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Grüne Welle

Aktualisiert am Lesedauer: 8 Minuten
Freie Fahrt für Agrar-Firmen: Ein Ende des Acker-Booms ist nicht in Sicht. Anleger sollten das neue Investment-Feld jetzt erschließen.

Als Bauer hat man es nicht leicht an der Börse. Niemand weiß das so gut wie Siegfried Hofreiter. Als der 45-jährige Landwirt am 15. November 2007 als erster Bauer Deutschlands am Aktienmarkt startet, rutscht der Kurs seiner KTG Agrar schon nach wenigen Minuten ab. Seit der Erstnotiz hat die Aktie fast 20 Prozent verloren.
Als Bauer ist Hofreiter die direkte Verbindung zwischen Acker und Anleger. Er baut Getreide, Mais, Raps, Kartoffeln und Zuckerrüben an. Die Preise dieser Agrar- Rohstoffe, englisch Soft Commodities, steigen seit rund einem Jahr. So kostet ein Scheffel (27 Kilogramm) Weizen inzwischen doppelt so viel wie noch vor zwölf Monaten. Hofreiter kann seine Produkte teurer verkaufen, die Einnahmen und damit sein Gewinn steigen. Das wird an der Börse belohnt, so die Theorie. Dennoch konnten sich die Acker-Aktien nicht von der allgemeinen Stimmung an den Börsen abkoppeln. Und die war mies. Erst seit einigen Wochen steigt der KTG-Kurs wieder.

Dürre bei direkten Investments

Die Aktie von Bauer Hofreiter war nicht das einzige Feld-Investment, dem in der Vergangenheit eine reiche Ernte verwehrt blieb. Auch Rohstoffzertifikate, mit denen Anleger am Terminmarkt in Kaffee, Kakao und Co. investieren, haben die Rally zum Großteil nicht mitgemacht. Der Grund sind paradoxerweise die erwarteten Preissteigerungen. Die Emittenten müssen bei einem endlos laufenden Zertifikat kurz vor Fälligkeit den Lieferschein in einen länger laufenden Kontrakt tauschen, wollen sie nicht unter Rohstoffbergen begraben werden. Wegen der bereits enthaltenen Preissteigerung sind die neuen Kontrakte mit späterer Lieferung jedoch teurer als die auslaufenden. Das sorgt für Verluste, die das Zertifikat erst einmal aufholen muss, damit Anleger Gewinn machen.
Jenseits der Ackerkrume war mit Aktien der Agrar-Wirtschaft gleichwohl gutes Geld zu verdienen. Der im Juli 2007 gestartete Index Daxglobal Agribusiness erzielte bis Anfang April trotz der jüngsten Turbulenzen ein Plus von 14,4 Prozent. Er enthält die 47 weltweit wichtigsten Unternehmen der Agrar-Wirtschaft. Mit dem Begriff Agribusiness, aus den englischen Wörtern „agriculture“ und „business“ zusammengesetzt, werden die der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Bereiche bezeichnet: vom Boden über das Saatgut, Dünger, Pflanzen schutzmittel, Bewässerung, Ernte und Verarbeitung bis zum Vertrieb. Im Index finden Anleger also neben Landmaschinenbauern, Saatgut- und Düngemittelherstellern auch Firmen aus der Lebensmittellogistik.

