Analystin Anna Rosenberg
Diese Wahlen werden 2024 die Finanzmärkte prägen

Analystin Anna Rosenberg
Nicht erst seit der russischen Invasion in die Ukraine blicken Marktteilnehmer mit erhöhter Aufmerksamkeit auf geopolitische Entwicklungen. Bereits die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sowie das Brexit-Referendum 2016 und vor allem die politische Reaktion auf die Corona-Pandemie haben gezeigt, wie politische Entscheidungen Finanzmärkte und ihre Akteure beeinflussen können. All diese Ereign...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Nicht erst seit der russischen Invasion in die Ukraine blicken Marktteilnehmer mit erhöhter Aufmerksamkeit auf geopolitische Entwicklungen. Bereits die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sowie das Brexit-Referendum 2016 und vor allem die politische Reaktion auf die Corona-Pandemie haben gezeigt, wie politische Entscheidungen Finanzmärkte und ihre Akteure beeinflussen können. All diese Ereignisse hatten tiefgreifende wirtschaftliche Folgen für die USA und Europa.
Eine weitere Veränderung, die wir in den letzten Jahren verfolgen durften, ist die Neu-Positionierung Chinas als direkter Rivale der Vereinigten Staaten und die geopolitischen Verschiebungen, die daraus resultierte. All diese Entwicklungen haben die geopolitische Analyse zu einem immer wichtigeren Bestandteil des Researchs von Finanzinstitutionen gemacht. Daher setzen immer mehr Hedgefonds und Asset Manager auf geopolitische Expertise, um politische Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft besser zu verstehen und aktiv in Investmentstrategien einzubeziehen.
Bei der Analyse von Geopolitik geht es im Kern um Objektivität und kritische Distanz. Es geht darum, alle zur Verfügung stehenden Fakten klar und kühl zu analysieren und dann einzuschätzen, was mit hoher oder geringer Wahrscheinlichkeit passieren wird. Um zu verstehen, wie politische Entscheider handeln, gilt es, die realpolitischen Zwänge zu erkennen und zu verstehen. Dabei müssen persönliche Moralvorstellungen beim Blick auf Gesellschaft und Politik ausgeblendet werden. Je emotionaler und kontroverser eine Krise debattiert wird, desto wichtiger ist es einen kühlen Kopf zu behalten und sich voll und ganz auf die Faktenlage zu konzentrieren.
Das zeigen auch der Hamas-Angriff auf Israel und der gegenwärtige Konflikt in Gaza. Durch den Überfluss an Schlagzeilen und News, sowie parallele Informationskanäle auf den sozialen Medien, brauchen Finanzakteure einen übergeordneten, objektiven Blickwinkel, der sie das große Ganze und die sofortigen Implikationen für den Finanzmarkt besser einschätzen lässt.
Es geht also bei Einschätzungen politischer Situation immer darum, zu analysieren, wie sich geopolitische Entwicklungen auf wirtschaftliche Prognosen auswirken. Wie diese etwa die Inflation beeinflussen können oder wie eine innenpolitische Debatte in Deutschland den Haushalt der EU und damit die Finanzhilfen für die Ukraine beeinflusst kann und im Rückschluss, was das wiederum für die Anlagestrategie bedeutet.
2024 wird von noch mehr Risiken geprägt als 2023. Die Weltlage wird komplexer. Die geopolitische Neuordnung schreitet weiter voran, wichtige Wahlen zum Beispiel in den USA und Taiwan, stehen an. Und dennoch, 2024 wird auch Gewinner hervorbringen.
Während Großmächte konkurrieren, wollen sich die meisten Länder nicht in diese bipolare Rivalität zwängen lassen, sondern lieber ihre eigenen Interessen verfolgen.
Diese Mittelmächte versuchen, ihre Verhandlungsposition zu verbessern, und weiten damit auch ihren geopolitischen Einfluss aus. In der neuen globalen Ordnung schauen Akteure vor allem auf ihren eigenen Vorteil. Das schwächt historisch etablierte Allianzen und mindert den Einfluss der USA und Europas.
Zwar werden die USA versuchen, Verbündete weiterhin nah an sich zu binden. Doch die Präsidentschaftswahl in den USA ist ein erhebliches Risiko für genau diese Verbündeten. Für die EU und Großbritannien wird es schwer, in diesem neuen geopolitischen Umfeld eine klare Position einzunehmen, da bei den bevorstehenden Wahlen der Blick vor allem nach innen richten sein wird.
Die sich abzeichnende geopolitische Neuausrichtung bedeutet für die Märkte unter anderem auch mehr Protektionismus, mehr Zölle und Sanktionen. Der Zugang zu natürlichen Ressourcen wird öfter als Trumpfkarte in politischen Verhandlungen eingesetzt werden als früher. Politiker und Investoren müssen mehr Zeit und Kosten auf sich nehmen, um Allianzen zu bilden. Zunehmende Wirtschaftskriege erhöhen das Risiko eines bewaffneten Krieges.
Geopolitisch gesehen sind die wichtigsten Wahlen im nächsten Jahr in Taiwan (Januar) und in den USA (November). Weitere wichtige Wahlen stehen in der EU, Indien, der Ukraine, Russland, Mexiko, Venezuela und dem Vereinigten Königreich an.
Über die Autorin
Neue Artikel der Denker der Wirtschaft