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Globale Geldpolitik „Verschuldung macht höhere Zinsen unmöglich“

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Richtige Diskontierung

Welchen Diskontierungszins soll man wählen? Je höher (niedriger) der Zins ist, desto niedriger (höher) ist der Wert der Aktie. Nehmen wir an, eine Firma erzielt in den kommenden zehn Jahren einen Gewinn von 10 Millionen Euro pro Jahr, und der Zins beträgt 3 Prozent. Der (Bar-)Wert der Aktie beträgt dann 85,30 Euro. Sie werden nicht mehr als das zahlen (ansonsten ist es lohnender, wenn Sie Ihr Geld zu 3 Prozent anlegen).

Haben sie nun aber zu 85,30 Euro gekauft, und fällt daraufhin der Marktzins auf 1 Prozent, steigen (Bar-)Wert und damit der Preis Ihrer Aktie auf 94,71 Euro. Der gesunkene Marktzins beschert Ihnen einen Wert- und Kurszuwachs. Wenn der Marktzins aber auf 5 Prozent klettert, fällt der Börsenkurs auf 77,22 Euro – und Sie erleiden einen Verlust. Für den umsichtigen Investor ist folglich die Wahl des Diskontierungszinses von großer Bedeutung.

Zinsen an der Nulllinie

Mittlerweile befinden sich die Langfristzinsen für Staatsanleihen an der Nulllinie, für einige Kurläufer sind sie sogar negativ. Für den umsichtigen Investor stellen sich deshalb wichtige Fragen: Was ist der Grund für den Zinsniedergang? Werden die Zinsen niedrig bleiben – oder werden sie, müssen sie, wieder ansteigen? Und vor allem: Was ist der richtige, der sinnvolle Diskontierungs-zins?

Die extrem niedrigen Zinsen sind vor allem das Werk der Zentralbanken. Sie bestimmen als „Zinssetzer die Kurz- und Langfristzinsen. Die Geldbehörden haben die Zinsen auf extrem niedrige Niveaus gedrückt, um die Kreditpyramide, die sie in den letzten Jahrzehnten mit ihrer Kreditexpansion errichtet haben, vor dem Einsturz zu bewahren. Im Grunde macht das weltweite Verschuldungsproblem eine Rückkehr zu höheren Zinsen unmöglich.

„Zinsnormalisierung“?

Vor allem in realer, das heißt in inflationsbereinigter Rechnung scheint eine „Zinsnormalisierung“ unwahrscheinlich zu sein. Die negativen Realzinsen sind ein von der Politik bevorzugtes Instrument, um die Schuldenlasten still und heimlich abzubauen – auf Kosten der meist uninformierten Gläubiger, die in der Regel auch nicht die Möglichkeit haben, der Entwertung ihrer Ersparnisse zu entkommen.

Wenn nun der Marktzins geldpolitisch manipulierbar ist, und es zudem eine Notwendigkeit gibt, dass die Zinsen niedrig bleiben sollen: Was ist dann zu erwarten? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen da bleiben, wo sie sind, ist groß; und die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen wieder steigen, ist klein. Keine erfreuliche Botschaft für alle, die ihre Altersvorsorge auf festverzinslichen Papieren aufbauen.

Zins zur Wertbestimmung

Kurs-Gewinn-Verhältnis für den US-Aktienmarkt und 10-jährige Rendite der US-Staatsanleihen in Prozent; Quelle: Thomson Financial. Periode: März 1973 bis November 2017; Grafik: Degussa Goldhandel

Aber auch für diejenigen, die in Aktien investieren, wirft das Niedrigzinsumfeld eine gewichtige Frage auf: Welchen Zins soll man zur Wertbestimmung zugrundelegen? Wählen Sie einen Zins, der zu hoch ist, entgehen Ihnen attraktive Investitionsmöglichkeiten, wenn sich nachfolgend herausstellt, dass der Marktzins niedriger ausfällt als erwartet. Legen Sie einen zu niedrigen Zins zugrunde, erleiden Sie Verluste, wenn die Zinsen höher ausfallen als erwartet.

In diese Falle würde der Investor tappen, der beispielsweise mit einem historischen Durchschnittszins arbeitet in Höhe von, sagen wir, 5 Prozent, obwohl der Marktzins in den nächsten 10 Jahren nur bei 1 Prozent liegt. Dann wird er heute Anlagen ausschlagen, die, sagen wir, 3 oder 4 Prozent bringen, und künftig wird er nur noch für 1 Prozent anlegen können. Nicht besser geht es dem, der eine Rendite von 0,4 Prozent zur Abdiskontierung verwendet, dann aber erkennen muss, dass der Marktzins auf 5 Prozent klettert. Er verpasst die Möglichkeit, sein Geld zu höherer Rendite anzulegen.

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