Grenzüberschreitende Kreditvergabe „Das Vertrauen in die Währungsunion ist zurückgekehrt“
Verhältnisse haben sich normalisiert
Jetzt kommt die gute Nachricht. Auch die auf dem Misstrauen beruhenden Target-Salden erhöhen sich nicht mehr. Die Banken sind wieder bereit, sich gegenseitig Kredit zu gewähren. Wenn ein Saldo auftritt, wird er von den beteiligten Kreditinstituten in die eigenen Bücher genommen. Der Geldverkehr im Euroraum funktioniert nicht mehr anders als der auf den nationalen Märkten.
Daran ändern auch die immer noch bestehenden Probleme im Euro nichts. Siehe zum Beispiel die Streitereien zwischen Rom und Brüssel seit letztem Jahr über zu hohe italienische Budgetdefizite und über ein mögliches Defizitverfahren. Die deutschen Banken waren auch in dieser Zeit weiterhin bereit, Italien Linien einzuräumen. Die Verhältnisse im Euro haben sich normalisiert. Die Target-Salden bleiben gleich. Es ist nicht viel anders als in den zehn Jahren vor den Krisen, nur leider auf höherem Niveau.
»Die neuen Target-Salden sind etwas ganz Anderes.«
Martin Hüfner, Assenagon Asset Management
So schön so gut. Es bleibt aber ein Schönheitsfehler. Wenn alles wieder so gut ist, warum werden dann nicht auch die Bestände der Salden abgebaut, die bis jetzt aufgelaufen sind? Warum gehen sie nicht auf null zurück? Nach dem Höhepunkt der Eurokrise 2012 wurden die Salden ja auch eine Zeitlang abgebaut.
Das hat viele Gründe. Zum einen bewegen wir uns noch auf dünnem Eis. Es dauert eine Weile, bis das Ende der Krise überall in den Köpfen angekommen ist und die Risiko-Manager der Banken grünes Licht geben. Zum anderen handelt es sich um riesige Beträge, bei denen es Zeit braucht, um sie abzubauen. Hinzu kommt, dass Deutschland durch seine Leistungsbilanzüberschüsse Monat für Monat neue Forderungen aufbaut, die von den Partnerländern absorbiert werden müssen. Auch das ist ein Batzen Geld.
Target-Salden werden nicht weniger
Es kommt aber noch schlimmer. Wegen der niedrigen Inflation und der schlechten Konjunktur ist damit zu rechnen, dass die EZB die Wertpapierkäufe wieder aufnimmt. Damit entstehen neue Target-Salden. Sie werden also nicht weniger, sondern eher mehr.
Aber, und das ist wichtig: Die neuen Target-Salden sind etwas ganz Anderes als die bisherigen. Davor müssen wir keine Angst mehr haben. Sie sind nicht mehr ein Symptom von Krisen und mangelndem Vertrauen. Sie sind ein Kollateralschaden der Geldpolitik. Gegenpol sind auch nicht mehr Schulden Italiens oder Spaniens, sondern zunehmend Verbindlichkeiten der EZB. Man sollte darüber nachdenken, ob bei den Wertpapierkäufen nicht Lösungen möglich sind, die Salden zu vermeiden.
Das ist wichtig für den Anleger
Die Normalisierung der Target-Salden ist ein gutes Zeichen für die Kapitalmärkte. Der Euro wird stärker. Für die Banken fallen Risiken weg. Freuen wir uns aber nicht zu früh. In den letzten Monaten sind neue Risiken dazugekommen. Per Saldo ist das Umfeld der Märkte eher schwieriger geworden.