LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in MärkteLesedauer: 8 Minuten

Georg Graf von Wallwitz: „Frankreich geht es schlechter als Italien“

Seite 2 / 4


Falsch gewählt

Frankreichs Antwort auf jede Krise und auf jeden Boom ist eine Ausweitung der Staatsmacht. Das war schon unter dem Sonnenkönig so. Die nebenstehende Grafik von GaveKal, einem der besten unabhängigen Ökonomie-Analysehäuser, zeigt, wie die Staatsquote in Frankreich gnadenlos steigt, in guten wie in schlechten Tagen.

Auch jetzt hat die Regierung wieder beschlossen, zusätzliche Staatsdiener anzustellen. Und obwohl der Franzose an sich sehr alt und immer älter wird, soll er nur noch bis 60 arbeiten. Ein immer größerer Teil der Bevölkerung lebt vom Staat. Die Theorie sagt, dass eine weitgehend staatlich organisierte Wirtschaft verkrustet, zu Monopolen neigt und ihre Dynamik und Innovationskraft verliert. Will Frankreich wieder auf gesunden Füßen stehen, wird es diesen Trend umkehren müssen. Dafür hat es aber nicht die richtige Regierung gewählt.

>>Vergrößern


Die alte Regierung war schon schlecht genug, die neue macht aber fast gar nichts mehr richtig. Sie versucht die Löcher zu etwa zwei Dritteln durch Steuererhöhungen und zu einem Drittel durch Kürzungen zu stopfen. Richtig wäre das umgekehrte Verhältnis gewesen.

Hinzu kommt eine Symbolpolitik, die dem Volk zeigen soll, dass auch die starken Schultern, die Reichen, die von den guten Zeiten profitiert haben, nun einen erheblichen Anteil an der Gesundung der Staatsfinanzen tragen sollen. Sie müssen solidarisch sein in Zeiten der Krise.

Leider ist die Sache mit der Solidarität nicht so einfach, denn sie lässt sich nicht einfordern (2). Die Konsequenz ist, dass die unternehmerische Tätigkeit in Frankreich noch weiter nachlässt. Ein erstes Anzeichen ist, dass die Anzahl der zum Verkauf stehenden Immobilien in Frankreich mit einem Preis von über einer Million Euro in den vergangenen Monaten sprunghaft angestiegen ist. Belgien und die französische Schweiz rufen.

Sehr, sehr grob und holzschnittig lässt sich sagen, dass ein Staat darauf achten muss, die drei für sein funktionieren wesentlichen Gruppen nicht zu verprellen. Erstens das einfache Volk, zweitens die Staatsdiener, drittens die Unternehmer. Diese Gruppen müssen sich alle wohl fühlen, sonst funktioniert ein Staat nicht.

Wenn sie aus dem Ruder laufen, kommt es zu sozialen Unruhen, schlechter Verwaltung und Korruption beziehungsweise es geht dem Staat das Geld aus. Frankreich riskiert derzeit, seine Unternehmer nachhaltig zu verprellen.

(2) Einfordern lässt sich Geld, nicht aber eine Haltung. Solidarität ist eine Überzeugung, die aus dem Gewissen gespeist wird. Wenn jemand Solidarität fordert, klagt er eine bestimmte Verfassung des Gewissens ein. Etwas genuin Subjektives wird behandelt, als sei es objektiv. Solidarität einzufordern ist, philosophisch gesehen, etwas töricht.

Tipps der Redaktion