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Wo das Gold der Bundesrepublik lagert und warum das für Streit sorgt

Deutschland hat nach den USA die zweitgrößten Goldreserven der Welt – im Besitz der Bundesbank sind knapp 3.352 Tonnen Gold in fast 270.000 Barren. Die Rally des Edelmetalls hat den Wert des deutschen Goldes ordentlich gesteigert. Gemessen am aktuellen Euro-Kurs sind es mittlerweile etwa 320 Milliarden Euro. Innerhalb eines Jahres ist der Wert von Deutschlands Goldreserven damit um fast 100 Mil...
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Deutschland hat nach den USA die zweitgrößten Goldreserven der Welt – im Besitz der Bundesbank sind knapp 3.352 Tonnen Gold in fast 270.000 Barren. Die Rally des Edelmetalls hat den Wert des deutschen Goldes ordentlich gesteigert. Gemessen am aktuellen Euro-Kurs sind es mittlerweile etwa 320 Milliarden Euro. Innerhalb eines Jahres ist der Wert von Deutschlands Goldreserven damit um fast 100 Milliarden Euro gestiegen.
Dieser Goldschatz lagert jedoch nur teilweise in Deutschland – genau genommen liegen etwa 50 Prozent in Tresoren der Bundesbank in Frankfurt. Das sind knapp 137.000 Goldbarren. Die andere Hälfte befindet sich im Ausland – 32.000 Barren, umgerechnet 13 Prozent, bei der Bank of England in London sowie fast 99.000 Barren und damit etwa 37 Prozent bei der Federal Reserve in New York.

Sorge um Deutschlands Goldreserven in New York
Vor allem die Goldlagerung in den USA sorgt nun mit Trumps zweiter Amtszeit für Unruhe. Denn der US-Präsident nutzt jede Gelegenheit, um die US-Notenbank – und deren Chef Jerome Powell – für ihre Geldpolitik anzugreifen. Bislang wehrt sich die Fed erfolgreich gegen Versuche politischer Einflussnahme. Bei einigen Beobachtern wächst jedoch die Sorge um die Unabhängigkeit der Notenbank.
Angesichts von Trumps Unberechenbarkeit und eines möglichen Handelskriegs zwischen den USA und Europa müsse das Gold sofort zurückgeholt werden, fordert etwa Michael Jäger, Präsident des Europäischen Steuerzahlerbunds. Im ZDF sagte Jäger: „Unsere Forderung: Holt unser Gold nach Hause“.
Zumindest aber müssten Vertreter der Bundesbank die Bestände prüfen: „Es ist wichtig, erstens persönlich in Augenschein zu nehmen, ob das Gold physisch vorhanden ist und zweitens zu prüfen, ob das Gold auch tatsächlich dem Standard entspricht“, so Jäger. Unterstützt wird er von Politikern von CDU und CSU.
Verstärkte Kontrollen hält auch Manuel Zeuch, Co-Fondsmanager des DJE Gold & Ressourcen und Analyst im DJE-Research & Portfolio Management, für angebracht: „Es ist von zentraler Bedeutung, dass der uneingeschränkte physische Zugang zu den Goldreserven unter allen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen jederzeit sichergestellt ist.“
Können die USA deutsches Gold „einfrieren“?
Ebenso unerlässlich sei die eindeutige Sicherung der Eigentumsrechte an diesen Vermögenswerten. Zeuch hält es daher für essenziell, „die Kontrollen durch verstärkte und regelmäßige physische Inspektionen zu intensivieren, bei denen die Goldbarren vor Ort gezählt, geprüft und deren Eigentum zweifelsfrei dokumentiert wird“.
Könnten die USA deutsche Goldreserven festsetzen? „So wie Russlands Auslandsreserven eingefroren werden konnten, könnte es durchaus mit unserem Gold in den USA geschehen“, meint Marco Herrmann, Geschäftsführer der Fiduka Depotverwaltung aus München. Die Wahrscheinlichkeit liegt seiner Einschätzung nach aber „unter 20 Prozent“.
