Edelmetall-Experte Ronald-Peter Stöferle
Gold: Warum nach dem Höhenflug vor dem Höhenflug ist

Ronald P. Stöferle ist Partner bei Incrementum und dort für Research und Portfolio-Management zuständig. Foto: Incrementum
Die Konsolidierungsphase beim Goldpreis nach der Wiederwahl Trumps war nicht von langer Dauer. Ronald Stöferle erklärt, warum die Aussichten für Gold auch weiterhin gut sind.
Für Goldanleger war 2024 ein fulminantes Jahr. In US-Dollar legte das gelbe Edelmetall um 27,2 Prozent zu, in Euro um 35,6 Prozent. In US-Dollar war 2024 für Gold das sechste Jahr seit 2016 mit einer positiven Jahresperformance, auf Euro-Basis war es sogar das siebte Jahr in Folge mit Zugewinnen.
In den ersten Wochen des neuen Jahres setzte sich die Goldpreisrally fort, sowohl auf US-Dollar- als...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Gratis-Zugang:
Um die Autorisierung über LinkedIn zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
Um die Autorisierung über Google zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
Für Goldanleger war 2024 ein fulminantes Jahr. In US-Dollar legte das gelbe Edelmetall um 27,2 Prozent zu, in Euro um 35,6 Prozent. In US-Dollar war 2024 für Gold das sechste Jahr seit 2016 mit einer positiven Jahresperformance, auf Euro-Basis war es sogar das siebte Jahr in Folge mit Zugewinnen.
In den ersten Wochen des neuen Jahres setzte sich die Goldpreisrally fort, sowohl auf US-Dollar- als auch auf Euro-Basis wurden zahlreiche neue Allzeithochs erzielt. Bis Mitte Februar stieg Gold in US-Dollar um weitere 11,1 Prozent, in Euro um 10,3 Prozent. Im Sog der Edelmetallhausse gaben auch die lange Zeit erheblich schwächelnden Minenaktien ein Lebenszeichen von sich. Der HUI-Index legte 2024 immerhin um 13,3 Prozent zu, exakt um denselben Prozentsatz stieg der HUI auch in den ersten anderthalb Monaten des neuen Jahres.
Mit dem deutlich zweistelligen Prozentanstieg im vergangenen Jahr ließ Gold die ebenfalls gut bis sehr gut performenden Aktienmärkte hinter sich, mitunter sogar deutlich. Sogar im Vergleich zum boomenden US-Aktienmarkt hatte Gold die Nase vorn.

Nach der imposanten Goldpreisrally im abgelaufenen Jahr wäre es keine große Überraschung gewesen, wenn der Goldpreis nach dem stärksten Jahresanstieg seit 2010 korrigiert. Die ersten Handelstage im neuen Jahr bestätigten diese Befürchtung nicht, ganz im Gegenteil. Mittel- und langfristig sind die Rahmenbedingungen für Gold weiterhin positiv bis sehr positiv. Dafür sprechen gleich mehrere Gründe.
Geopolitische Risken
Mit der Sanktionierung der russischen Währungsreserven nur wenige Tage nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges haben sich die globalen Rahmenbedingungen fundamental gewandelt. Gold als neutraler Vermögenswert profitierte deutlich von dieser Zäsur. Die Goldnachfrage der Zentralbanken, allen voran nicht-westlicher Zentralbanken, aber auch von Zentralbanken des ehemaligen Ostblocks, legte seither spürbar zu.
2024 war das dritte Jahr in Folge mit einer Nachfrage über 1.000 Tonnen. Der Rekordwert aus dem Jahr 2022 wurde wie schon 2023 im vergangenen Jahr wieder nur knapp verfehlt. Mit Zukäufen von 90 Tonnen führt mit Polen eine europäische Zentralbank die Rangliste der größten Käuferländer an, gefolgt von der Türkei, Indien, Aserbaidschan und China.

Mit dem Amtsantritt Donald Trump dürfte sich die geopolitische Neuordnung und die damit einhergehenden Instabilitäten eher verschärfen. So drohte Donald Trump bereits mehrmals mit Zöllen von 100 Prozent für jene Länder, die den US-Dollar nicht mehr für den internationalen Handel unter Drittstaaten verwenden wollen. Diese Drohung ist jedoch eher ein Zeichen der Schwäche als der Stärke und dürfte den langwierigen Prozess der Abwendung vom US-Dollar als führende globale Handels-, Reserve- und Leitwährung mittelfristig eher beschleunigen als bremsen oder sogar umkehren.
Die Schuldenberge wachsen weiter in den Himmel
Langsam, aber sicher geraten die Staatsschulden in einigen Ländern in einen kritischen Bereich und das selbst in den Industrieländern. Zwar sind für die USA, gerade auch wegen der hohen Budgetdefizite, die Wachstumsaussichten besser als für die meisten anderen Industriestaaten. Doch würde eine wirtschaftliche Eintrübung durch eine Verschärfung der geopolitischen Spannungen oder infolge des von Trump angekündigten breiten Einsatzes von Zöllen auch die USA treffen.

