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Griechenland-Krise Pandoras Büchse ist geöffnet

Salman Ahmed, Global Strategist und Portfolio Manager bei Lombard Odier Investment Managers
Salman Ahmed, Global Strategist und Portfolio Manager bei Lombard Odier Investment Managers
Die Zahl der Nein-Stimmen hat dieser gesamten Situation eine neue Dimension hinzugefügt, da dies Tsipras Haltung (hinter der nun die Mehrheit der Griechen steht) in den weiteren Verhandlungen mit den Geldgebern stärkt. Doch selbst wenn die Gläubiger diese Entwicklung als eine Veränderung der Ausgangsbasis anerkennen, die sie zwingt, ihre Haltung zu überdenken, so erhöht dies doch ganz erheblich die Wahrscheinlichkeit eines Grexit.

Schließlich ist ohne eine Einigung schwer vorstellbar, wie der griechische Bankensektor wieder öffnen soll. Das wiederum erhöht signifikant die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland eigene Schuldscheine, egal ob Bezugsschein oder Parallelwährung (englisch IOU), ausgibt, um die eigene Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Eine Emission von IOUs aber wäre eindeutig ein Vorbote eines möglichen Grexit. Dennoch, bevor der IOU-Weg beschritten wird, gibt es noch andere Optionen, wie einen Haircut auf Spareinlagen, was beiden Parteien mehr Zeit verschaffen würde.

Der Ball ist jetzt bei der Eurozone

Wie wir bereits in den vorherigen Beiträgen diskutiert haben, spielt das griechische Schuldenthema für Risiko-Assets insbesondere von der politischen und weniger von der finanziellen Seite her eine gewichtige Rolle. Die EU muss nun auf höchster Ebene entscheiden, ob es Sinn macht, Griechenland zu erlauben, aus dem Projekt quasi heraus zu taumeln. Schließlich könnte dies die Irreversibilität der Währungsunion stark in Frage stellen. Letztlich dürfen wir aber auch nicht vergessen, dass Griechenland für weniger als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der Eurozone steht und dass die Wirtschaftsleistung des Landes kleiner ist als die von Mailand.

In den kommenden Tagen wird es entscheidend sein, ob die EU zu ihrer Haltung, die sie vor dem Referendum innehatte, steht. Das gilt umso mehr, da der Internationale Währungsfonds (IWF) und die USA bereits darauf hingewiesen haben, dass es angesichts der mangelnden Nachhaltigkeit des griechischen Schuldenprofils notwendig ist, sich mit einem Schuldenerlass für Griechenland zu beschäftigen. Allerdings hat der IWF auch festgestellt, dass die Haltung der griechischen Regierung die Situation verschlimmert hat.

Kurzfristige Folgen: Negativ für risikobehaftete Assets / Warten auf die EZB

Kurzfristig sind die Ereignisse als klar negativ für risikobehaftete Anlagen einzustufen, da die Märkte, als sie ins Wochenende gingen, eine viel höhere Wahrscheinlichkeit für ein Ja eingepreist hatten. Wir gehen davon aus, dass der Euro/Dollar-Kurs unter Druck kommt und dass es heute auch der Ausweitungsdruck auf die Renditedifferenzen der Peripherie-Staatsanleihen (bei einer Ausweitung auch Unternehmensanleihen) hoch sein wird. Allerdings werden die Kursbewegungen dabei wohl vor allem von den Schlagzeilen der Medien dominiert werden.

Wie allerdings schon im Beitrag vom 29. Juni erwähnt, ist die aktuelle Situation nicht mit 2011/12 vergleichbar, da die heute verfügbaren Schutzmechanismen viel stärker sind als vor drei Jahren. Sollte es in den kommenden Tagen zu einer Eskalation an den Märkten kommen, gehen wir in der Tat davon aus, dass die EZB aktiv werden wird und zwar sowohl im Rahmen ihrer Kommunikation, als auch mit Taten. Ob dies dann ausreicht, um die Entwicklung einzudämmen, wird von der „Bazooka“ abhängen, die das EZB-Management auspackt.

Schlüsselereignisse, auf die Investoren achten sollten

Ein erster Punkt für die weitere Entwicklung wird sein, wie sich die EZB bezüglich der Notkreditlinie ELA entscheidet. Denn dies hat maßgeblichen Einfluss darauf, ob Griechenland den IOU-Weg in den kommenden Tagen beschreitet. Zweitens ist der 20. Juli, an dem eine Zahlung an die EZB fällig wird, von immenser Bedeutung, da ein erneuter Zahlungsausfall die griechische Staatspleite bestätigen würde. Zusätzlich würde eine geänderte EU-Haltung (wenn es sie denn gibt) erhebliche Konsequenzen haben. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Unsicherheit angesichts fehlender Klarheit und weiterer Verhandlungsrunden hoch bleiben wird.

Nach den nächsten paar Tagen wird der scharfe Rückgang in der wirtschaftlichen Aktivität Griechenlands sicherlich heftige soziale Folgen haben und es muss sich erst noch zeigen, ob die Syriza-Regierung diese heftigen wirtschaftlichen Leiden, die dem griechischen Volk nun bevorstehen, übersteht. Wir haben noch keinen Grexit, aber wir sind auf dem Weg dorthin und eine Emission von IOUs wird uns genau dorthin bringen, was bislang als undenkbares Ereignis (oder, anders ausgedrückt, als Eintritt eines schwarzen Lochs) angesehen wurde. Die Nachricht von heute Morgen, dass Finanzminister Varoufakis zurückgetreten ist (trotz der überwältigenden Nein-Stimmen) zeigt aber auch, dass es noch jede Menge Unwägbarkeiten und überraschenden Wendungen in dieser Story geben kann.

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