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GKV-Zusatzbeitrag droht drastisch zu steigen

Das deutsche Gesundheitssystem steht vor einer massiven finanziellen Herausforderung im kommenden Jahr. Der Schätzerkreis der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geht für 2025 von einer Finanzierungslücke in einer Größenordnung von 13,8 Milliarden Euro aus und empfiehlt daher eine Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages um 0,8 Prozentpunkte auf dann 2,5 Prozent für die rund 75 Millionen gesetzlich Versicherten. Im Juni lagen Prognosen noch bei 0,5 bis 0,6 Prozentpunkte.
Reserven aufgebraucht
Die Situation wird dadurch verschärft, dass die meisten Krankenkassen keine Reserven mehr zur Verfügung haben, um Beitragssteigerungen zu vermeiden oder abzumildern. Besonders prekär ist die Lage für Krankenkassen, deren Reserven bereits unter die gesetzliche Mindestreserve gesunken sind. Sie müssen diese im kommenden Jahr wieder auffüllen, was eine zusätzliche Erhöhung ihres Zusatzbeitragssatzes erforderlich macht.
Die Prognose des Gremiums, das aus Experten des Bundesgesundheitsministeriums, des Bundesamtes für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbandes besteht, ist nach GKV-Angaben eine theoretische Größe, die sich aus dem Verhältnis von laufenden Einnahmen und Ausgaben der Krankenkassen insgesamt ergibt. Die Ausgaben der Krankenkassen im Jahr 2025 werden demnach mit 341,4 Milliarden Euro veranschlagt.
Gesundheitsministerium legt neuen durchschnittlichen Zusatzbeitrag fest
Das Bundesgesundheitsministerium wird auf Basis der Schätzung bis zum 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag für das kommende Jahr bekanntgeben. Die genaue Höhe legen die Krankenkassen dann aber jeweils für sich fest. Einer ständig aktualisierten GKV-Liste zufolge liegt der Zusatzbeitrag im Moment zwischen 0,7 und 3,28 Prozent. Darunter ist eine Kasse, die keinen Zusatzbeitrag erhebt. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz lag laut Bundesgesundheitsministerium im August bei 1,78 Prozent.
Die sich abzeichnende Entwicklung wirft ein Schlaglicht auf die strukturellen Probleme des deutschen Gesundheitssystems. Seit Jahren steigen die Kosten für die medizinische Versorgung schneller als die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Trotz regelmäßiger Reformen und Gesetzesänderungen ist es bisher nicht gelungen, diesen Trend nachhaltig umzukehren.
Kein Einnahmeproblem: GKV-Vorsitzende fordert politisches Handeln
Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, sagte dazu gestern: „Die Politik scheint sich an steigende Zusatzbeitragssätze für Millionen gesetzlich Versicherte und ihre Arbeitgebenden gewöhnt zu haben (...). Für uns gilt das nicht.“ Laut der Verbandsfunktionärin nähert sich die finanzielle Belastung der Versicherten und Arbeitgeber zunehmend einer kritischen Grenze. Jährliche Beitragssatzanhebungen dürften kein selbstverständliches Instrument der Gesundheitspolitik sein, insbesondere da auch bei einem stabilen Beitragssatz Jahr für Jahr deutlich höhere Einnahmen zur Verfügung stünden. Pfeiffer: „Es ist dringend notwendig, die vorhandenen Effizienzreserven konsequent zu heben und unwirtschaftliche Strukturen und Behandlungsprozesse abzubauen.“
GKV-Verband will Kostenentlastung
Um die GKV-Finanzen nachhaltig zu stabilisieren, schlägt Pfeiffer einen zweigleisigen Ansatz vor. Einerseits müsse der Bund seiner Verantwortung für bislang von den Krankenkassen getragene gesamtgesellschaftliche Aufgaben gerecht werden. Konkret nennt sie kostendeckende Beiträge für Bürgergeldbezieher und eine Dynamisierung der Bundesbeteiligung für familienpolitische Leistungen. Heißt übersetzt wohl, dass der Bund sich stärker mit Steuergeldern beteiligten müsste. Zudem solle die Politik die Ausgabenentwicklung in allen Leistungsbereichen kritisch überprüfen.
Pfeiffer warnt eindringlich vor den Folgen einer Fortsetzung der bisherigen Politik: „Immer neue Gesetze, die die gesundheitliche Versorgung kaum besser, dafür aber deutlich teurer machen, lösen die strukturellen Probleme der GKV nicht.“ Sie plädiert für einen ganzheitlichen Ansatz, der medizinische, pflegerische und ökonomische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt und ins Gleichgewicht bringt. „Alles andere könnten sich die Beitragszahlenden nicht mehr leisten und nützt auch langfristig den Patientinnen und Patienten nicht.“