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Von in Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)Lesedauer: 6 Minuten
Collage zur BU-Themenwoche mit Bild vom Bundesgerichtshof und einer Person mit einer verletzten Hand.
Ein im Januar veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofs stärkt womöglich die Stellung der Berufsunfähigkeitsversicherung im Vergleich zu Alternativ-Produkten. | Foto: Imago Images / Bihlmayerfotografie / Canva
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem aktuellen Urteil (Az.: IV ZR 498/21) für Klarheit in der Abgrenzung verschiedener Versicherungsprodukte im Bereich der Arbeitskraftabsicherung gesorgt. Die von manchen Experten und Juristen in bisherigen Kommentaren genannten weitreichenden Auswirkungen auf die Versicherungsbranche werden von den Produktgebern nach einer aktuellen Umfrage von DAS INVESTMENT allerdings im Kern bestritten.

Axa gewinnt gegen Verbraucherzentrale vor dem BGH

Zunächst zum konkreten Fall: Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Kündigung einer sogenannten Unfall-Kombirente durch die Axa. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Hamburg. Das höchste deutsche Zivilgericht stellte klar, dass das Produkt nicht als Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine ihr ähnliche Versicherung zu betrachten sei, sondern als Unfallversicherung einzustufen ist. Damit untermauerte der BGH das Recht der Versicherer, solche Produkte ordentlich zu kündigen, wie von der Axa tausendfach praktiziert, was bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht möglich wäre.

Relevanz hat das Urteil offenbar auch für Produkte wie Grundfähigkeitsversicherungen oder Schwere-Krankheiten-Versicherungen (Dread Disease). Nach Einschätzung verschiedener Rechtsexperten fallen sie nicht unter die speziellen Regelungen des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) für Lebensversicherungen, was ihre rechtliche Stellung schwächen könnte.

Rechtsanwalt sieht eindeutig Anwendung des Urteils auf andere Produkte

Rechtsanwalt Tobias Strübing von der Berliner Kanzlei Wirth schreibt: „Nach dem Urteil des BGH dürfte auch aus unserer Sicht vieles dafür sprechen, dass Schwere Krankheiten-, Grundfähigkeits- und Pflegeversicherungen oder ähnliche Produkte durch den Versicherer ordentlich gekündigt werden können, soweit das in den Bedingungen vereinbart ist. Das scheint in den meisten Fällen wohl recht wahrscheinlich.“

Das hat laut Strübing Folgen für die Beratungspraxis von Versicherungsvermittlern „Schwierig wird es nun leider für den Vermittler. Denn in der täglichen Praxis sollte der Vermittler natürlich die Bedingungen ansehen und den Kunden darauf hinweisen, dass abweichend von einer BU diese Versicherung jederzeit durch den Versicherer gekündigt werden könnte.“

Kunden sollten noch genauer hinschauen

Der BGH mahnt zur Vorsicht bei der Wahl von Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung und betont die Notwendigkeit, genau zu prüfen, welchen Schutz ein Versicherungsprodukt tatsächlich bietet und wie sicher dieser Schutz langfristig ist. Klar ist für die Karlsruher Richter dabei offensichtlich, dass Grundfähigkeits- und Dread-Disease-Policen nicht direkt an die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit gekoppelt sind.

Für Kunden wird damit eine umfassende Beratung und kritische Prüfung im Bereich der Arbeitskraftabsicherung umso wichtiger. Dazu passend betonte die unterlegene Verbraucherzentrale Hamburg nach dem Urteil, dass nur eine echte Berufsunfähigkeitsversicherung ausreichenden Schutz biete.

Manch Versicherer widersprechen Juristen-Einschätzung

Doch hat das Urteil auch tatsächlich konkrete Konsequenzen für die Produktentwicklung und -kommunikation der Anbieter? Müssen Versicherer in Zukunft vorsichtiger sein, wenn sie solche Grundfähigkeits-Produkte als Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung bewerben und ergeben sich neue Möglichkeiten, ein Kündigungsrecht einzuführen, die sie auch nutzen wollen? Ein erstes Stimmungsbild der Branche liefert eine klare Antwort, die Nein lautet.

