bereich der nationalen Sicherheit eine bedeutende Rolle und Deutschland investiert verstärkt in den Schutz seiner digitalen Infrastruktur.
Rheinmetall mit Aufträgen im zweistelligen Milliardenbereich
Höhere Verteidigungsausgaben könnten sich als Katalysator für Unternehmen wie Hensoldt, Rheinmetall, BAE Systems, Thales und Leonardo erweisen. Diese spielen für den deutschen Verteidigungssektor eine entscheidende Rolle, so die Einschätzung von Chloe Lemarie, Analystin bei der US-Investmentbank Jefferies. Angesichts des Krieges in der Ukraine sowie der Stationierung von NATO-Truppen in den angrenzenden Ländern dürften Lemarie zufolge Güter wie Munition die ersten sein, deren Vorräte aufgestockt werden müssen.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Besonders interessant scheint aus Investorensicht unter anderem Rheinmetall. Das Unternehmen rechnet allein in diesem Jahr mit Rüstungsaufträgen in zweistelliger Milliardenhöhe. Es liefert zudem Hightech-Ausrüstung wie die SurveilSpire-Aufklärungssysteme für die ukrainischen Streitkräfte. Sensorspezialist Hensoldt erzielte rund 52 Prozent seines Umsatzes im Jahr 2020 im deutschen Verteidigungssektor. Das italienische Unternehmen Leonardo ist mit 25 Prozent an Hensoldt beteiligt und kann so ebenfalls von den gestiegenen deutschen Sicherheitsausgaben profitieren.
Breites Verteidigungsinvestment mithilfe von ETFs
Anstelle des Erwerbs einzelner Aktien und damit verbundener Risiken ermöglicht ein auf Verteidigungsunternehmen fokussierter ETF ein breites Engagement bei einer Vielzahl von Konzernen. Ein solcher ist beispielsweise der Future of Defence UCITS ETF (NATO, ISIN: IE000OJ5TQP4). Er bietet ein Investment in Unternehmen, die ihre Umsätze in den Staaten der NATO sowie ihrer Verbündeten generieren und als verantwortungsvolle geopolitische Akteure gelten.
Angesichts der weltweiten geopolitischen Instabilität und Rekordausgaben für die Verteidigung in Höhe von 2,2 Billionen US-Dollar im Jahr 2022 bietet die Branche interessante Investmentmöglichkeiten.
Über den Autor:
Hector McNeil ist Mitgründer und Co-Vorstandsvorsitzender der ETF-Plattform Han-ETF.