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Großer Altersvorsorge-Rountable 8 Experten über Altersarmut, Produktkosten und Berater-Anforderungen

Von in Lebensversicherer in der NiedrigzinsphaseLesedauer: 10 Minuten

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Nehmen wir noch ein weiteres Kostenthema auf. Vielfach finden sich in Versicherungsprodukten aktiv gemanagte Fonds. Diesen wird vorgehalten, in großer Zahl der Fälle ihre Benchmark nicht zu schlagen. Im Gegenzug werden ETFs empfohlen. Wie sehen Sie das?

Kessler: Wenn man sich den Erfolg der ETFs bei Vermögensverwaltungsfonds ansieht, zeigt das, wohin die Reise geht. Darum nutzen wir, wo immer es möglich ist, bei der strategischen und taktischen Asset Allocation den günstigsten ETF – und zwar einen realen, keinen synthetischen.

Neus: ETFs und passives Investieren stellen uns sicherlich vor eine Herausforderung: nämlich zu erklären, warum man weiter-hin zu aktivem Management steht. Wenn der Portfoliomanager seinen Job richtig macht, generiert er einen Mehrwert. Dass dies nicht immer funktioniert, ist klar. Und wenn es darum geht, Kosten zu sparen, und die Fondshülle so günstig wie möglich zu bekommen ist, gibt es praktikable Lösungen bei einem aktiven Manager. Zudem zeigt sich in bestimmten Anlageklassen, dass aktives Management die bessere Wahl ist. Richtig ist auch: In bestimmten Fällen nutzt auch ein aktiver Manager passive Strategien für seine Investments.

Stenger: Für eine taktische Beimischung kann ein ETF das Mittel der Wahl sein. Doch wenn der Berater mit dem Endkunden direkt in ETFs geht, dann ist das zwar vergleichsweise günstig, aber wo bleibt die Sicherheit, die der Kunde sucht? Insofern kommt da wieder das aktive Asset-Management an den Start.

Zech: Die Beratungsleistung muss klar über die reine Kostendiskussion hinausgehen. Wir haben heute die Situation, dass der Kunde sich via Internet ganz schnell Informationen auch zu den Kosten besorgen kann. Das heißt, heute muss der Berater ihm wirklich einen Mehrwert aufzeigen. Insofern liefert die Beratung für den Kunden einen Wert an sich. Und der Kunde ist dankbar, wenn er aus dem Tal der Unsicherheit herauskommt. Ob das am Ende bei der Rendite 0,1 oder 0,2 Prozentpunkte mehr oder weniger sind, ist dann nicht so dramatisch – entscheidend ist der passen-de, kundenindividuelle Beratungsansatz.

Geißler: Das würde ich unterstreichen. Unsere Markterhebungen zeigen: Diese ganze Transparenzdiskussion hat die Krux für den Verbraucher, dass er zwar ganz viele Informationen bekommt, aber dass er diese im Endeffekt nicht versteht. Von daher hat der Berater tatsächlich nach wie vor eine Übersetzerfunktion.

Die Beratungs- und Vermittlungsleistung für die Massen wollen aber auch FinTechs übernehmen. Unseres Wissens nach sollen allein in Deutschland gegenwärtig 43 Versicherungs-FinTechs am Start sein. Eine echte Bedrohung für den traditionellen Vertrieb?

Opel: Das kommt darauf an, über welches Produkt wir sprechen. Ich kann mir schwer vorstellen, dass eine bAV, eine Berufsunfähigkeitsabsicherung oder andere Lebensversicherungsprodukte, die komplizierter sind und die zum Beispiel Gesundheitsdaten und finanzielle Angaben erfordern, einfach per Smartphone in großen Mengen abgeschlossen werden. Ich glaube auch nicht, dass alle 43 genannten Versicherungs-FinTechs überleben werden. Aber solche, die beispielsweise eng mit Maklerhäusern zusammenarbeiten oder selbst eines sind, haben vielleicht eine bessere Chance, indem man ein Hybridmodell mit einem realen Berater anbietet. Denn wenn ich die Rendite erst über Steuererleichterungen oder andere Instrumente erreichen kann, benötige ich in der Regel jemanden, der mich persönlich berät und mich beim Ausfüllen der Anträge und Formulare unterstützt. Daher: Digitalisierung in der Beratung ja, aber mit bei Bedarf zuschaltbarem persönlichen Vermittler.

Nobis: Ich sehe für die FinTechs durchaus eine Zukunft. Das wird sich noch eine Zeit hinziehen, und es wird wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren Parallelwelten geben. Ich denke auch, dass es Berater geben wird, die die persönliche Beratung bei komplexen Produkten umsetzen und einfache Produkte über FinTechs verkaufen. Aber wenn ich die Internetnutzung meine Kinder so anschaue, die sind 19 und 17 Jahre alt, dann glaube ich, dass wir in 20 Jahren einen komplett anderen Markt haben. Und ich glaube, dass wir dann auch bei komplexen Produkten durchaus kompetente Beratungslösungen im Internet finden werden.

Neus: Heute ist doch 50 das neue 35. Also kann sich ein 50-jähriger Berater nicht hinstellen und sagen, dass ihm die Digitalisierung egal ist. Wer das denkt, wird früher oder später gegen die Wand laufen. Das gilt für die Versicherungsbranche, gilt aber auch für die Investmentbranche. Und auch ein 50-jähriger Kunde, das ergibt manche Studie, holt sich im Internet wesentliche Informationen. Deswegen muss der Vermittler proaktiv sein, sich auf veränderte Beratungssituationen einstellen und den Fragen von immer besser informierten Kunden Rede und Antwort stehen.

Geißler: Was die Vergleichsportale tatsächlich momentan den traditionellen Finanzhäusern voraushaben, ist einfach, dass sie in Ansätzen verstehen, wie online und digital funktioniert. Darum haben die FinTechs einen großen Vorteil. Ob sie dann tatsächlich am Ende des Tages die PS auf die Straße bringen, bleibt noch mal abzuwarten. Doch die Generationen, die jetzt kommen, haben ein anderes Kommunikationsverhalten, sind komplett online, werden im Moment bei komplexen Finanzprodukten noch allein gelassen. Die Frage ist, wer sie als Erstes abholt. Und meine Hypothese wäre: Derjenige holt die Kunden ab, der ihre Sprache spricht. Und das können die FinTechs bei jungen Zielgruppen besser.

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