Die Fondsbranche ist im Umbruch. Während passiv gemanagte ETFs in den Depots der Anleger immer mehr Raum einnehmen, geraten teure aktive Fonds zunehmend unter Druck. Ein Trend, der anhalten wird, wenn sich nicht etwas Grundlegendes ändert, sagt Georg Kornmayer, Geschäftsführer des Maklerpools Fondsnet, über die Gründe dieser Entwicklung und notwendige Konsequenzen für die Branche.

Eine der interessantesten Erkenntnisse aus der Analyse von DAS INVESTMENT und Fondsnet im gemeinsamen Fondsatlas war für Kornmayer die unerwartet kurze durchschnittliche Haltedauer der Portfolios von unter zehn Jahren. „Man berät einen Kunden, wenn er zwischen 20 und 40 ist und denkt, dass er vielleicht 20, 30 Jahre die Portfolios hält. Dabei liegt durchschnittliche Haltedauer bei unter zehn Jahren im Investmentbereich“, wundert sich der Fondsnet-Chef. „Ich fand das relativ verrückt.“

ETFs auf der Überholspur

Eindrucksvoll belegen die Zahlen auch den Siegeszug passiv gemanagter ETFs. Deren Anteil am Depotvolumen der Fondsnet-Kunden stieg von nur 0,31 Prozent in 2012 auf 11,5 Prozent im September 2023. Und die Tendenz ist weiter wachsend. „Es geht gar nicht um den ETF an sich", merkt Kornmayer an. „Es ist einfach der Siegeszug des kostengünstigen Investierens.“ Viele Asset Manager hätten den günstigen Produkten nur wenig entgegenzusetzen. Und das kostet am Ende richtig Geld: "Wir reden über 36 Milliarden Euro. Das tut schon weh."

Hauptgrund für das rasante Wachstum der ETFs sind laut Kornmayer die oft sehr hohen Kosten aktiv gemanagter Fonds. Viele Gesellschaften hätten immer noch nicht begriffen, dass diese Zeiten vorbei sind. „Viele Fonds sind zu teuer, weil es zu viele Absatzkanäle gibt." Solange die Sparpläne weiter laufen werde man die Preise nicht senken, ist er überzeugt. „Es existiert kein echter Markt, der Druck ausübt um die Preise zu senken.“ Viele Kostenvorteile, die etwa durch die Depotbanken entstanden sind, werden häufig nicht oder nur in begrenztem Maß an die Kunden weitergegeben.

Kornmayer: „In den vergangenen 25 Jahren hat sich alles verändert. Depotbanken kamen, die Art wie wir beraten, die Dokumentationspflicht. Es kam unglaublich viel Regulierung. Nur eines hat sich nicht verändert: Die Produkte, die wir verkaufen.“

Sogenannte „Clean Share Classes“ mit leicht abgesenkten Kosten hält er ebenfalls für ein unzureichendes Manöver, wie er im Podcast erklärt. „Die haben den Knall einfach nicht gehört“, spricht Kornmayer Klartext. 

Kornmayer kritisiert aber auch die Medien: „Fonds finden kaum noch statt, das sind alles nur noch ETFs. Das Allheilmittel ist es garantiert nicht. Das man eine strategische Asset Allokation machen muss, das haben viele verlernt.“

Neue Anforderungen an Fondsberater

Für Berater sieht Kornmayer trotz aller Kostendiskussionen weiterhin gute Chancen - sofern sie ihre Rolle neu definieren. Berater müssten weg vom reinen Produktverkauf und sich stattdessen auf eine ganzheitliche, mehrwertstiftende Beratung auf Basis günstiger und transparenter Investments konzentrieren.

Aber auch hier machen es sich einige Berater und Kunden zu einfach: „Dass man einfach 5 ETFs auswählt und daraus ein Portfolio konstruiert, nun, ich weiß nicht, ob die Kunden sich damit einen Gefallen tun. Ein Beratungsaufwand ist in der passiven Welt fast noch notwendiger. Das unterschätzen viele Berater.“ Immerhin könne man mit ETFs allein auch nie die Benchmark schlagen.

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Ein von der EU-Kommission erwogenes vollständiges Provisionsverbot lehnt Kornmayer ab: „Ich glaube, um dieses Problem, dass sie denken, alles sei zu teuer ist und der Kunde werde abgezockt, zu lösen, muss man die Provisionen nicht verbieten.“ Grundsätzlich hält er Regulierung der Branche für sinnvoll und nötig. Für die Zukunft wünscht sich Kornmayer eine zielgerichtete Aufsicht mit Maß und Mitte statt pauschaler Verbote.

„Eigentlich war die Bepro ein schönes Modell, wenn die Gesellschaften vernünftig bezahlt haben. Das war ein vernünftiges Modell, sowohl für Kunden als auch Vermittler steuerfrei. Und es war risikoadjustiert."

Der Wandel in der Fondsbranche

Kornmayers Ausblick fällt dennoch positiv aus. Fondsanbieter, die ihre Kosten konsequent senken und echten Mehrwert für die Anleger schaffen, hätten weiterhin gute Chancen. Anlageberater, die sich voll und ganz auf die Interessen ihrer Kunden fokussierten, würden auch künftig gebraucht. Das gelte umso mehr, als mit dem Aufstieg der ETFs die eigenständige Asset Allokation für den Erfolg eines Depots immer wichtiger werde. Insgesamt erwartet der Fondsprofi, dass sich in der Branche die Spreu noch klarer vom Weizen trennen wird.

Am Ende des Gesprächs wird Kornmayer noch persönlich. Sichtlich bewegt erinnert er sich an seinen Ende 2022 verstorbenen Mentor Walter Becker, den Gründer von Fondsnet. Er sei für ihn „wie ein Ziehvater“ gewesen, der ihn geprägt und gefördert habe. Beckers Tod bezeichnet Kornmayer als schmerzhafteste Erfahrung in seinem Berufsleben. „Es ist sicherlich der härteste Einschnitt, den ich hatte. Jemand, der es wirklich gut mit der Branche gemeint und sich immer im Hintergrund gehalten hat, aber trotzdem mit viel Augenmaß und immer zugunsten der Kunden am Ende des Tages seine Entscheidungen getroffen hat.“