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Haftung für Beipackzettel: Pingpong mit Keule

Foto: Olly/Fotolia.com
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Alles Geniale ist einfach. Steve Jobs wusste das. Mit dem Prinzip der „radikalen Vereinfachung“ hat der legendäre Apple-Chef aus einer Drei-Mann-Firma mit 1.750 US-Dollar Startkapital einen Weltkonzern mit Kultstatus gemacht. Nach den Verwerfungen der Finanzkrise haben die Regulierungsbehörden dieses Prinzip auch für die Finanzbranche entdeckt.

In ihrer Verordnung Nummer 583/2010 schreibt die EU-Kommission den Fondsgesellschaften vor, wie ihre wesentlichen Anlegerinformationen – auch als Key Investor Documents (KID) oder Key Investor Information Documents (KIID) bezeichnet – aussehen müssen. Dabei zählen für die Behörde die gleichen Prinzipien, nach denen sich auch der 2011 verstorbene iPhone- und iPad-Erfinder bei der Entwicklung seiner Produkte richtete. Einfach, ansehnlich und kompromisslos kundenfreundlich sollten die neuen Beipackzettel sein. Übersichtliches Layout, leserliche Schrift, standardisierte Informationen, verständliche Sprache und eine Länge von gerade einmal zwei – bei strukturierten Fonds höchstens drei – Seiten sollten den Anlegern die Beschäftigung mit den meist wenig beliebten Finanzthemen erleichtern.

Und da gemäß Paragraf 34 f Gewerbeordnung (GewO) jedem verkauften Fonds ein solches Informationsblatt beigefügt werden muss, dürften mittlerweile nur hervorragend informierte Anleger Investmentfonds besitzen. Zumindest theoretisch. Denn die praktische Umsetzung gestaltete sich schwierig.

„Lustige Verordnung“

Kein Wunder, meint Christian Waigel. Der Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei GSK Stockmann + Kollegen kritisiert die „lustige Verordnung“, nach der Fondsanbieter auf zwei bis drei Seiten Informationen unterbringen müssen, für deren Aufzählung die Behörde ganze 15 Seiten braucht. „Ein Spagat für Produktanbieter“, vermutet Waigel.


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Beate Zimmermann aus dem Produktmanagement der DWS bestätigt das. In Handarbeit hätten sie und ihre Kollegen Hunderte von KIDs entwerfen, kürzen, in andere europäische Sprachen übersetzen lassen – und daraufhin wieder kürzen müssen, erklärt die Expertin. „Denn was auf Deutsch noch knapp auf zwei Seiten passt, benötigt zum Beispiel im Französischen zwei bis drei Zeilen mehr.“ Schließlich müssten die Informationen in allen Sprachen gleich aufbereitet sein. Diese Zeilen habe man meistens bei der Beschreibung der Anlagestrategie gespart, erklärt die DWS-Mitarbeiterin. Schließlich sei dies die einzige Kategorie, bei der der Gesetzgeber den Anbietern ein Mindestmaß an Gestaltungsfreiheit lasse. „Dadurch sind viele Beschreibungen sehr allgemein gehalten.“

„Ein Swap ist ein Swap“ Ein großes Problem war für Zimmermann auch der Verzicht auf den Branchenjargon. „Für jemanden, der täglich mit Fachbegriffen zu tun hat, ist eine Umstellung auf die Otto-Normalverbraucher- Sprache schwer“, sagt sie. Und manchmal gebe es auch keine umgangssprachlichen Wörter, um ein Finanzkonstrukt zu beschreiben. So lasse sich „Aktienbasket“ zwar gut durch „Aktienkorb“ ersetzen. „Ein Swap ist aber eben ein Swap“, sagt sie. Die Übersetzung „Tauschgeschäft“ führe da zu Missverständnissen.

Ob viele Privatanleger tatsächlich etwas mit dem Begriff „Swap“ anfangen können, ist allerdings fraglich. Denn in puncto Finanzwissen besteht bei den Deutschen großer Nachholbedarf. So ergab eine Umfrage von Axa Investment Managers in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest, dass die Hälfte der Fondsbesitzer keine Ahnung von dem Sondervermögen-Status ihrer Produkte hat. Um das Finanzwissen in Bezug auf Beteiligungen sowie auf einzelne Wertpapiere dürfte es nicht besser bestellt sein. Daher müssen Anleger auch bei diesen Anlageklassen vor jedem Kauf eine entsprechende schriftliche Kurzinformation bekommen. Bei Wertpapieren heißt dieses Dokument Produktinformationsblatt (PIB) und bei geschlossenen Fonds Vermögensanlage- Informationsblatt (VIB).