Herrmann zufolge sprechen „nicht mehr viele Argumente für eine Lagerung des Goldes im Ausland, daher macht es Sinn, unabhängig von der Sicherheit, die Verlagerung der Goldbestände nach Deutschland fortzusetzen“. Ein Teil sollte aber in den USA bleiben, „um in einer Krisensituation direkt in die Weltreservewährung US-Dollar umtauschen zu können und damit liquide zu sein“.
Bundesbank will Gold nicht nach Deutschland holen
Die Bundesbank hat Forderungen, das Gold nach Deutschland zu holen, bislang stets zurückgewiesen: „Wir haben, wie über die vergangenen Jahrzehnte hinweg, überhaupt keinen Zweifel daran, dass wir mit der Fed New York einen vertrauenswürdigen, verlässlichen Partner bei der Aufbewahrung unserer Goldbestände haben“, sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bei der Jahrespressekonferenz des Instituts Ende Februar.
Das deutsche Gold liege nicht – wie oft angenommen – auf dem US-Stützpunkt Fort Knox, sondern in Tresoren der Fed. Viele Notenbanken würden dort ihre Goldreserven aufbewahren. „Das bereitet mir keine schlaflosen Nächte“, so Nagel weiter. Er habe „vollstes Vertrauen“ zu den Kollegen der amerikanischen Notenbank.
An dieser Haltung habe sich nichts geändert, bekräftigte kürzlich ein Sprecher der Bundesbank gegenüber dem „Handelsblatt“: „Entscheidend für die Gewichtung der Goldreserven sind vor allem die Ziele Sicherheit und Handelbarkeit, um Gold bei Bedarf verkaufen oder in Fremdwährungen tauschen zu können.“
Was für eine Goldverwahrung im Ausland spricht
London gilt als weltweit größter außerbörslicher Handelsplatz für physisches Gold. Einer der größten börslichen Umschlagplätze ist die New Yorker Warenterminbörse Comex. Im Krisenfall könnte der Bund das Edelmetall also direkt dort, wo es lagert, in eine andere Währung tauschen.
Das hält auch Arthur Enders, Portfoliomanager bei Rheinische Portfolio Management, für entscheidend: „Die Lagerung eines Teils der Goldreserven im Ausland hat auch heute noch strategische Vorteile.“ Wer Reserven in New York und London halte, bleibe flexibel, könne schnell reagieren und verfüge im Zweifel über einen strategischen Hebel im Krisenfall. „Eine hundertprozentige Rückführung nach Deutschland würde diese Optionen beschneiden.“
Die Sorge um verlorenes deutsches Gold in New York oder London sei emotional verständlich, aber sachlich überzogen: „Diese Lagerstätten gehören zu den sichersten und am besten überwachten der Welt. Es gibt keine belastbaren Hinweise, dass deutsche Bestände dort gefährdet wären oder nicht jederzeit verfügbar gemacht werden könnten“, ordnet der Portfoliomanager ein.
„In einer Zeit, in der Eigennutz mehr zählt als wechselseitiges Vertrauen und man sich der Loyalität der Partner nicht mehr sicher ist, mag Sorge um die Sicherheit des Goldes nachvollziehbar erscheinen“, meint auch David Bienbeck, Vorstand der Vermögensverwaltung Albrech & Cie. aus Köln. Allerdings: Im Krisenfall könne die Lagerung im Inland kontraproduktiv sein, weil das Prozesse und Logistik erschweren würde. „Weiterhin gibt es eben auch eine regionale Diversifikation, immerhin sind die USA – trotz der Skepsis infolge der schrillen Töne in der Politik – schon geografisch ein sicherer Hafen“, sagt Bienbeck.
Erste Rückholaktion für Goldbarren startete 2013
Dabei wäre es nicht die erste Rückholaktion für deutsche Goldbestände aus dem Ausland. Bis zum Jahr 2013 lagerte nämlich nur ein Drittel des deutschen Goldes im Inland – die restlichen zwei Drittel verteilten sich auf Frankreich, Großbritannien und die USA. Auch damals wurde das Thema in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert: Viele befürchteten, dass das Gold in New York nicht sicher und im Krisenfall nicht verfügbar sei.
