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Gerd Kommer und Alexander Weis Die wichtigsten Strategien beim Factor Investing

Alexander Weis (li.) und Gerd Kommer vom Finanzdienstleister Gerd Kommer Invest stellen vor, wie Factor Investing funktioniert.
Alexander Weis (li.) und Gerd Kommer vom Finanzdienstleister Gerd Kommer Invest stellen vor, wie Factor Investing funktioniert. | Foto: Gerd Kommer Invest

„Passiv investieren“ – also sehr breite Diversifikation mit marktneutralen Indexfonds auf Buy-and-hold-Basis – dürfte eine der weltweit größten Erfolgsstorys beim Investieren mit Kapitalmarktanlagen in den vergangenen 50 Jahren sein.

Doch egal wie beeindruckend eine Innovation ist, es wird immer jemanden geben, der auch angesichts ihres großen Erfolges weitere Fragen stellt und noch tiefer bohrt. So ist das in den vergangenen gut zwanzig Jahren auch bei „Passiv investieren“ mit marktneutralen Indexfonds gewesen. Die Forschungsergebnisse einiger hundert Finanzökonomen haben in den letzten Jahrzehnten zu einer Variante des Passiv-investieren-Ansatzes, nämlich „Factor Investing“, oft auch „Smart Beta Investing“ geführt.

Was sind „Faktoren“ beziehungsweise „Faktorprämien“? Faktorprämien sind statistisch identifizierbare Treiber von Rendite und Risiko in einer Asset-Klasse wie zum Beispiel Aktien, Anleihen oder Immobilien. Sie erklären einen großen Teil der Risiko-Rendite-Kombination innerhalb der Asset-Klasse. Statistisch können Rendite und Risiko eines Wertpapierportfolios nur dann zu über 90 Prozent erklärt werden, wenn man das „Factor Exposure“ in diesem Portfolio identifiziert und misst - also wie stark ein Portfolio diesen Faktorprämien ausgesetzt ist.

Ein Vergleich: Die Anzahl der Stunden, die Schüler auf eine Matheklausur lernen, erklärt statistisch gesehen einen beträchtlichen Teil der Abweichung der Noten der Schüler vom Klassendurchschnitt. In diesem Beispiel ist „Stundenzahl“ der Faktor. Andere Faktoren wie zum Beispiel der IQ eines Schülers erklären weitere Teile der statistischen Abweichung vom Durchschnitt.

In diesem ersten Teil unserer zweiteiligen Blog-Serie zu Factor Investing in der Asset-Klasse Aktien widmen wir uns zunächst den Grundlagen. Im zweiten Teil, der kommenden Monat erscheinen wird, beschreiben wir, wie man Faktorprämien am klügsten in sein Portfolio holt und was es dabei zu beachten gilt.

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Die bekannteste Faktorprämie bei Aktien ist die „Small-Size-Prämie“, oft auch nur „Size-Prämie“ oder „Small-Cap-Prämie“ genannt. Sie besagt, eigentlich ganz banal, dass kleine börsennotierte Unternehmen (klein, gemessen an ihrer Marktkapitalisierung) im Durchschnitt höhere Aktienrenditen produzieren als große Unternehmen beziehungsweise der Gesamtmarkt (siehe Tabelle weiter unten für den Zeitraum 1975 bis 2018).

Durch rein mechanisches, diszipliniertes Übergewichten von Faktorprämien in einem Portfolio ist es möglich, gegenüber dem Gesamtmarkt eine Zusatzrendite nach Kosten und Steuern zu erwirtschaften; daher auch die Bezeichnung „Prämie“. In Bezug auf Small Caps würde „Übergewichten“ bedeuten, ihren prozentualen Anteil im eigenen Portfolio über den Anteil hinaus zu erhöhen, den Small Caps in einem marktneutralen „Gesamtmarktportfolio“ haben (der Anteil von Small Caps beträgt rund 15 Prozent an der gesamten Marktkapitalisierung des Weltaktienmarktes). „Übergewichten“ klingt komplizierter als es ist, denn eine solche Übergewichtung kann man recht einfach durch den Kauf eines Small-Cap-ETFs bewirken.

Factor Investing ist im Kern passives Investieren, also der Verzicht auf aktives „Stock Picking“ (gezielte Auswahl einzelner Aktien; allgemeiner formuliert „Asset Picking“) oder aktives „Market Timing“ (taktisches „Rein-Raus“ bezogen auf ganze Marktsegmente). In einem wichtigen Punkt unterscheidet sich Factor Investing jedoch von traditionellem passivem Investieren. Bei Factor Investing werden die einzelnen Wertpapiere im Portfolio nicht rein nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet, sondern es findet eine Aufweichung dieses Gewichtungsprinzips statt, zum Beispiel durch die Übergewichtung von Small-Cap-Aktien.