Traktoren auf Rendite-Fahrt

Der Großteil dieser Firmen ist auf der Überholspur. Seit Ende März 2007 hat beispielsweise die Aktie des Traktorenkonzerns Deere & Company um 41,3 Prozent zugelegt. Der Weltmarktführer im Bereich Landtechnik veranstaltete 2007 die größte Produktpräsentation aller Zeiten. Mit noch stärkeren, satellitengesteuerten Hightech-Maschinen will das US-Unternehmen die Arbeit der Bauern einfacher und effizienter machen. Doch auch im Lowtech-Bereich gelang dem Maschinenhersteller ein Coup: Er übernahm den chinesischen Hersteller Benye, der sich auf günstige, kleine Traktoren spezialisiert hat – ideal für die aufstrebenden Äcker Asiens.
Doch wer glaubt, dass dies schon das Ende der Fahnenstange ist, irrt. Der Markt wächst weiter. „Die Aufwärtsbewegung bei Agrar-Rohstoffen steht erst am Anfang“, sagt Johann Schmalhofer, Bauer und Agrar- Analyst in Personalunion. Der 47-Jährige plant mit seinem Hof zwar keinen Börsengang, ist aber dennoch optimistisch. Er nennt einen ganz pragmatischen Grund: die Vergangenheit. Die Rohstoffzyklen der vergangenen 200 Jahre seien immer nach demselben Schema abgelaufen. „Zuerst beginnt der Energiesektor, gefolgt von Edel- und Industriemetallen. Zum Schluss kommt immer der Agrar-Sektor“, so Schmalhofer. Der Boom auf dem Acker sei darum ein „Langfristtrend“, der mindestens noch sechs, sieben Jahre dauern werde.
Der prominenteste Prediger steigender Rohstoffpreise, der amerikanische Milliardär Jim Rogers, ist auf Schmalhofers Seite: „Wenn ich sage, wie bullish ich für Agrar- Rohstoffe bin, dann würden Sie sagen, dass ich den Raum verlassen soll“, so Rogers kürzlich auf einer Tagung in Tokio. „Die Preise für Agrar-Rohstoffe werden explodieren. Die Lagerbestände von Lebensmitteln sind auf dem tiefsten Stand seit mehr als 40 Jahren. Die Anbaufläche für Weizen ist seit mehr als 30 Jahren rückläufig.“