Die damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Mißfelder und Marco Wanderwitz zweifelten öffentlich an, dass die Goldbarren überhaupt noch vollständig seien. Ihnen war zuvor in New York bei der Fed die Einsicht in Tresore verwehrt worden. Sogar der Rechnungshof forderte anschließend eine Inventur und die Prüfung der Goldbestände im Ausland.
Die Bundesbank versicherte stets, dass das Gold im Ausland sicher sei, beugte sich aber dem öffentlichen Druck. Bis zum Jahr 2017 holte die Notenbank insgesamt 674 Tonnen Gold aus New York und Paris nach Frankfurt. Kostenpunkt für die Verlagerung – inklusive Echtheitsprüfungen und Umschmelzung: 7,7 Millionen Euro.
Bei der Banque de France lagern seither keine deutschen Goldreserven mehr. „Da sowohl Deutschland als auch Frankreich Mitglieder der Eurozone sind, erschien eine Lagerung in Paris wirtschaftlich wenig sinnvoll – zumal Paris, im Gegensatz zu London, kein bedeutender internationaler Handelsplatz für Gold ist“, ordnet Manuel Zeuch von DJE ein.
Viele Notenbanken wollen ihr Gold ins eigene Land holen
Deutschland steht mit der Diskussion um die Verlagerung der Goldbestände ins eigene Land nicht allein da, zeigt ein Report des Vermögensverwalters Incrementum. „Dieser Prozess hat seit 2011 erheblich an Dynamik gewonnen“, schreiben die Autoren Ronald-Peter Stöferle und Mark Valek. Rund um den Globus habe es im vergangenen Jahrzehnt diverse Rückholaktionen gegeben.
Das Einfrieren der russischen Devisenreserven durch den Westen habe viele Zentralbanken aufgerüttelt und dazu veranlasst, „die Risiken der Goldlagerung im Ausland neu zu bewerten“, so die Analyse der Goldexperten. Die Gründe seien jedoch vielfältig und reichten von dem Wunsch nach einfacheren Überprüfungen, geringerer Abhängigkeit und stärkerer wirtschaftlicher Souveränität bis hin zur Angst vor Sanktionen. Zudem seien die Bemühungen Ausdruck „des schwindenden Vertrauens der Zentralbanken untereinander und in das globale Finanzsystem sowie des Versuchs der Zentralbanken, angesichts der neuen geopolitischen Realitäten neue sichere Häfen zu finden“.
Goldreserven im Ausland „historisch und marktbedingt“ gewachsen
Warum liegt überhaupt deutsches Gold in Tresoren im Ausland? Das habe sich historisch und marktbedingt so ergeben, „weil das Gold teilweise an diesen Handelsplätzen an die Bundesbank übertragen wurde“, erklärt die Notenbank auf ihrer Website. Nach dem zweiten Weltkrieg trat Deutschland in den 1950er Jahren dem US-amerikanischen Bretton-Woods-System und der Europäischen Zahlungsunion (EZU) bei. In den Abkommen war geregelt, dass Länder mit Leistungsbilanzdefiziten, also mehr Importen als Exporten, Staaten mit Leistungsbilanzüberschüssen, die also mehr exportieren als importieren, Gold überschreiben müssen.
Nach 1951 konnte die Bundesrepublik auf diese Weise Schritt für Schritt Goldreserven aufbauen. Mit 4.034 Tonnen kletterte das Goldvermögen Deutschlands 1968 auf einen Höchststand. Anfang der 1970er Jahre brach das Bretton-Woods-System – das ein internationales Währungssystem mit dem US-Dollar als Leitwährung schaffen sollte – zusammen und wurde wenig später ausgesetzt. Das Gold blieb aber zunächst in Tresoren in Paris, London und New York.
Mehr als 70 Jahre später flammt die Diskussion um die Sicherheit des deutschen Goldes im Ausland nun wieder auf – und dürfte, solange Trump die USA regiert und weltweite Krisen die Nachrichtenlage bestimmen, anhalten. Ob die Bundesbank ihren Kurs auch dieses Mal ändert, bleibt abzuwarten.



