Noch vor einigen Jahren mussten Makler ihre Gewerbekunden überzeugen, sich gegen verschiedene Gefahren wie zum Beispiel Cyber-Angriffe zu versichern. In den vergangenen Jahren kehrte sich die Situation um. Das bleibt voraussichtlich auch 2024 so: Die Kapazitäten in der Industrieversicherung sind weiterhin knapp. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Ausgabe des halbjährlichen Trendreports des Beratungshauses WTW (Willis Towers Watson) zum deutschen Industrieversicherungsmarkt.
Viele Unternehmen haben es immer noch schwer, sich ausreichend zu versichern. Besonders eng bleibt es laut Studie insbesondere in der Sachversicherung und in der Cyberversicherung für größere Unternehmen. Bei den Cyber-Versicherern trat das Problem bereits im Jahr 2021 nach der Corona-Pandemie zutage, als die Arbeit immer mehr ins Homeoffice verlagert wurde. Damals machten Versicherer vor allem das geringe Niveau an IT-Sicherheit bei Unternehmen für ihre Verluste verantwortlich: Die Schaden-Kostenquote lag 2021 bei fast 124 Prozent.
In den Folgejahren ist es für große Industriebetriebe schwer geworden, sich ausreichend gegen die finanziellen Folgen eines Cyberangriffs abzusichern. Um sich selbst zu helfen, haben zum Jahreswechsel 2022/2023 zwölf europäische Konzerne in Brüssel den Versicherer Miris gegründet. Die genossenschaftliche Assekuranz, der sich in den Folgemonaten weitere Konzerne angeschlossen haben, bietet ausschließlich Cyber-Versicherungen für ihre Mitglieder an.
Sehr hohe Deckungssummen
Der Kapazitätsengpass betrifft laut WTW-Studie sowohl mittelständische als auch Großunternehmen, Letztere aber besonders stark. „Konzerne benötigen sehr hohe Deckungssummen, die ihnen der deutsche Markt allein nicht bieten kann“, sagt Safak Okur, Broking-Leiter Deutschland und Österreich bei WTW. „Um die Lücken zu schließen, greifen sie immer häufiger auf internationale Märkte zurück.“
In Sparten wie der Sach-, Warentransport- oder der Haftpflichtversicherung spiegeln sich die Kapazitätsengpässe auch in den Prämien wider. „Ereignisse wie das Erdbeben in Taiwan oder der Schiffsunfall in Baltimore belasten die gesamte Branche“, sagt Okur. Er rechnet in diesen Sparten daher nicht mit starken Preisrückgängen, „insbesondere nicht für schadenbelastete Risiken.“
Eine Studie von Marsh geht da noch weiter. Aufgrund einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit von Überschwemmungen erwartet der Industrieversicherungsmakler in der Elementarschadenversicherung steigende Prämien, sowie höhere Selbstbehalte und Ausschlüsse. Dabei gehen die Marsh-Forscher von einem Prämiensprung von bis zu 20 Prozent aus.
Kein Prämienanstieg in der Cyber-Versicherung
Anders sieht das bei der Cyber-Versicherung aus. Da es in dieser Sparte durch neue Marktteilnehmer und eine Professionalisierung der Versicherer 2024 mehr Angebote gibt, dürften die Prämien laut WTW-Studie stabil bleiben. Auch die Marsh-Studie geht von stabilen, tendenziell sogar sinkenden Prämien im Cyber-Bereich aus.
Tendenziell niedrigere Prämien erwarten die Forscher unterdessen bei der Managerhaftpflicht-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, D&O). „Hier führte ein wieder erhöhter Wettbewerb unter den Risikoträgern zu einer spürbaren Stabilisierung des Marktes und in einigen Fällen auch zu Prämienreduktionen“, heißt es im Bericht.


