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Gewerblicher Rechtsschutz: Wenig Top-Tarife, breites Mittelfeld

Bei einem Erstrating für gewerblichen Rechtsschutz Ende 2022 attestierte das Beratungsunternehmen Franke und Bornberg (F&B) den Versicherern eine solide Qualität. In einem Folgerating fragten die Analysten nun, wie sich seitdem die Tariflandschaft und die Produktqualität verändert hat.
Komplexe Risiken – überschaubarer Anbieterkreis
Laut F&B ist Firmenrechtsschutz komplex und geht mit größeren Risiken einher als privater Rechtsschutz. Das erkläre auch, dass einige Rechtsschutzversicherer im Gewerbebereich nicht aktiv sind. Von 43 Versicherern, die privaten Rechtsschutz anbieten, bedienen 2024 nur 24 Gesellschaften das Firmengeschäft mit kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Auf diese Zielgruppe konzentriert sich das Ratingunternehmen nach eigener Aussage.
„Firmenrechtsschutz muss passen wie ein Maßanzug. Unternehmen können sich nicht leisten, gravierende Risiken zu ignorieren“, sagt Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg. Fehlender oder falscher Versicherungsschutz gefährde ihre Liquidität und manchmal sogar die Existenz. Deshalb sei eine sorgfältige Tarifauswahl entscheidend. „Unser Rating liefert die Qualitätseinordnung, aber noch keinen maßgeschneiderten Versicherungsschutz“, so Franke. Dafür brauche es immer eine sorgfältige Risikoanalyse und umsichtige Beratung.
So funktioniert die Methodik
Das Rating unterscheidet Angebote für Selbstständige und Unternehmer sowie für Land- und Forstwirte. Manche Ratingkriterien gelten für beide Gruppen, während andere die Besonderheiten der jeweiligen Zielgruppe berücksichtigen, so die Autoren. Immer relevant sind die Kriterien Deckungssummen, Geltungsbereich sowie Strafkautionen, Assistance, telefonische Rechtsberatung und Mediation.
Als Quellen für das Rating werden ausschließlich die Versicherungsbedingungen sowie gegebenenfalls verbindliche Verbraucherinformationen, Antragsformulare, Versicherungsscheine, Geschäftsberichte und per Stichprobe verifizierte Daten genutzt. Die Testkandidaten wurden zunächst dahingehend überprüft, in welchen Ausprägungen beziehungsweise Varianten welche Detailleistungen und Einzelregelungen angeboten werden, heißt es in der Erläuterung der methodischen Vorgehensweise.
Die Qualität der jeweiligen Regelungen wurde in einem nächsten Schritt auf einer Skala von null für die schlechteste Ausprägung bis 100 für die beste Ausprägung eingeordnet. Danach wurden die einzelnen Leistungskriterien entsprechend ihrer Wichtigkeit aus Kundensicht gewichtet. Unabhängig von der erreichten Gesamtpunktzahl müssen Tarife für die beiden höchsten Bewertungsgruppen Mindeststandards erfüllen. Mehr Informationen zu den Bewertungsrichtlinien gibt es hier.
Arag dominiert Rating für Selbstständige und Unternehmer
Das Rechtsschutzrating für Selbstständige und Unternehmer basiert weiterhin auf insgesamt 60 Detailkriterien. Eine Schnittmenge bei über sechs Millionen Betrieben und Selbstständigen in Deutschland mit höchst unterschiedlichen Bedarfen bilden in der Regel Firmen-Verkehrs-Rechtsschutz, Firmen-Immobilien-Rechtsschutz, erweiterter Straf-Rechtsschutz sowie Rechtsschutz speziell für Selbstständige und Unternehmer, so F&B.
Gegenüber dem Erstrating wurden die Tarifkombinationen detaillierter untersucht. Aus ehemals 57 bewerteten Tarifkombinationen sind jetzt 113 geworden. Das ermögliche eine noch treffendere Tarifauswahl, die Transparenz steige. Die drei besten Noten FFF+, FFF und FF+ machen statt 61 Prozent nur noch 51 Prozent aller Bewertungen aus. Die Gesamtübersicht gibt es hier.
Die Topnote „FFF+“ (hervorragend) erreichen weiterhin nur zwei Gesellschaften. Spitzenreiter ist die Arag Sie bekommt für acht Tarifvarianten die Bestnote, Roland Rechtsschutz für zwei Offerten. Weitere 14 Varianten von sechs Gesellschaften zeichnet F&B mit „FFF“ (sehr gut) aus. Dazu zählen zahlreiche weitere Angebote der Arag, zudem von Itzehoer, NRV Neue Rechtsschutz, Roland, VHV und Württembergische. Daneben gibt es weiterhin ein breites Mittelfeld. Als schlecht können insgesamt gerade nur zwei Tarife bezeichnet werden. Sie bekommen die Note „F“ (mangelhaft). Beide sind von der Zurich.

