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Gerd Kommer und Alexander Weis Mythen und Missverständnisse zu Depotentnahmen

Alexander Weis (li.) und Gerd Kommer von der Honorarberatung Gerd Kommer Invest. Es macht keinen wirtschaftlichen Unterschied, ob Anleger von Ausschüttungen profitieren oder Geld über den Verkauf von Anteilen entnehmen.
Alexander Weis (li.) und Gerd Kommer von der Honorarberatung Gerd Kommer Invest. Es macht keinen wirtschaftlichen Unterschied, ob Anleger von Ausschüttungen profitieren oder Geld über den Verkauf von Anteilen entnehmen. | Foto: Gerd Kommer Invest

Viele Privatanlegerhaushalte verwenden ihre liquiden Vermögensanlagen, um dauerhaft einen Teil ihrer Lebenshaltungskosten daraus zu bestreiten. Diese Anleger sind in der "Vermögenverbrauchsphase" und stehen vor der grundsätzlichen Frage, wie sie ihr Investmentportfolio strukturieren sollen, sodass es möglichst zuverlässig eine regelmäßige Auszahlung in der gewünschten Höhe hervorbringt – eine Art selbst erzeugte Rente. Diese Aufgabe ist nicht trivial, denn unterschiedliche Vermögensanlagen produzieren unterschiedliche Kombinationen aus laufenden Cash-Erträgen (Dividenden bei Aktien, Zinsen bei zinstragenden Anlagen, Mieterträge bei Immobilien) einerseits und Kurs- bzw. Wertsteigerungsgewinnen andererseits.

In diesem Zusammenhang begegnen wir in unserer Finanzberatungspraxis oft einem unter Privatanlegern verbreiteten Irrtum: Sie bewerten Entnahmen, die aus laufenden Erträgen stammen (z. B. Dividenden, Zinsen, Mieteinahmen) systematisch anders als Entnahmen, die über Anteilsverkäufe erfolgen (Wertpapiere oder Fondsanteile). Diese Anleger empfinden das Konsumieren (Entnehmen) von Ausschüttungen als eine irgendwie geringere "Vermögenseinbuße" als das betragsgleiche Konsumieren von Erlösen aus Anteilsverkäufen. Manche Anleger begründen das mit einem Unterschied zwischen "Substanz" und "Ertrag". Das Verbrauchen laufender Erträge sei weniger schädlich als das Verbrauchen von Substanz oder Kapital.

In diesem Beitrag wollen wir zeigen, warum diese divergierende Einstufung aus rein rationaler Perspektive nicht haltbar ist und warum sie tendenziell zu schlechteren Investmententscheidungen beiträgt als eine indifferente Sichtweise. Um die Logik hinter unserer Argumentation nachzuvollziehen, ist zunächst eine terminologische Klärung erforderlich. Wir verwenden nachfolgend die allgemeine Bezeichnung "Entnahmen" für zwei verschiedene Typen von Zahlungsströmen oder "Cash-Flows" aus dem Finanzportfolio bzw. Depot heraus an den Anleger:

  • "A-Entnahmen": Das sind für die Zwecke dieses Beitrages Entnahmen, die aus laufenden Erträgen (Zinsen und Dividenden) finanziert werden. Solche laufenden Erträge werden oft auch einfach als "Ausschüttungen" bezeichnet.
  • "B-Entnahmen": Damit sind hier Entnahmen gemeint, die durch Anteilsverkäufe finanziert werden, also aus der Veräußerung einzelner Wertpapier- oder Fondsanteile. Anteilsveräußerungen werden gelegentlich mit "Substanzverkäufen" oder "Kapitalverkäufen" umschrieben.

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Im Folgenden legen wir sieben Argumente dar, die belegen, dass der unterschiedlichen Bewertung der beiden Entnahmetypen eher Meinungen als Fakten zugrunde liegen. Darüber hinaus werden uns diese sieben Argumente in Summe zur wesentlichen Schlussfolgerung führen:

Die Bevorzugung von Entnahmen, die aus laufenden Erträgen stammen, gegenüber Entnahmen, die aus Anteilsverkäufen kommen, hat keine wirkliche wirtschaftliche Fundierung. In den meisten Fällen existiert rein rational betrachtet kein Grund, die eine Entnahmeart gegenüber der anderen Art zu bevorzugen. Wer das dennoch tut, begeht den Fehler, ein irrelevantes Entscheidungskriterium zu einem relevanten Kriterium zu erheben. 

Kommen wir nun zu den sieben Argumenten:

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