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Georg Graf von Wallwitz erklärt Darum sind menschliche Vermögensverwalter Robo-Beratern überlegen

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Gewiss gab es Rückschläge (unvergessen ist der Zusammenbruch von Knight Capital im Jahr 2012, als eine wildgewordene Maschine einen Handel aufsetzte, bei dem sie, ohne zu zucken, 10 Millionen Dollar pro Minute verlor, bis die Firma, genau 44 Minuten später, pleite war), die darauf hindeuten, dass, wo Künstliche Intelligenz entsteht, Künstliche Dummheit nicht weit sein kann. Aber das beweist alles nichts. Tatsache bleibt, dass Computer all die Daten, welche die Finanzmärkte generieren, sehr viel schneller verarbeiten können, als die Menschen. Kaum eine Branche bietet sich so sehr für den Einsatz von Computern an, gibt es doch enorme Mengen an Marktdaten und sehr lange Historien von Datenreihen. Wo, wenn nicht in unserer Branche, kann KI (künstliche Intelligenz) einen spektakulären Durchbruch feiern?

Also was ist mit den Hedge-Fonds, die vielleicht etwas smarteres Money repräsentieren als die Kapuzenpullis, die den deutschen Managern von Publikumsfonds einen Schrecken einjagen? Hier wird tatsächlich am Einsatz von KI gearbeitet. Bridgewater, der größte Hedgefonds der Welt, hat schon 2012 den Leiter des KI-Programms von IBM („Watson“) abgeworben. Andere Fondsgesellschaften rüsten ihre Intelligenz ebenfalls künstlich auf.

Computer können heute Daten und Nachrichten (vom Jahresbericht bis zum Tweet) analysieren, daraus lernen und Handelsstrategien entwickeln, die sich selbständig an sich ändernde Marktgegebenheiten anpassen. Sie erkennen Muster, wo Menschen (noch) nichts als Chaos sehen (Big Data) und können diese Erkenntnisse in den Handelsalgorithmus einpflegen. Gewiss arbeitet die Branche schon länger an der Möglichkeit, rationale Entscheidungen Maschinen zu überlassen. Es werden Handelsstrategien entworfen, die vom Computer getestet werden, indem ihre Ergebnisse mit denjenigen von anderen Strategien verglichen werden.

Die jeweils erfolgreichsten Strategien treten dann wieder gegeneinander an und aus den Informationen über die besten Strategien lassen sich dann neue, noch bessere Algorithmen bauen. „Lernende Maschinen“ nennt man so etwas.

Heute arbeiten etwa 9 Prozent der Hedgefonds ganz oder zum größten Teil auf der Basis von KI-Strategien, die bislang aber auch keine besseren Ergebnisse liefern als die breite Masse der Hedgefonds. Aber warum sind es nicht mehr und warum läuft es nicht besser?

Vier Hindernisse scheint es zu geben: Erstens ist die Welt der Finanzmärkte doch ein gutes Stück komplexer als die der Spielfelder von Go und Schach. Jeder Zug von Go bietet etwa 250 Möglichkeiten, im Schach sind es nur etwa 35. An der Börse werden aber permanent allein 6.100 ETFs gehandelt, ganz zu schweigen von einzelnen Aktien oder Anleihen.

Zweitens finden solche quantitativen Strategien nicht im luftleeren Raum statt, sondern sie beeinflussen selbst den Markt. Wenn eine Strategie funktioniert, spricht sie sich herum und findet schnell Nachahmer. Wenn aber viele Marktteilnehmer auf dassselbe Pferd setzen, wird der Topf unter viele hungrige Münder verteilt und für den einzelnen bleibt nicht mehr viel übrig. Eine statistische Analyse des Wetters beeinflusst das Wetter nicht, eine quantitative Handelsstrategie kann den Markt sehr wohl verändern.

Drittens sind Algorithmen in der Gefahr, Zusammenhänge zu sehen, wo keine sind. „Overfitting“ nennt man das, und es gibt Internetseiten, wo solche lustigen Nicht-Zusammenhänge dargestellt werden (z.B. die extrem hohe Korrelation zwischen den Ausgaben für Wissenschaft in den USA und der Anzahl der Selbstmorde durch Erhängen, Strangulation und Ersticken). Muster von Zufall zu unterscheiden ist manchmal nur einem Menschen möglich. Daten müssen nicht nur passen, sie müssen auch Sinn machen, einer Theorie genügen. Aber wie bringt man einer Maschine bei, was „einer Theorie genügen“ bedeutet?

Und damit eng zusammenhängend wird, viertens, das Feld der KI heute beackert, als hätte es Kurt Gödel nie gegeben. Dieser hatte festgestellt, dass es mathematische Einsichten gibt, die sich weder beweisen noch widerlegen lassen, dass es mithin auch im Reich der Zahlen Orte gibt, wo Rechenmaschinen niemals hinkommen.

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