Gerd Kommer und Alexander Weis Gold als Investment – braucht man das?
Damit sich die Leser ein eigenes Bild machen können, werden in der nachfolgenden Tabelle die Goldrenditen von 1900 bis heute wie auch von 1980 bis heute dargestellt. Da Renditen immer relativ zu ihren Alternativen zu beurteilen sind, haben wir auch die Zahlen von fünf anderen Haupt-Asset-Klassen aufgeführt.
Bei der Einschätzung dieser Renditen ist zu berücksichtigen, dass es sich hier nicht um Schönwetterdaten handelt. Im Gegenteil: Die fraglichen 100 Jahre Renditegeschichte beinhalten die Auswirkungen von zwei Weltkriegen, unzähligen regionalen Kriegen und Bürgerkriegen, vielen Währungskrisen und Staatskonkursen, mehreren globalen Wirtschafts- und Börsenabschwüngen (zum Beispiel die Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1937, der Dot-com-Crash ab Anfang 2000, die große Finanzkrise ab 2007/08) und einem insgesamt weitreichenden weltwirtschaftlichen Strukturwandel.
Inflationsbereinigte Renditen per annum der wichtigsten Asset-Klassen für die Zeiträume 1900-2018 (119 Jahre) und 1980-2018 (39 Jahre) – vor Kosten und Steuern
Manchem Leser mögen die in der Tabelle gezeigten Goldrenditen und die Renditen der anderen Asset-Klassen überraschend niedrig anmuten, doch das sind die Fakten. Diese Zahlen belegen deutlich, dass Gold in beiden langfristigen Zeiträumen alle anderen relevanten Asset-Klassen mit der Ausnahme von Rohstoffen unterperformt hat. So rentierte der globale Aktienmarkt über den Zeitraum von 1900 bis 2018 mit jährlich 5,0 Prozent, während Gold seinen Anlegern über diesen Zeitraum magere 0,6 Prozent bescherte, also nur etwa ein Achtel der Rendite von Aktien. Ähnliche Renditegrößenverhältnisse zwischen Aktien und Gold würden sich auch in den meisten längeren Zeitfenstern ab 1970 bis heute ergeben.
Renditen soll man bekanntlich stets zusammen mit Risiko evaluieren. Tut man das, sieht das Gesamtergebnis für Gold noch schlechter aus als auf der Ebene der Rendite alleine. Aus Platzgründen führen wir in der Tabelle keine Risikokennzahlen auf, können aber bestätigen, dass sowohl bei der Volatilität (Renditeschwankungen) als auch beim maximalen kumulativen Verlust (maximaler Drawdown) Gold zusammen mit Rohstoffen ebenfalls am schlechten Ende des in der Tabelle aufgeführten Asset-Klassen-Spektrums liegt. Ein Beispiel: Zwischen Anfang 1980 und März 2001 verlor Gold inlationsbereinigt 83 Prozent seines Wertes (in Dollar; in Euro wäre der Verlust nur geringfügig geringer gewesen). Immerhin: In schweren Aktienmarktkrisen bietet Gold, wie die viereinhalb Jahrzehnte seit 1975 gezeigt haben, einen gewissen Diversifikationsnutzen.
Alles in allem ist klar: Wer in den letzten Jahrzehnten in Gold investiert hat, erlitt vermutlich außerordentlich hohe Opportunitätskosten, also entgangene Gewinne.