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Gerd Kommer und Alexander Weis Gold als Investment – braucht man das?

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Nachfolgend gehen wir noch kurz auf fünf andere wichtige Fragen rund um Gold ein:

  1. Was ist der „wahre“ oder „faire“ Wert von Gold?
  2. Lässt sich der Goldpreis hinreichend zuverlässig prognostizieren?
  3. Schützt Gold vor Inflation?
  4. Wie ist Gold vor dem Hintergrund einer möglichen „Megakatastrophe“ zu beurteilen?
  5. Ist Gold ein US-Dollar-Asset?

Zur ersten Frage: Was ist der „wahre“ oder „faire“ Wert von Gold? Am 21. Januar 1980 betrug der Goldpreis pro Unze 850 US-Dollar. „Aufinflationiert“ in heutigem Geld sind das etwa 2.800 Dollar. Am 28. Oktober 2019 stand der Goldpreis bei knapp unter 1.500 Dollar, also real nur gut halb so hoch wie am Gipfelpunkt vor knapp 39 Jahren. Das bedeutet eine deutlich negative Realrendite über fast 40 Jahre hinweg – mehr Durststrecke geht nicht.

Ob der aktuelle Goldpreis hoch oder tief, über- oder unterbewertet ist, das lässt sich allerdings so oder so nicht beurteilen, denn anders als Aktien, Anleihen und Immobilien, erzeugt Gold keinen Cash-Flow (Zahlungsstrom) und hat damit keinen theoretisch bestimmbaren „fundamentalen Barwert“ oder – anders formuliert – hat einen „intrinsischen Wert“ von null. Bei einem normalen Cash-Flow-produzierenden Asset wird dieser fundamentale Wert mit der so genannten Discounted-Cash-Flow-Methode ermittelt, indem zukünftige (geschätzte) Zahlungsströme auf heute abgezinst werden. Bei Gold ist das nicht möglich. Kennzahlen, die bei Aktien, Anleihen und Immobilien für die grobe Einschätzung einer etwaigen Über- oder Unterbewertung der Asset-Klasse routinemäßig verwendet werden, existieren für Gold nicht. Auch hat Gold keine nennenswerte industrielle Verwendung wie alle anderen Rohstoffe.

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Zusammenfassend ist Gold die einzige Asset-Klasse, an der alle in der Finanzökonomie üblichen Bewertungsverfahren bereits konzeptionell scheitern. Der niederländische Ökonom Willem Buiter formuliert dieses Bewertungsdilemma so: „Gold hat nur dann einen Wert als Vermögensgegenstand, wenn und in dem Ausmaß, in dem genügend Leute ihm einen Wert beimessen.“ (Buiter 2014). Die von Buiter zum Ausdruck gebrachte Zirkularität mag manchen erschrecken, doch hat sie nicht verhindert, dass Gold seit 6.000 Jahren als (wie auch immer geeignete) Vermögensanlage genutzt wird.

Zu Frage 2: Lässt sich der Goldpreis hinreichend zuverlässig prognostizieren? Die vorhergehenden Ausführungen zur Bewertung von Gold dürften für die meisten Leser nahelegen, was unsere Antwort ist. Wer versucht den Goldpreis zu spekulativen Zwecken zu prognostizieren, bewegt sich voll und ganz in der Welt des reinen Glückspiels – einem Glückspiel mit hohen Teilnahmekosten (Transaktionskosten) und einem unattraktiven Erwartungswert.

Zu Frage 3: Schützt Gold vor Inflation? Das könnte das Pro-Gold-Argument mit dem längsten Zottelbart sein. Wer sich mit der Frage des Inflationsschutzes von Gold beschäftigen will, muss zunächst einmal klären, welche Art von Inflationsschutz gemeint ist. Verwendet man die übliche wissenschaftliche Definition von Inflationsschutz, nämlich „hohe kurzfristige Korrelation mit Inflation“ der betreffenden Asset-Klasse, dann lässt sich ein hinreichend guter Inflationsschutz von Gold nicht belegen. Die Korrelation auf monatlicher oder jährlicher Basis zwischen dem Goldpreis und der Inflation liegt seit 1975 in den meisten Währungen einschließlich D-Mark und Euro nahe bei null, sprich es gibt keinerlei Zusammenhang. Zudem liefern viele andere Asset-Klassen eine höhere positive Inflationskorrelation, darunter Geldmarktanlagen und inflationsindexierte Staatsanleihen. Auf der Basis sehr langfristiger Intervalle (zum Beispiel 20 Jahre) besitzt jedoch jede Asset-Klasse eine positive Korrelation mit der allgemeinen Preissteigerung, weil beide sich in dieselbe Grundrichtung bewegen. Selbst auf der Basis dieser „unwissenschaftlichen“ Definition von Inflationsschutz besitzt Gold als Investment historisch keinen Inflationsschutzvorteil gegenüber anderen diversifizierten Vermögenswerten wie Aktien und Immobilien.