Knappes Gut, üppiger Preis

Was vor einigen Jahren noch undenkbar war, ist heute Realität: Statt Milchseen und Butterberge zu produzieren, kommen die Bauern mit dem Ernten kaum noch nach. Die Gründe für die Knappheit sind so einfach wie beeindruckend. Die Weltbevölkerung wächst rasant. Bis 2050 haben rund zwei Milliarden mehr Menschen Appetit auf Bier, Brot und Bratwurst. Dank der steigenden Einkommen in den Schwellenländern, allen voran in China und Indien, ändert sich zudem das Essverhalten in einem Großteil der Welt: Statt auf Gemüse, Reis und Tee haben immer mehr Menschen Lust auf Pizza, Steak und Kaffee.
In China etwa hat sich der Pro-Kopf- Fleischkonsum in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt, liegt aber immer noch unter dem Niveau der westlichen Länder. Um ein Kilo Rindfleisch zu produzieren, sind rund 10 Kilo Getreide nötig. Das Land der Mitte hat ein Viertel der Weltbevölkerung zu ernähren, verfügt aber nur über 10 Prozent der Anbaufläche. Die Folge: China kauft die Weltmärkte leer. Zudem macht der hohe Ölpreis Biokraftstoffe aus Mais, Raps, Soja oder Zucker immer attraktiver. Was jedoch nicht auf dem Teller, sondern in Tanks oder Trögen landet, lässt die Nachfrage noch weiter steigen.
Im Gegensatz zur scheinbar unbegrenzten Nachfrage sind die Anbauflächen durchaus begrenzt. Seit rund 30 Jahren stagnieren sie bei etwa 1,5 Milliarden Hektar. Immer häufiger werden Äcker durch Weideland verdrängt. Zusätzlich gehen durch den Klimawandel Anbaufläche und Ertrag verloren. Wüsten breiten sich aus, Stürme vernichten Ernten. In Studien wird davon ausgegangen, dass der Wetterumschwung bis zu 30 Prozent der weltweiten Getreideernte bedrohen könnte.
Alles, was knapp ist, steigt im Preis. Das ist schlecht für Verbraucher, aber gut für Bauern – und die Firmen der Agrar-Wirtschaft. Denn wer gut verdient, will investieren. In einer Studie des Deutschen Bauernverbands sagten 45 Prozent der befragten Landwirte, dass sie 2008 Ausrüstung kaufen wollen. Die Investmentbank Bear Stearns kam in ihrer Erhebung unter US-Farmern zu ähnlichen Ergebnissen: 57 Prozent wollen 2008 investieren. Und in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion warten nicht nur Millionen Hektar brachliegenden Ackerlands auf ihre Bestellung, auch ein Heer von alten, rostigen Traktoren will ersetzt werden.
Trotz der bereits stark gestiegenen Kurse der Agrar-Firmen ist es für einen Einstieg darum noch nicht zu spät. Einzelne Aktien sind allerdings recht riskant, wie die Talfahrt der KTG Agrar von Bauer Hofreiter zeigt. Wer nicht ganz so starke Nerven hat, ist darum besser mit einem Fonds oder einem Index- beziehungsweise Basket-Zertifikat beraten.
Vier Fonds und sieben Zertifikate haben Anleger auf dem deutschen Markt zur Auswahl. Mit den Zertifikaten investieren sie in der Regel in ein recht überschaubares Acker-Konzentrat, das seine Risiken und Chancen birgt. Auf lediglich 16 Unternehmen etwa setzen das Agrikultur Aktiv Zertifikat von DWS Go und das Agrar-Rohstoffaktien Indexzertifikat von Vontobel. Unterboten wird dies nur noch vom UBS Agrichemical Index-Zertifikat, das die zehn größten Unternehmen aus den Bereichen Düngemittel und Agrar-Chemie bündelt.
Aber auch das Agrar-Strategie- Zertifikat von HSBC und das SBox ZJ Agribusiness Index- Zertifikat der Deutschen Bank sind mit 20 Einzelwerten noch deutlich riskanter als die breiten Partizipationszertifikate von ABN Amro und Goldman Sachs, die die Entwicklung des Daxglobal Agribusiness Index abbilden und damit 47 Werte enthalten. Ein großer Vorteil des DWS-Go-Zertifikats ist das aktive Management. Im Gegensatz zu den traditionellen Indizes liegt der Fokus hier nicht automatisch auf den größten Werten, sondern auf den nach Einschätzung der DWS-Experten aussichtsreichsten. Und die haben ein gutes Händchen bewiesen: Das DWS-Zertifikat hat seit Auflegung im März 2007 ein Plus von 43 Prozent erzielt.
Deutlich breiter und daher etwas weniger riskant sind Anleger jedoch mit einem Fonds aufgestellt. Die Manager haben bisher allerdings keinen ganz so grünen Daumen bei der Titelauswahl bewiesen. Mit einem Plus von 0,2 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten liegt der DWS Global Agribusiness an der Spitze der Kategorie. Manager Oliver Kratz investiert mit Unterstützung von Ralf Oberbannscheidt weltweit in die gesamte Bandbreite der Agrar-Wirtschaft, vom Saatgut bis zum Schnitzel. 30 Prozent des Fondsvermögens dürfen auch in Unternehmen ohne Bezug zur Agrar- Wirtschaft investiert werden.

