Der Industrieversicherungsmakler Marsh hat die Entwicklungen in der gewerblichen Sach-, Transport-, Haftpflicht-, Kfz- und Cyber-Versicherung analysiert. „Das Versicherungsjahr 2023 verlief für den überwiegenden Teil der Industrieversicherer profitabel“, so das Fazit der Experten.

In der industriellen Sachversicherung kehrt laut Marsh nach Jahren harter Sanierungsverhandlungen etwas Ruhe ein. Lediglich Unternehmen mit erheblichem Optimierungspotenzial beim Brandschutz, schadenbelastete Risiken und Risiken, die Naturkatastrophen exponiert sind (hier vor allem gegen Überschwemmungs- und Sturm-/Hagel-Ereignisse), müssten auch weiterhin mit teilweise erheblichen Forderungen der Versicherer hinsichtlich der Selbstbehalte und Prämienrate rechnen. „Die Zeichen deuten nach Jahren des harten Marktes auf eine allmähliche Entspannung hin. Das ist ein gutes Signal für die Kunden“, sagt Marsh-Deutschlandchef Jens Florian-Jansen. 

Welche Herausforderungen die einzelnen Sparten bewältigen mussten und wie sich die Prämien entwickelten, hat das Unternehmen im aktuellen „Versicherungsmarktreport Deutschland 2024“ untersucht.

Sachversicherung

Prämienentwicklung: Feuer: 0 Prozent; Elementar: bis plus 20 Prozent

Wichtigstes Thema: Naturkatastrophen

„Im Jahr 2023 verging kaum eine Woche, in der nicht über Naturkatastrophen in der Welt berichtet werden musste“, schreiben die Forscher. Erdbeben in Syrien und der Türkei, Stürme in Ostasien, Überschwemmungen in Norditalien, Österreich, Slowenien, auf dem Balkan, aber auch in Griechenland, das zuvor noch unter fast zwei Monate andauernden Wald- und Buschbränden litt, zählen sie auf. Auch Deutschland blieb nicht von Naturkatastrophen verschont: Bayern litt im August unter dem Tiefdruckgebiet „Denis“ mit Extremhagelschlag, in mehreren anderen Regionen der Bundesrepublik wüteten Tornados.

„In der Gesamtbetrachtung über die letzten Jahre hinweg bleiben weltweit die versicherten Naturgefahrenschäden aus 2023 in einem vergleichbaren Rahmen des Fünfjahresdurchschnitts“, heißt es im Bericht. Für Deutschland beschreibt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) das Jahr 2023 als leicht unterdurchschnittlich.

Hohe Eintrittswahrscheinlichkeiten von Überschwemmungen können laut Marsh in der Elementarschadenversicherung zu steigenden Prämien, sowie höheren Selbstbehalten und Ausschlüssen führen.

In der Feuerversicherung nahmen die Schäden 2023 zu. Die Versicherungssummen wurden stark erhöht, um der Preissteigerung Rechnung zu tragen. Auch die Prämien sind gestiegen. Für 2024 sehen die Forscher der industriellen Feuerversicherung kaum Spielraum für Prämienerhöhungen, außer in besonders gefährdeten Branchen.

Die Störungen der Lieferketten, die im vergangenen Jahr ein wichtiges Thema im produzierenden Gewerbe waren, haben sich mittlerweile wieder beruhigt.

Haftpflichtversicherung

Prämienentwicklung: stabil bis leicht sinkend, 0 bis minus 10 Prozent

Top-Thema: PFAS

In der gewerblichen Haftpflichtversicherung verschärft sich laut Studie der Wettbewerb und lässt kaum Spielraum für Prämienerhöhungen.

Großes Thema ist der Umgang mit Stoffen oder Stoffgruppen, die die Versicherer gerne vom Versicherungsschutz ausschließen würden. Aktuell stehen PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) in der Diskussion. „Die Vereinbarung eines PFAS-Ausschlusses wird 2024 in vielen Branchen weiterhin ein Thema sein, getrieben von der weiteren Vorgehensweise der Rückversicherer beziehungsweise auch der weiteren Entwicklung in den USA, gegebenenfalls mit weiteren Gerichtsurteilen oder Vergleichen mit hohen Schadenzahlungen“, schreiben die Studienautoren. Die bisher höchste Schadenszahlung im Zusammenhang mit per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) im vergangenen Jahr zeigt Investoren Risiken der sogenannten Ewigkeitschemikalien auf.

Cyber

Prämienentwicklung: stabil, tendenziell sinkend

Wichtige Themen: Kriegsausschluss, Kumulrisiken

In den Jahren 2022 und 2023 ging die Zahl der gemeldeten Cyber-Schäden erstmals zurück (siehe Grafik). Dies ist einerseits auf die verbesserte Cyber-Sicherheit in Unternehmen und andererseits auf eine restriktive Zeichnungspolitik der Versicherer zurückzuführen. Auch die Schaden-Kosten-Quote bei den Versicherern sank. Diese Entwicklung führte zu mehr Wettbewerb und attraktiveren Konditionen für Versicherungsnehmer.

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© Marsh

Der anhaltende Krieg in der Ukraine und die infolgedessen noch immer gefürchteten Cyber-Angriffe auf westliche Unternehmen führen zu Anpassungen in den Bedingungswerken in Form von Kriegsklauseln oder territorialen Ausschlüssen.

Transportversicherung

Prämienentwicklung: stabil, mittelfristig sinkend, 0 bis minus 5 Prozent

Heißes Thema: Politische Risiken wie Krieg oder Sanktionen

Der weltweite Dachverband der Transportversicherer IUMI berichtet von einer positiven Entwicklung in der Branche mit einem Prämienwachstum von 8,3 Prozent und stabil sinkenden Schadenquoten. Auch in Deutschland liegen die Schadenquoten unter 70 Prozent, was den Transportversicherern profitable Erträge ermöglichen sollte.

Angesichts geopolitischer Krisen wie der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten führen Transportversicherer neue Kriegsausschluss-Klauseln ein. Außerdem verweigern laut Studie immer mehr Versicherer Unternehmen mit einer negativen CO₂-Bilanz den Versicherungsschutz.

Kraftfahrzeugversicherung

Prämienentwicklung: leicht steigend, plus 5 bis 15 Prozent

Top-Thema: Entwicklung der Schadeninflation

Für die Jahre 2023 und 2024 erwarten die Versicherer laut Studie in den privaten und gewerblichen Kfz-Versicherungen signifikante Verluste. In der Flottenversicherung rechnen sie mit einer Schaden-Kosten-Quote von 112 Prozent und einem Verlust von knapp 600 Millionen Euro. Die Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem Prämienreduzierungen während der Pandemie, mehr Unfälle seit 2022 sowie lokale Hagel- und Sturmschäden. Ein weiterer Grund sind die höheren Schäden, da sowohl Ersatzteile als auch die Arbeit in den Kfz-Werkstätten inflationsbedingt viel teurer geworden sind. Als Reaktion darauf haben Versicherer bei der Vertragsverlängerung zum 1. Januar 2024 verstärkt Prämienerhöhungen durchgesetzt. Bei Flotten mit schlechten Schadenverläufen wurden die Beiträge häufig sogar um 50 bis 100 Prozent angehoben.

Auch bei Elektroautos sind die Reparaturkosten deutlich gestiegen. Das führte dazu, dass Versicherer die Prämiennachlässe für Elektroautos zurückgenommen haben.