GVS-Chef Guido vom Schemm über Analystenmeinungen Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt
Aktienanalysen von Banken und Research-Häusern orakeln, als wüssten sie, wohin sich ein Aktienkurs bewegt. In den letzten Jahren hatten die Daueroptimisten unter ihnen meist leichtes Spiel, da sich die Indizes fast unisono gen Norden bewegt haben. Es mehren sich mittlerweile jedoch die Warnsignale an den Finanzmärkten. Somit wird mit Spannung zu beobachten sein, ob die Dauerbullen bei ihren Prognosen bleiben und welchem Mehrwert diese Analysen dem Anleger überhaupt bringen.
Aktienanalysen sollten laut Theorie für Anleger hilfreich sein, weil Analysten als Informationsintermediäre Anhaltspunkte für die weitere Entwicklung eines Unternehmens liefern, Vor- und Nachteile eines Investments herausarbeiten, indem sie umfangreiche Daten zusammentragen und aufbereiten.
Da sich die Analysten einer Aktie grundsätzlich alle auf die gleichen Informationen berufen, liegen die Einschätzungen und Empfehlungen meist nicht allzu weit auseinander. Es gibt nur wenige Analysten, welche sich spürbar vom Einheitsbrei entfernen.
Vorrausschauende Investoren sollten Analystenmeinungen in jedem Fall kritisch hinterfragen. Es stellt sich letztendlich die Frage, ob bei diesen „Einschätzungen“ keinerlei Interessenskonflikte existieren. Bei der Arbeit eines Analysten zählt doch eigentlich nur der Kommerz. Zwar sollte er sein Urteil unabhängig fällen, aber er covert natürlich vorzugsweise Aktien, die umsatzträchtig sind. Schließlich wird auch seine Tätigkeit von den Transaktionsgebühren oder beispielsweise durch einen Bond-/Aktien-IPO quersubventioniert, die sein Arbeitgeber – etwa eine Investmentbank – einnimmt.
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Nebenwerte unter dem Radar
Daher überrascht es nicht. dass Dax-Titel völlig überversorgt mit Analysteneinschätzungen sind. Aktien aus dem M- oder S-Dax sind oftmals nur kaum oder gar nicht auf dem Radar der Analysten.
Rein rechtlich sollten Research-Abteilungen von denen des Investmentbankings getrennt sein. So könnte es kurioserweise vorkommen, dass die Research-Abteilung einer Bank für eine Aktie positiv gestimmt ist, die Vermögensverwaltung dieser Bank diese Aktie aber gleichzeitig mit „Sell“ einstuft. Zumindest in der Theorie.
Es gibt aber auch unabhängige Research-Häuser, die selbst keine Handelsabteilung oder Vermögensverwaltung betreiben und daher vorne herein Interessenkonflikte vermeiden. Deren Analysen werden entweder vom Investor bezahlt, oder sie werden direkt vom Wertpapieremittenten – also den Unternehmen – in Auftrag gegeben.