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Themen-Experte Aus Tradition die Zukunft im Blick

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Globales Szenario 2024 „Am Ende des Jahres erwarten wir den Beginn einer internationalen Erholung“

Von in Aus Tradition die Zukunft im BlickLesedauer: 6 Minuten
Feierlichkeiten zum Jahr des Drachen in London
Feierlichkeiten zum Jahr des Drachen in London: Für China erwarten die Experten 2024 ein schwaches Wachstum von 4 Prozent. | Foto: Imago Images / ZUMA Wire
Kevin Thozet,
Carmignac

Kevin Thozet: 2023 war geprägt von einer weltweiten Verlangsamung und der weiterhin unterschiedlichen Entwicklung der Länder insbesondere aufgrund der unerwarteten Entwicklung der US-Wirtschaft. Könntest du eure wichtigsten Prognosen für 2024 zusammenfassen?

Raphaël Gallardo: Gerne. Wie von dir angemerkt, war 2023 von einem weltweiten Abschwung gekennzeichnet. 2024 dürfte sich die Lage unseres Erachtens stabilisieren und am Ende des Jahres erwarten wir den Beginn einer internationalen Erholung.

Thozet: Wird das Jahr weiterhin von regional unterschiedlichen Entwicklungen geprägt sein?

Gallardo: Ja, die meiste Zeit des Jahres wird sich die US-Wirtschaft besser entwickeln als der Rest der Welt. Die sich gegen Ende des Jahres abzeichnende Erholung dürfte jedoch vollkommen synchron verlaufen.

Thozet: Was macht euch im Hinblick auf das weltweite Wachstum 2024 so optimistisch beziehungsweise optimistischer?

Raphaël Gallardo,
Carmignac

Gallardo: Hauptsächlich der Beginn der geldpolitischen Lockerung sowohl in Europa als auch in den USA und den Schwellenländern. Möglich wird diese durch die weltweit sinkende Inflation. Sie wird besonders großen Einfluss haben, da sie von der US-Zentralbank selbst eingeleitet wurde und wie wir wissen steht die Fed im Zentrum des internationalen Währungssystems. Die USA werden ihre geldpolitische Lockerung über eine Abwertung des US-Dollars weltweit exportieren. Ein schwächerer US-Dollar vergrößert den Spielraum anderer Zentralbanken für Zinssenkungen und senkt zudem die Last der auf US-Dollar lautenden Schulden der Schwellenländer.

Thozet: Geldpolitische Lockerung bedeutet also sinkende Inflation. Ist das Schreckgespenst der Inflation damit endgültig vertrieben?

Gallardo: Für die Eurozone aus zyklischer Sicht ja. Die Europäische Zentralbank hat ihre Aufgabe erfüllt, auch wenn die Folge zwei Jahre wirtschaftliche Stagnation waren. In China war die größte Gefahr nie die Inflation, sondern stets die Deflation.

Thozet: Und in den USA?

Gallardo: Dort wird unserer Ansicht nach vorschnell gehandelt. Die Zentralbank hat den Märkten bereits vermittelt, dass nicht nur hinsichtlich der Zinsen, sondern auch in Bezug auf die Verkürzung der Bilanz eine politische Wende bevorsteht. Diese zinspolitische Wende dürfte auf die Sorgen im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl zurückzuführen sein, die die Unabhängigkeit der Zinspolitik der Zentralbank gefährden. Angesichts eines gewaltigen Haushaltsdefizits von sechs Prozentpunkten des BIP kann eine Bilanzverkürzung durch die Zentralbank zu einer Störung des Anleihemarkts führen.

 

Thozet: Führen die strukturellen Risiken in Verbindung mit einer höheren Inflation deines Erachtens nach wie vor eine Rolle?

Gallardo: Ja. Man sollte nicht vergessen, dass 2024 lediglich die zyklische Komponente der Inflation an Bedeutung verlieren wird. Die drei Faktoren alternde Bevölkerung, Dekarbonisierung und Deglobalisierung sind in diesem Umfeld weiterhin von Belang. Es handelt sich um starke strukturelle Kräfte, die langfristig und inflationär wirken. Damit haben sie definitionsgemäß eine zyklusübergreifende Bedeutung.

Thozet: Wann dürften die Zentralbanken eurer Meinung nach erstmalig die Zinsen senken?

Gallardo: Apolline und ich sind uns einig, dass die ersten Zinssenkungen etwa im Mai, Juni in den USA anstehen. Kurz darauf dürften die Europäische Zentralbank und die Bank of England folgen. Wir sind hier vorsichtiger als der Markt, der bereits im März mit parallelen Senkungen rechnet.

Thozet: Seid ihr aufgrund dieser geldpolitischen Lockerungen optimistischer in Bezug auf China?

Gallardo: Ja, denn die chinesische Zentralbank hätte 2023 gerne eine lockerere Politik verfolgt. Aus Sorge vor einer Abwertung der Landeswährung war dies jedoch nicht möglich. Dank der US-Notenbank hat sie jetzt größeren Spielraum und sie pumpt bereits über alle Kanäle Liquidität in den Markt. Das ist positiv. Andererseits herrscht im Privatsektor aufgrund des Stillstands in der Immobilienbranche nach wie vor Flaute. Die Probleme wurden immer noch nicht gelöst. Außerdem bestehen weiterhin aufsichtsrechtliche Unsicherheiten und geopolitische Risiken. Insgesamt gehen wir für China von einem schwachen Wachstum von 4 Prozent aus.

Thozet: Du hast politische und geopolitische Aspekte bereits mehrfach angesprochen. Zudem wird in diesem Jahr die Hälfte der Weltbevölkerung an die Wahlurnen gerufen. Gibt es einen Aspekt der politischen Unsicherheit, der für euer Szenario ein Risiko darstellt? Und wenn ja, welcher?

Gallardo: Unter all den von dir genannten Wahlen ist die US-Wahl bei weitem am wichtigsten. Warum? Weil die Einführung einer protektionistischen und einwanderungsfeindlichen Politik nach einer Wiederwahl von Donald Trump zu einer Stagflation in den USA führen könnte. Man sollte allerdings bedenken, dass die Wahlversprechen von Donald Trump vermutlich nicht einfach so umgesetzt werden können.

Thozet: Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die vorzeitige Wende der Zentralbanken eine sanfte Landung der Weltwirtschaft ermöglichen sollte. Da diese jedoch auf unsicherem Boden erfolgt, besteht die Gefahr, dass die Inflation 2025 erneut aufflammt. Bei einer Wiederwahl von Donald Trump wäre dieses Risiko besonders groß.

 

Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet. Haftungsausschlüsse, Risiken usw. entnehmen Sie bitte der Originalversion des Artikels.

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