Laut der Analysten zeigen weniger gute Tarife oft Defizite bei Leistungen für Enteignungs-, Planfeststellungs- und Flurbereinigungsverfahren sowie Streitigkeiten bei Erschließungs- und Anliegerabgaben. Rund um Arbeitsverhältnisse fehle ein angemessener Schutz bei Aufhebungsvereinbarungen (Arbeitsrechtsschutz) und beim Antidiskriminierungs-Rechtsschutz (Abkehr von Ansprüchen nach dem AGG). Bei Regelungen zu Identitätsmissbrauch und rufschädigenden Inhalten mit Löschauftrag gebe es ebenfalls manchen Punktabzug, weil versicherte Leistungen mit dem Bedarf nicht Schritt halten.
Strukturwandel in der Landwirtschaft treibt Streitwerte in die Höhe
Im Zeitraum von 2020 bis 2023 hat sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe um etwa drei Prozent auf 255.000 reduziert. Ein Strukturwandel hin zu immer größeren Betrieben, mit denen laut F&B auch die Rechtsschutz-Risiken steigen. Zu den spezifischen Risiken in der Land- und Forstwirtschaft zählten Subventionen, die an die Einhaltung von Konventionen und Wohlverhaltensregeln (Cross-Compliance) geknüpft sind, die Erzeugung erneuerbarer Energien sowie große Nutzflächen und Höfe im Eigentum.
„Starke Spezialisierung, viel Technik, schwere Landmaschinen, ein hoher Kapitaleinsatz und standardisierte Produktion prägen zunehmend das Bild. Explodierende Preise für Grund und Boden treiben Streitwerte und damit die Verfahrenskosten zusätzlich in die Höhe“, sagt Christian Monke, Leiter Ratings Private Risiken bei Franke und Bornberg zur aktuellen Situation.
Roland an der Spitze bei Firmenrechtsschutz für Landwirte und Forstwirte
Das Rating für Land- und Forstwirte berücksichtigt 42 Detailkriterien. Als Standardleistungen gelten hier mitversicherte Personen (Mitarbeiter, Hoferben, Altenteiler), versicherte Objekte, versicherte Fahrzeuge sowie erweiterter Straf-Rechtsschutz. Bewertet werden 44 Tarifkonfigurationen von 22 Gesellschaften.
Die Zahl der Top-Tarife bleibt gegenüber dem Erstrating konstant, ist mit drei aber ebenfalls gering. Die Bestnote FFF+ bekommen ausnahmslos Offerten von Roland Rechtsschutz. Ein FFF gib es für: Arag, Itzehoer, NRV Neue Rechtsschutz, Örag, VHV, VGH und Württembergische. Die gerade mal zwei Tarifvarianten mit einer mangelhaften Bewertung gehören ebenfalls der Zurich. Die Gesamtübersicht gibt es hier.

Tarife, die schlechter abschneiden, zeigen laut der Autoren häufig Schwächen beim erweiterten Straf-Rechtsschutz, Forderungsmanagement und Beratungs-Rechtsschutz bei Hofübergabe. Auch bei den Kriterien Cross-Compliance, Online-Rechtsberatung, Dokumenten- und Vertragscheck sowie Streitigkeiten bei Erschließungs- und Anliegerabgaben gebe es Defizite.