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Haften ausländische Broker für ihre deutschen Berater?

Der Fall: Ein ausländischer Broker stellt einem deutschen Terminoptionsvermittler seine Konten und den Zugang zur Londoner Börse zur Verfügung. Kann der ausländische Broker in Deutschland erfolgreich auf Schadenersatz verklagt werden, wenn das Geschäftsmodell des deutschen Vermittlers dessen Kunden übervorteilt? Das Urteil: Der Bundesgerichtshof (BGH) beantwortete diese Frage mit seinem Urteil vom 12. Oktober 2010 (Aktenzeichen XI ZR 394/08) mit Ja. Dies gilt selbst dann, wenn der ausländische Broker lediglich seine Infrastruktur zur Verfügung stellt und an dem Vertrag mit dem Kunden und den einzelnen Optionsgeschäften selbst nicht beteiligt ist. Die Expertenmeinung:
Der BGH stärkt damit die Rechte der Anleger bei missbräuchlichen Anlagevermittlungen mit Auslandsbezug. Eine Klage im Ausland birgt für den geschädigten Anleger ein hohes Risiko, da Kosten und Rechtsgrundsätze sich maßgeblich von deutschem Recht unterscheiden. Hier hilft nun der BGH. Er bemüht dabei als juristische Begründung die deliktische Haftung.

Dabei wird die Verantwortung gegenüber dem Anleger auf die sogenannte Prospekthaftung sowie den Auskunftsvertrag im Verhältnis zwischen Anleger und Vertrieb gestützt. Nach Paragraf 826 BGB erfordert dies eine vorsätzliche Schädigung des Anlegers, welche besonders anstößig und damit sittenwidrig gewesen sein muss.

Der BGH bejahte im entschiedenen Fall eine deliktische Handlung des unmittelbar gegenüber dem deutschen Anleger tätigen englischen Finanzdienstleisters. Denn das Geschäftsmodell bot dem Kunden kaum Gewinnchancen, dem Vermittler aber große Anreize zum „Churning“ (Provisionsschneiderei durch häufiges Umschichten). Zwar konnte der BGH nicht feststellen, dass das englische Brokerhaus bewusst an den Machenschaften des deutschen „Introducing Broker“ mitgewirkt hatte oder davon wusste.

Auf Grundlage von Paragraf 830 BGB, welcher auch den „Gehilfen“ im Rahmen der deliktischen Haftung des Haupttäters mithaften lässt, hielten die Richter es jedoch für ausreichend, dass aufgrund der internen Vereinbarung zwischen beiden Finanzdienstleistern das Geschäftsmodell des deutschen Terminoptionsvermittlers bekannt sein musste. Allein damit hätte das englische Brokerhaus erkennen können, dass es mit Zugang zu seinem Konten- und Buchungssystem einen möglichen Missbrauch gegenüber deutschen Kunden unterstützte. Damit habe auch zumindest eine bedingte vorsätzliche Beihilfe zur unerlaubten Handlung des deutschen Terminoptionsvermittlers vorgelegen.

Das Urteil setzt eine Reihe aktueller Entscheidungen des BGH (etwa Urteil vom 8. Januar 2010, XI ZR 28/09) fort, mit denen ausländische Beteiligte der deutschen Gerichtsbarkeit und im Ergebnis der Haftung unterworfen werden. Tenor: Durch eine grenzüberschreitende arbeitsteilige Aufgliederung der Umsetzungsschritte bei zweifelhaften Kapitalanlagen soll nicht die Möglichkeit bestehen, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Der Autor: Thomas Zacher ist Fachanwalt für Steuer-, Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Kölner Kanzlei Zacher & Partner. Zacher ist zudem Professor für Wirtschaftsrecht, Steuerwesen und International Management

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