Breite Streuung, weniger Risiko

Die größte Titelposition des im November 2006 aufgelegten Fonds ist derzeit Archer- Daniels-Midland, einer der größten Verarbeiter und Veredler landwirtschaftlicher Produkte. Das US-Unternehmen übernimmt Ernten und verarbeitet sie, um Zutaten für Lebensmittel, Futtermittel, erneuerbare Kraftstoffe und natürliche Alternativen zu Industriechemikalien herzustellen. Auf Platz 2 folgt die Schweizer Syngenta, Marktführer in der Sparte Pflanzenschutz und erfolgreicher Hersteller von Saatgut. Drittgrößte Position ist der kanadische Getreidehändler Saskatchewan Wheat Pool – alles Werte, die auch im Daxglobal Agribusiness enthalten sind. Das Portfolio ist zudem recht breit gestreut, im Schnitt investiert der Fondsmanager in 60 bis 90 Titel. Große Wetten geht er dabei nicht ein; die zehn Schwergewichte machen aktuell 22,6 Prozent des Fondsvermögens aus. „Der Fokus liegt derzeit auf den Besitzern von Assets, interessant sind beispielsweise Kaliminen oder auch Fischfarmen“, erklärt Oberbannscheidt. Attraktiv seien auch Transportunternehmen wie Hafenbetreiber oder Containerschifflinien, „weil die Agrarprodukte ja irgendwie zu den Verbrauchern kommen müssen“, so der Berater.
Etwas dichter dran am Agrar-Geschäft, exotischer und konzentrierter ist der im Dezember 2006 aufgelegte Stabilitas Soft Commodities, den mittlerweile Wallberg Kapital verwaltet. Die Berater Eckart Keil und Werner Ullmann, Geschäftsführer der auf Rohstoffanlagen spezialisierten Investmentboutique Era Resources, haben in ihren größten Titelpositionen unter anderem den führenden kanadischen Holzproduzenten Sino Forest und den größten Rinderzüchter Australiens, Australian Agricultural. „Die wichtigste Antriebsfeder für einen steigenden Holzverbrauch ist die Steuer, die Russ - land auf Holzexporte nach China erheben will“, sagt Tobias Tretter aus dem Era-Team. Auf Platz 1 liegt der kanadische Düngemittelhersteller Agrium. Nur Letzteren finden Anleger auch im Daxglobal Agribusiness.
Die zehn größten Aktien machen 50 Prozent des Portfolios aus. Der Stabilitas Soft Commodities hat darum im Vergleich zum DWS-Fonds ein etwas höheres Risiko, wie die Zwölf-Monats-Performance zeigt. Der Agrar-Fonds machte ein Minus von 19,9 Prozent. Zudem ist er mit einem Volumen von 7 Millionen Euro noch sehr klein.
Wer nicht ganz so speziell auf das Agrar- Thema setzen will, für den kommt auch der Robeco Food & Agri Equities infrage. „Der Fonds investiert in alle Basiskonsumgüter“, erklärt Manager Gertjan van der Geer. Dazu zählen neben den Agrar-Firmen auch Unternehmen aus den Bereichen Lebensmittel, Haushaltswaren, Tabakprodukte und Körperpflegeartikel. „Der wachsende Wohlstand in den Schwellenländern führt dazu, dass immer mehr Dinge des täglichen Bedarfs nachgefragt werden“, so van der Geer. „Der Verkauf von Bier, Schnaps, Kosmetika und Tabak nimmt deutlich zu.“ Er investiert darum verstärkt in Unternehmen, die einen Großteil ihrer Waren in den Schwellenländern absetzen. Rund 50 Titel hat er in seinem Portfolio. Die zehn größten Werte machen zusammen 39,5 Prozent aus. Doch auch der Robeco-Fonds liegt im Minus: In den vergangenen zwölf Monaten verlor er 7 Prozent.

Auf sicherem Boden

Wer ganz und gar ohne Verlustrisiko in die Landwirtschaft investieren will, kann seit April dieses Jahres auf einen Garantiefonds aus dem Hause DWS setzen. Mit dem Agrix Garant 2013 (WKN: DWS OPT) bekommen Anleger am Ende der Laufzeit mindestens ihr eingezahltes Geld wieder zurück, abzüglich des Ausgabeaufschlags. Der hauseigene Index Agrix Conservative Strategy enthält Unternehmen aus der gesamten Nahrungsmittel-Wertschöpfungskette. Die KTG Agrar von Bauer Hofreiter ist jedoch nicht enthalten. Auch die übrigen Fonds und Zertifikate verschmähen die Acker-Aktie im Moment noch.

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