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Gerd Kommer und Felix Großmann Corona-Crash – was sollten Anleger tun?

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Ein plausibler vorauslaufender Indikator für das, was im deutschen Wohnimmobiliensektor in der kurz- und mittelfristigen Zukunft passieren wird, sind die Aktienkurse der beiden größten Wohnungsvermieter in Deutschland (Vonovia SE, Deutsche Wohnen SE). Die Kurse der zwei Aktien sind vom 20. Februar bis 23. März um 23 Prozent und 24 Prozent gefallen. Wie wir in einem 2018 publizierten Beitrag gezeigt haben, existiert kein grundsätzlicher ökonomischer Unterschied zwischen dem Risiko von Immobilien, wenn sie von börsennotierten Gesellschaften gehalten werden und dem Risiko von Immobilien-Direktanlagen. Am Aktienkurs von börsennotierten Immobiliengesellschaften kann man insbesondere ablesen, wie der Effekt der Corona-Krise auf das Eigenkapital des Investors in der Immobilie (im Unterschied zum Effekt auf den bloßen Objektwert) wirkt. Wenn – wie es zu erwarten ist – die deutschsprachigen Länder und der Rest Europas in den nächsten Monaten durch eine scharfe Rezession gehen, also die Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern deutlich sinken sowie Arbeitslosigkeit und Unternehmenskonkurse steigen werden, werden Mietausfälle drastisch zunehmen. Im Ergebnis werde die Bewertungen oder Preise von Immobilien wahrscheinlich fallen – umso mehr, als sich Wohnimmobilien in den Großstädten der DACH-Länder heute tendenziell auf "Blasenlevel" bewegen.

Zu Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen: Warum sollten die allgemeinen ökonomischen Gesetze bei nicht börsennotierten Firmen anders wirken als bei börsennotierten, sprich Aktien? Dass man bei Aktien die Wertschwankungen in Realzeit jeden Tag beobachten kann, bei nicht börsennotierten Firmen jedoch nicht, wird nur ein Narr als echten, statt scheinbaren Risikounterschied betrachten. Die zugrundeliegende Realität ist für börsennotierte und nicht börsennotierte Unternehmen selbstverständlich die gleiche und diese Realität wird spätestens im Falle eines Verkaufes einer solchen Unternehmensbeteiligung sichtbar werden.

5. Aus Aktien jetzt raus und in Bankguthaben rein – macht das Sinn?

Diejenigen Aktienanleger, die jetzt ihre Aktien aus Sorge veräußern, um danach den Erlös auf einem Bankkonto zu belassen, tauschen "Risiko A" (das Risiko weiterer Kursverluste bei Aktien) gegen das vielleicht größere "Risiko B" aus, sprich die Möglichkeit, einen beträchtlichen Teil des Erlöses zu verlieren, sollte die betreffende Bank in die Insolvenz schlittern. Lediglich wenn der besagte Cash-Betrag auf dem Bankkonto die staatliche Einlagensicherungsgrenze (100.000 Euro pro Kunde-Bank-Kombination in der EU, in der Schweiz existiert keine bundesstaatliche Einlagensicherung) unterschreitet, besteht dieses Risiko nicht.

Zwar kann niemand verlässlich vorhersagen, wann die nächste Bankenkrise kommt, aber dass sich irgendwann wieder eine ereignen wird, steht außer Frage. Einzelne Banken können überdies auch außerhalb einer systemischen Bankenkrise aus selbstverschuldeten Fehlern in die Pleite geraten. Wir haben zum Thema Bankenrisiko 2019 einen Beitrag verfasst, der diese Risiken und ihre Ursachen genauer darstellt. Grundsätzlich gilt: Bankguthaben oberhalb der staatlichen Einlagensicherung sind sowohl renditemäßig als auch risikomäßig unsinnige Investments, ausgenommen das Geld wird nur für wenige Wochen auf dem Konto zwischengeparkt. Diese Erkenntnis gilt heute und sie galt vor 10 oder 20 oder 50 Jahren. In neuerer Zeit scheint ein wachsender Teil der Privatanlegergemeinschaft diesen eigentlich banalen Sachverhalt zu realisieren.

6. Sind Aktien im Moment eine Kaufgelegenheit?

Wenn man sich fragt "wie soll ich auf diesen Crash kurzfristig reagieren?" könnte die Gegenüberstellung zweier verschiedener Privatanleger instruktiv sein, die zwei unterschiedliche Ausgangssituationen repräsentieren: Privatanleger Sven besitzt bereits seit längerer Zeit ein global diversifiziertes Aktienportfolio und blickt am 23. März in großer Sorge auf die aktuell drastischen Buchverluste (–34 Prozent) in seinem Depot, die seit dem 20. Februar aufgelaufen sind.

Anlegerin Charlotte spielte schon seit Jahren mit dem Gedanken einer solchen Aktienanlage, hat diesen Schritt aber aus unterschiedlichen Gründen immer wieder aufgeschoben. Ihr liquides Vermögen ist deshalb noch komplett in Cash angelegt. Charlotte freut sich in diesem Moment über ihr langjähriges Zögern, über das sie sich in der Vergangenheit oft geärgert hatte.

Sven und Charlotte sind beide 45 Jahre alt und verfügen über ein gleich hohes Gesamtvermögen. Auch ihre Nettoeinkommen sind identisch. Nach dem aktuellen Aktieneinbruch sieht Charlotte den Aktienmarkt als attraktive Kaufgelegenheit und hat es nun sogar erstmalig seit Jahren eilig, den Teil ihres liquiden Vermögens, den sie schon seit langer Zeit für die Asset-Klasse Aktien vorgesehen hatte, bald zu investieren. Sie möchte investiert sein, ehe der "Schlussverkauf" wieder endet. Dabei akzeptiert sie – nüchtern wie Charlotte ist – die prinzipielle Möglichkeit, dass der Aktienmarkt unmittelbar nach ihrem Investment noch billiger werden könnte, bevor er nachhaltig nach oben dreht. "'Nicht in ein fallendes Messer greifen', das ist der dümmste aller Börsensprüche" sagt der erfolgreiche Immobilieninvestor und vielfache Millionär Dr. Rainer Zitelmann: https://www.youtube.com/watch?v=eWRXOks2bmw&feature=youtu.be.

Anders als Charlotte ist Sven frustriert, sogar deprimiert. Er überlegt sich, ob er seine Aktien jetzt abstoßen sollte, um seinen Verlust wenigstens auf minus 34 Prozent zu begrenzen. Er erinnert sich an die Redensart "lieber ein Schrecken mit Ende als ein Schrecken ohne Ende".