Für manche Produktgeber ist die Schlussfolgerung, dass das aktuelle BGH-Urteil auf Grundfähigkeits- und Schwere-Krankheiten-Versicherungen anzuwenden ist, bereits falsch. Sie rechnen die Unfall-Kombirente, die Gegenstand des Verfahrens war, der Sachversicherung zu.

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Demnach betreffe das Urteil gar nicht die Geltung der Vorgaben zur Lebensversicherung (§§ 150 ff. Versicherungsvertragsgesetz). Und zu dieser Sparte zählen für einige der von DAS INVESTMENT befragten Anbieter, wie Canada Life, Barmenia Gothaer und Nürnberger, genau die Produkte, die bisher als alternative Arbeitskraftabsicherung angesehen werden und von diesen wohl auch in Zukunft so bezeichnet werden sollen.

Canada Life widerspricht am deutlichsten

So heißt es von der Canada Life: „Weder das Urteil des BGH erwähnt das Wort Arbeitskraftabsicherung noch die Bafin, da dies ein juristisch unbeachtlicher Oberbegriff für die Berufsunfähigkeitsversicherung und auch andere Invaliditätsversicherungen wie die Grundfähigkeitsversicherung, Schwerer-Krankheiten-Versicherung und auch die Funktionelle Invaliditätsversicherung ist. Das BGH-Urteil spricht von der Absicherung der Arbeitsfähigkeit, da der Gesetzgeber im Zuge der VVG-Reform anerkannt hat, dass es Erwerbsunfähigkeitsversicherungen als ‚kleine Berufsunfähigkeitsversicherungen‘ gibt, die entsprechend der BU behandelt werden sollte.“ 

Nur Hannoversche sieht Anpassungsbedarf

Lediglich ein Unternehmen sieht im Zuge des Urteils Handlungsbedarf. Von Hannoverschen Lebensversicherung heißt es: „Das Urteil und die Auswirkungen auf das Grundfähigkeits-Produkt der Hannoverschen werden derzeit analysiert. Als Lösung zeichnet sich eine entsprechende kundenfreundliche Klarstellung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ab. Die genaue Vorgehensweise wird aber noch in enger Abstimmung mit den zuständigen Gremien des GDV erarbeitet.“ Hierbei könnte es sich um einen freiwilligen Kündigungsverzicht in den AVB handeln,

In Sachen Kundenkommunikation prüfe man einen etwaigen weitergehenden Anpassungsbedarf über die bereits praktizierte Abgrenzung zwischen Berufsunfähigkeitsversicherung und Grundfähigkeitsversicherung hinaus.

Keine Nachteile für Kunden, kein Handlungsbedarf

Leben-Marktführer Allianz hält sich hingegen bedeckt, will das Urteil und die Urteilsbegründung erst auf grundsätzliche Wirkungen hin prüfen. Man könne aber schon sagen, dass es keine Nachteile für Allianz-Kunden mit Grundfähigkeitsversicherungen geben werde. Dieser Tenor fand sich wenig überraschend bei nahezu allen von DAS INVESTMENT angefragten Gesellschaften.

Die Baloise räumt immerhin ein, dass es nach ihrer Auffassung eine eindeutige Zuordnung von Grundfähigkeitsversicherungen nicht gibt. „Es gab immer wieder Diskussion bezüglich der Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung“, schreibt eine Sprecherin. Die Grundfähigkeitsversicherung könne in Einzelfällen der Arbeitskraftabsicherung dienen, müsse es aber nicht. Im Ergebnis sehe man nach dem Urteil keinen Anpassungsbedarf in der eigenen vertrieblichen Kommunikation.

Kein neues Kündigungsrecht geplant

Ein wesentlicher Grund, warum die meisten Versicherer keine große Wirkung des Urteils sehen, dürfte sein, dass die Produktgestaltungen bereits jetzt in der Regel auf ein ordentliches Kündigungsrecht verzichten beziehungsweise, dass dieses nur in wenigen Ausnahmefällen wie bei ausbleibender Beitragszahlung oder Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht vorgesehen ist.

Gleichzeitig äußern mehrere Unternehmen wie der HDI, Nürnberger, Swiss Life oder Volkswohl Bund auch ausdrücklich, daran nichts ändern zu wollen, selbst wenn dies zukünftig möglich wäre.

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