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Grünes Geld „Nachhaltiges Investieren sollte nicht nur das Gewissen beruhigen“

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Um nun konkret nachhaltig wirtschaftende Unternehmen zu finden gibt es unterschiedliche Ansätze. Das wohl verbreitetste Konzept ist der Best-in-Class-Ansatz. Hier werden aus einem großen Anlageuniversum jene Konzerne ausgewählt, die die besten Nachhaltigkeitsleistungen ihrer Branche erbringen. Diese Unternehmen sind also keine „nachhaltigen“ Gesellschaften in engerem Sinne, sondern solche, die überzeugend darlegen, dass sie umwelt- und sozialverträglich wirtschaften. Im Prinzip ein guter Ansatz, da Unternehmen branchenübergreifend angespornt werden, möglichst nahhaltig zu agieren. Der große Nachteil: Auch Rüstungs- oder Tabakkonzerne, die ressourcenschonender und sozialverträglicher handeln als ihre Wettbewerber, erhalten bei diesem Konzept ein Sustainability-Prädikat. Doch will ein Anleger, der ethisch korrekt investieren möchte, einen Rüstungs- oder Tabakkonzern in seinem Portfolio wiederfinden? Wohl eher nicht. Daher haben einige große Fondshäuser reagiert und sich Regeln auferlegt. Vor allem Tabakkonzerne stehen bei ihnen auf der roten Liste und sind für alle nachhaltigen Indexfonds ausgeschlossen.

Teufel liegt im Detail

Andere Ansätze zielen direkt auf das Geschäftsmodell eines Unternehmens ab. Hier werden nur jene Firmen als ethisch korrekt eingestuft, die einen Großteil ihres Umsatzes in offenkundig nachhaltigen Geschäftsfeldern erwirtschaften. Das reicht von Fahrradproduzenten über Betreiber von Wasserkraftwerken bis hin zu Herstellern homöopathischer Mittel. Doch auch bei diesem Ausschlusskriterium liegt der Teufel im Detail. Denn nur weil ein Unternehmen Fahrräder verkauft, muss es nicht unbedingt nachhaltig agieren. Es kann beispielsweise unnötig viel Energie in der Produktion verschwenden oder eine schlechte Mitarbeiterführung haben. Die Beispiele zeigen: Ein wirklich nachhaltiges Portfolio zusammenzustellen ist keine einfache Aufgabe. Und letztlich eine Frage der Definition. Aus deutscher Sicht werden zum Beispiel Investitionen in Atomkraftwerke meist nicht als nachhaltig empfunden. In Frankreich hingegen schon, da Kernkraftwerke kaum CO2 produzieren.

Inzwischen hat sich die Politik des Themas angenommen. Die Europäische Union (EU) will dafür sorgen, dass Nachhaltigkeitsthemen in der Asset Allocation stärker berücksichtigt werden. Die Idee dahinter: Damit die EU ihre Klima- und Energieziele bis 2030 erreichen kann, müssten 180 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich investiert werden. Aus Sicht der EU kommt der Finanzwirtschaft dabei eine Schlüsselrolle zu, da eine bewusste Steuerung von Geldströmen die nachhaltige Entwicklung der Gesamtwirtschaft beeinflussen könne.

EU-Kommission und Europäisches Parlament arbeiten deshalb an verschiedenen Gesetzgebungsinitiativen. Einer davon ist der „Action Plan: Financing Sustainable Growth“, der unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt. So sollen unter anderem Standards für Green Bonds entwickelt und Unternehmenslenker verpflichtet werden, konkrete Nachhaltigkeitsstrategien zu formulieren. Mitte des Jahres will eine Expertengruppe erste Vorschläge präsentieren. Während die Bundesregierung grundsätzliche ihre Unterstützung für das Vorhaben der EU signalisiert hat, sehen viele Vertreter der Finanzbranche die Pläne kritisch. Sie befürchten, dass die Aufsichtsbehörden unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit immer mehr Einfluss gewinnen möchten. Aus Sicht von Huber, Reuss & Kollegen ist die Skepsis berechtigt, da zu befürchten ist, dass ein neues Bürokratiemonster entsteht, welches den Spielraum einer verantwortungsvollen Kapitalanlage immer weiter einengt und ad absurdum führt.


Über den Autor:
Michael Reuss ist geschäftsführender Gesellschafter der Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung aus München.

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