LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 10 Minuten
ANZEIGE

Globaler Konjunkturausblick 2016 Geldpolitik der Zentralbanken driftet auseinander, Volkswirtschaften gleichen sich an

Seite 2 / 4



Eurozone: „Überdurchschnittliches BIP-Wachstum dürfte sich fortsetzen“

Für die Eurozone sieht unser Basisszenario eine Fortsetzung des überdurchschnittlichen BIP-Wachstums von rund 1,5 Prozent vor. Der Schritt der Europäischen Zentralbank (EZB) in die quantitative Lockerung hat weiterhin einen positiven Einfluss auf das Kreditwachstum und unterstützt den Rückgang der Spreads bei den Kreditzinsen der Banken in den Peripherieländern. Während somit die Nettoexporte von der Schwächung profitieren dürften, die der Euro bis heute insgesamt erfahren hat, könnte eine Verlangsamung des Wachstums bei den wichtigsten Handelspartnern der Eurozone den Wachstumsbeitrag aus den Nettoexporten im Jahr 2016 begrenzen.

Wir denken, dass die Gesamtinflation bei einem schwächeren Euro und niedrigeren Ölpreisen von etwa null im Jahr 2015 auf ungefähr 1 Prozent im Jahr 2016 steigen wird. Wir glauben aber auch, dass sich die Kerninflation bei den gegenwärtigen geldpolitischen Bedingungen wahrscheinlich nicht auf ein Niveau erholen wird, das mit der EZB-Definition der Preisstabilität vereinbar ist. Wenn dies so kommt, wird die EZB unter Druck geraten, den Umfang und das Tempo der quantitativen Lockerung anzupassen und die Tür für eine mögliche Ausweitung des bestehenden Programms zu öffnen.

Vereinigtes Königreich: Private Inlandsnachfrage wird das Wachstum weiter antreiben

Im Vereinigten Königreich erwarten wir für 2016 ein über dem Trend liegendes Wachstum im Bereich von 2 Prozent bis 2,5 Prozent. Nach unserer Auffassung wird die private Inlandsnachfrage das Wachstum weiter antreiben. Dabei stützen wir uns auf eine weiter zunehmende Anspannung auf dem Arbeitsmarkt und auf ein solides Wachstum der realen Haushaltseinkommen. Unsere Inflationserwartungen stehen im Einklang mit den Konsenserwartungen, die von einem moderaten Anstieg der Kerninflation ausgehen. Gründe hierfür sind der nachlassende Effekt der Aufwertung des britischen Pfunds und ein leichter Anstieg der Inflation im Dienstleistungssektor infolge höherer Lohnkosten. Wir erwarten, dass sich die Gesamtverbraucherpreisinflation bis Ende 2016 an die Kerninflation annähern wird. Das zentrale inländische Risiko für diesen Ausblick besteht im Zusammenhang mit dem potenziellen „Brexit“-Referendum im 3. Quartal 2016. Obwohl dies nicht im Zentrum unserer Erwartungen steht, würde eine Entscheidung für das Ausscheiden das BIP in den zwölf Monaten danach wahrscheinlich um 1 Prozent bis 1,5 Prozent vermindern und dadurch über unseren zyklischen Horizont die Risiken einer Abwärtstendenz steigern.

Japan: „Wir erwarten eine positive Gesamtinflation von rund 1 Prozent“

Wir rechnen mit einem bescheidenen Anstieg des japanischen BIP-Wachstums auf rund 1 Prozent im Jahr 2016 nach geschätzten 0,6 Prozent für 2015. Der schwache Yen wirkte sich positiv auf die Unternehmensgewinne und den Nikkei-Aktienmarkt aus. Jedoch dürften die Nettoexporte angesichts der Konjunkturabschwächung in China und bei anderen wichtigen Handelspartnern nicht zu einem starken Anstieg der Gesamtnachfrage im Jahr 2016 beitragen. Für 2016 erwarten wir weiterhin eine positive Gesamtinflation, die jedoch mit rund 1 Prozent deutlich unter dem Zielwert der Bank of Japan (BOJ) von 2 Prozent liegen dürfte. Dieses Inflationsergebnis wird wahrscheinlich weitere geldpolitische Lockerungen durch die BOJ auslösen.

Allerdings gibt es zunehmende Befürchtungen unter den Markteilnehmern und in der Führung der BOJ, dass das quantitative und qualitative Lockerungsprogramm (QQE) der BOJ an technische Grenzen stoßen könnte. Die geldpolitische Lockerung hatte einen wichtigen positiven Einfluss auf die Finanzmärkte und positive Auswirkungen auf die Inflationserwartungen. Sie zeigte aber nicht die Wirkung auf das Lohnwachstum, die sich die japanischen staatlichen Stellen erhofft hatten. Eine wichtige neue Entwicklung in Japan ist die Veränderung der fiskalpolitischen Ziele, die in den Abenomics II mit ihren drei neuen Pfeilen deutlich wird: Geldtransfers an die Alten und die Armen, eine Erhöhung des Mindestlohns und ein erweitertes Programm zur Kinder- und Seniorenbetreuung, um die Erwerbsquote zu erhöhen.

China wird Herausforderungen bewältigen

In China rechnen wir mit einem Wachstum von rund 6 Prozent und einer Gesamtinflation von rund 2 Prozent. Wir glauben immer noch, dass China über den notwendigen Willen und die erforderlichen Mittel verfügt, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich aufgrund des schwächeren Wachstums und des Wandels zu einer von der Inlandsnachfrage angetriebenen Dienstleistungsgesellschaft stellen. Wir erkennen jedoch, dass die Aufgabe schwierig ist und dass auf diesem Weg politische Fehler begangen werden können. An der geldpolitischen Front rechnen wir mit zusätzlichen Lockerungen – die weiter reichen, als der Markt eskomptiert – über die Senkung des Einlagenzinssatzes und des vorgeschriebenen Mindestreservesatzes. Jetzt, wo der chinesische Yuan zum Korb der Reservewährungen des Internationalen Währungsfonds zugelassen wurde, rechnen wir mit einer geringeren Notwendigkeit für Interventionen an den Währungsmärkten. Wir erwarten, dass der Yuan um mehr als die rund 4 Prozent abwertet, die die Märkte derzeit für das nächste Jahr in die Kurse einrechnen. Tatsächlich erwarten wir, dass sich China auf ein System des „schmutzigen Floating“ zubewegt, das größere Wechselkursschwankungen innerhalb der Bandbreite von +/– 2 Prozent um den Leitkurs erlauben würde.