Gold hat gerade eine gute Zeit: Seit mehreren Monaten strebt der Edelmetallpreis von einem Hoch zum nächsten. Im März scheint der Preis sogar noch einen Turbo eingeschaltet zu haben: Anfang März kostete eine Feinunze ( 31,1 Gramm) noch 2.044 US-Dollar beziehungsweise 1.892 Euro. In der ersten Woche des April hat er kurzzeitig sogar die Marke von 2.300-US-Dollar geknackt. In Euro gerechnet liegt er am Freitagvormittag, 5. April, bei 2.110 Euro.
Da Gold auch ein beliebter Anlagegegenstand ist, dürften sich viele Investoren über diese Entwicklung freuen. Doch wie kommt die aktuelle Rally zustande – und könnte bald ein Preis-Peak erreicht sein? Das haben wir Daniel Marburger vom Goldhandelsunternehmen Stone X Bullion gefragt.
DAS INVESTMENT: Gold eilt aktuell von einem Allzeithoch zum nächsten. Was treibt die Rally an?
Daniel Marburger: In der Tat ist der Goldkurs derzeit kaum zu halten. Inflationssorgen und die Suche nach sicheren Anlagemöglichkeiten treiben den Hunger nach Edelmetallen. Auch die geopolitische Lage birgt einmal mehr diverse Risiken. Die ganz großen Kurstreiber sind derzeit aber sicherlich einige Zentralbanken – man schaue etwa nach China. Dort ist der Goldhunger weiterhin groß. Diese hohe Nachfrage spiegelt sich auch in den Preisen wider.
Geht es jetzt so weiter – 2024 und auf längere Sicht?
Marburger: Als global anerkannter Wertspeicher hat Gold sicherlich langfristig beste Chancen auf weiterhin gute Kurse. Ob sich die Goldrally fortsetzt, hängt derzeit von verschiedenen Variablen ab – etwa wie sich die Wirtschaft global entwickelt, wohin die Inflationsraten gehen und welche Entscheidungen die Zentralbanken treffen.
2024 stehen nach einer Serie von Erhöhungen wieder Zinssenkungen an, die Schweiz hat die Zinswende schon vollzogen. Dasselbe wird in den USA und im Euroraum erwartet. Könnten globale Zinssenkungen die Investitionen in physisches Gold beeinflussen?
Marburger: Grundsätzlich lautet die Faustregel, dass steigende Realzinsen Gold weniger attraktiv machen. Gold selbst wirft keine Zinsen ab. Wenn man 2024 aber von Zinssenkungen ausgeht, deutet das dagegen auf weiteres Potenzial beim Gold hin. Hinzu kommt ein eher schwacher Dollar und die Tatsache, dass es weltweit tendenziell teurer wird, Gold zu fördern. Das freut natürlich Goldbesitzer. Dennoch bleibt die Entwicklung weiter spannend. Die Märkte preisen Zinssenkungen bereits für die kommenden Monate ein.
Zuletzt war die Nachfrage nach physischen Edelmetallen in Deutschland eher verhalten – was beeinflusst diese Entwicklung?
Marburger: Ich würde vermuten, dass viele Haushalte die Gelegenheit genutzt haben, in zinsstarke Vehikel zu investieren. Auch Aktienmärkte und Kryptos erleben derzeit ja einen Höhenflug. Für einige Marktteilnehmer war eventuell auch die Gelegenheit günstig, physisches Gold zu Geld zu machen. Die klassischen Gewinnmitnahmen sind natürlich verständlich. Eventuell kommt noch hinzu, dass der Liquiditätsbedarf im Zuge der allgemeinen Teuerung dazu führt, dass Privatanleger Gold aktuell weniger im Fokus haben.
Es heißt, dass Gold in Krisen stets ein Hoch erlebt, aber diese Gesetzmäßigkeit hat sich in den vergangenen Jahren nicht immer bestätigt. Was muss alles zusammenkommen, damit Gold boomt?
Marburger: Sicherlich spielen ökonomische und geopolitische Unwägbarkeiten eine Rolle. Als Krisenwährung ist die Bedeutung von Gold und Edelmetallen ungebrochen. In unsicheren Zeiten suchen gerade die großen Player die Möglichkeiten zur Absicherung.
In welchem Umfang tragen die Käufe von Zentralbanken zur Stabilisierung oder Steigerung des physischen Goldmarktes bei?
Marburger: Die Bedeutung dieser Giganten ist natürlich enorm. So betrugen die jährlichen Käufe der Notenbanken im Jahr 2023 netto 1.037 Tonnen. Das ist der zweithöchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen. Einige Giganten wollen die Abhängigkeiten zum US-Dollar minimieren – immer wieder machen auch Gerüchte die Runde, die BRICS-Staaten wollten eine goldgedeckte Handelswährung initiieren.
Fans von Kryptowährungen bezeichnen diese mitunter als einen Ersatz für Gold. Berechtigt?
Marburger: Die Zulassung von Bitcoin-ETFs durch die SEC ist ohne Zweifel ein großer Schritt für die Finanzmärkte. Kryptos werden sich wohl zunehmend als Beimischung von Portfolios etablieren. Insofern gibt es natürlich Parallelen zum Gold. Aber die Ideen von Anlegern hinter Gold und Kryptos sind in meinen Augen diametral verschieden.
Erläutern Sie das mal bitte.
Marburger: Gold ist der sichere Anker, der das Portfolio in der Krise absichern kann und über längere Zeiträume recht sichere Renditen einfährt. Krypto ist für die meisten Marktteilnehmer eine spekulativere Anlage, die die Hoffnung auf schnelle Rendite birgt. Es ist aber auch das Investment in eine neue Technologie, das Kennenlernen einer relativ neuen Assetklasse, was zum derzeitigen Erfolg beitragen dürfte. Beide Assets erfüllen eine Rolle – Substitute sind sie in meinen Augen aber keinesfalls.
Welche Überlegungen sollten Anleger anstellen, wenn sie zwischen Investitionen in physisches Gold und digitale Währungen wählen?
Marburger: Stehe ich vor der Entscheidung eines Entweder-Oder, so ist wohl das Risikoprofil jedes Anlegers entscheidend. Die Frage ist, möchte ich über Jahrhunderte etabliertes Gold als Beimischung oder gehe ich mit Kryptos ins Risiko. Die Volatilität der vergangenen Jahre zeigt ja, dass die wichtigen Kryptowährungen in beide Richtungen ausschlagen können.
Welche Chancen und Risiken bestehen für Goldinvestoren auf lange Sicht gesehen?
Marburger: Ich sehe auch langfristig eine stabile beziehungsweise wachsende Nachfrage. Mit steigenden Förderpreisen und globalen Spannungen, die wohl ebenfalls nicht zwingend weniger werden, sind die Weichen für neue Höchstkurse gestellt. Edelmetalle sind für diversifizierte Portfolios weiterhin ein Muss.
Über den Interviewten:
Daniel Marburger ist Geschäftsführer bei dem Edelmetallhändler Stone X Bullion.

