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in Recht & SteuernLesedauer: 5 Minuten

Gericht urteilt Darum war ein freier Handelsvertreter nur scheinbar selbstständig

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Als Indiz gegen eine Selbstständigkeit des Handelsvertreters hat das Gericht ein von der Bank eingerichtetes und gefördertes System herangezogen. Dieses ermöglichte, dem Geldinstitut unmittelbare Weisungen an die Vermittler zu erteilen, die die Geschäftsentwicklung bis hin zu einzelnen Produkten betrafen. Die Vermittler seien demnach in die von der Bank geschaffene Struktur aus Bezirksleitern, Regionalleitern und Agenturleitern „eingegliedert“ gewesen. Dabei seien feste Vermittlungsziele nach Höhe und Produktart vorgeschrieben gewesen. Zudem sprachen weitere Indizien für eine Unselbstständigkeit des Vermittlers:

  • Die Zuweisung eines bestimmten Kundenkreises
  • Ein räumlich festgelegtes Arbeitsgebiet ohne Konkurrenzschutz
  • Die Unmöglichkeit von Verdienstmöglichkeiten außerhalb der vorgegebenen Räumlichkeiten
  • Das Verbot der Akquirierung von Neukunden
  • Das Erbringen von nicht vereinbarten Serviceleistungen gegenüber den Kunden der Bank
  • Zudem das äußerliche Erscheinungsbild als „normale Bankfiliale“ aus Sicht der Kunden.

Außerdem musste der Vermittler sein Geschäftskonto bei der Bank einrichten, auf welches diese jederzeit Zugriff hatte. Zuletzt habe es auch an einem unternehmerischen Risiko gefehlt, da der Vermittler durch Zurverfügungstellung aller notwendigen Arbeitsmittel vom Einsatz eigenen Kapitals befreit war.

In der Gesamtschau überwogen diese Indizien gegenüber den formalen vertraglichen Vereinbarungen und stetigen Hinweisen bei Agenturschildern und Namensschildern auf die Selbstständigkeit.

In der Tat lauern in der vorliegenden Konstellation große Risiken. Der Handelsvertreter kann in der Folge seine rechtliche Selbstständigkeit verlieren und als herkömmlicher Arbeitnehmer im Vertrieb der Sozialversicherungspflicht und weiteren Pflichten unterliegen. Unternehmen geraten in Gefahr, Beiträge für die Sozialversicherung nachzahlen zu müssen – was teuer werden kann.

Statistik zur Selbstständigkeit: In diesen Berufen gibt es die meisten Selbständigen. 

Vor diesem Hintergrund sollten Handelsvertreter und deren Gesellschaften dringend darauf achten, dass sie wirklich saubere Vereinbarungen treffen. Es sollte kein Zweifel an der selbstständigen Tätigkeit des freien Handelsvertreters bestehen.

Handelsvertreter sollten sich insgesamt als Unternehmer verstehen und ihre Strukturen dementsprechend auch so unabhängig wie möglich einrichten. Sie sollten keine allzu engen operativen oder organisatorischen Verflechtungen mit der auftraggebenden Gesellschaft eingehen. Im Fokus steht dabei, Schaden vom eigenen Unternehmen abzuwenden und sich bestmöglich entwickeln zu können. Das gelingt Handelsvertretern am besten, wenn sie sich absehbaren Gefahren gar nicht erst aussetzen.

Über den Autor:

Tim Banerjee ist Rechtsanwalt und Experte für Handelsvertreter- und Vertriebsrecht. Er ist Partner der Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen

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