Zum US-Präsidenten wiedergewählt wurde mit Donald Trump ausgerechnet jener Politiker, der sich während des Wahlkampfs 2016 selbst als „King of Debt“ bezeichnete. 2017 zog er bei einer US-Verschuldung von knapp 20 Billionen US-Dollar in das Weiße Haus, nun sind es mit über 36 Billionen US-Dollar um 80 Prozent mehr. In Prozent der Wirtschaftsleistung beträgt der Anstieg fast 20 Prozent.
Ob der neue alte US-Präsident mit Unterstützung des Department of Government Efficiency (Doge, Eigenschreibweise DOGE) unter Leitung von Elon Musk das strukturell hohe US-Budgetdefizit durch massive Ausgabenkürzungen in den Griff reduzieren wird können, darf angesichts der Erfahrung aus seiner ersten Amtszeit bezweifelt werden. Zudem sind 80 Prozent der Bundesausgaben (Sozialleistungen, Militär, Zinsendienst) kurzfristig nicht reduzierbar.
Auch das europäische Sorgenkind Nummer Eins, Frankreich, bekommt seinen Haushalt nicht und nicht in den Griff. Anfang Februar wurde das Budget für das laufende Jahr mit einem Defizit von 5,4 Prozent verabschiedet. Und auch China versucht, seine schwächelnde Wirtschaft mit fiskalischen und geldpolitischen Mitteln zu stützen. Dementsprechend kräftig steigt das chinesische Haushaltsdefizit in die Höhe und dürfte im Bereich von 6 Prozent landen.
Die Zentralbanken senken bereits wieder die Zinsen
Die Anzahl von über 60 Zinssenkungen im Herbst 2024 ergibt den viertschnellste Rückgang des globalen Zinsniveaus seit der Jahrtausendwende. Am Höhepunkt des Zinssenkungszyklus während der Weltfinanzkrise waren es mit 76 Zinssenkungen nur etwas mehr. Diese wiederholten Zinssenkungen und die Ankündigung weiterer Zinssenkungen sind insofern überraschend, als sich die Inflation dies- und jenseits des Atlantiks hartnäckig über dem Inflationsziel von meist 2,0 Prozent hält.
Entlastung bei der Inflationsrate kam in den vergangenen Monaten allen voran von den Energiepreisen. Doch diese Entwicklung fand in der Eurozone im Dezember 2024 ihr Ende. Speziell die Kerninflation ohne die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise erweist sich in vielen Ländern als ziemlich hartnäckig. Die PCE-Kerninflation, das von der Federal Reserve bevorzugte Inflationsmaß, liegt seit Mai 2021 beständig über der Marke von 2,5. In der Eurozone befindet sich die Kerninflation seit geraumer Zeit in einem lediglich leichten Abwärtstrend und weiterhin deutlich über dem Inflationsziel von 2 Prozent.
Die Kombination aus geopolitischer Instabilität, hoher und steigender Staatsverschuldung und einer sich hartnäckig haltenden erhöhten Inflationsrate ist es daher nicht überraschend, dass sich die Kapitalmarktzinsen anders entwickeln als die Leitzinsen. Im Unterschied zu früheren Zeiten hat der zum Teil deutlich Anstieg der Yields dem Goldpreis jedoch nicht geschadet.
Zusätzlichen Rückenwind hat Gold in den vergangenen Wochen durch einige bemerkenswerte Entwicklungen erhalten. So haben die physischen Goldlieferungen in die USA signifikant zugenommen. Die Goldleasingraten sind sprunghaft auf bis zu 3,5 Prozent gestiegen, nachdem sie jahrelang bei fast Null lagen.
Und in China wurde ein Pilotprogramm ins Leben gerufen, das es den zehn größten Versicherungsunternehmen des Landes ermöglicht, goldgedeckte Produkte zu kaufen und anzubieten, wodurch eine neue institutionelle Nachfrage in Höhe von bis zu 27,4 Milliarden US-Dollar entsteht. Wie wir bereits seit einigen Jahren in unserem jährlich erscheinenden „In Gold We Trust“-Report ausführen, ist Gold nicht mehr nur ein Krisen- und Inflationshedge, sondern es wird zunehmend zu einem strategischen Reserveasset und damit auch re-monetisiert.
Risiken für den Goldpreis bestehen trotzdem
Nach der Wiederwahl Donald Trumps setzte die schon längere Zeit erwartete Konsolidierungsphase beim Goldpreis ein. Doch dieses Durchschnaufen war nicht von langer Dauer. Risiken für den Goldpreis bestehen dennoch. So könnte eine Fortsetzung der Rally bei den Kryptowährungen wirken, ebenso ein etwaiger weiterer Anstieg der Anleihenzinsen, ein weiterer Aufschwung an den Aktienmärkten, eine Stabilisierung des chinesischen Immobilienmarktes oder eine nachhaltige Entspannung der geopolitischen Lage.
Alles in allem ist jedoch davon auszugehen, dass die ökonomische und (geo-)politische Großwetterlage 2025 den Goldpreis weiterhin unterstützen werden, auch wenn eine Wiederholung des Rekordjahres 2024 nicht erwartet werden sollte.
Über den Autor