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Haftung für Beipackzettel: Pingpong mit Keule

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Auch Berater sind auf verständliche schriftliche Informationen für den Kunden angewiesen, um sich vom Vorwurf der Falschberatung zu schützen. Der klassische Fall sei das Emittenten-Risiko bei Zertifikaten, erklärt Jens-Uwe Werner vom Compliance-Office des Netfonds-Haftungsdachs. „Ist dieses Risiko im PIB erwähnt und für einen durchschnittlichen Anleger verständlich beschrieben, kann er nicht behaupten, er hätte es nicht gewusst“, sagt Werner. Er empfiehlt, die Übergabe des Beipackzettels genau zu dokumentieren.

Doch mit der Übergabe des KID, PIB oder VIB ist es meist noch nicht getan. Gerade Kunden mit einem geringen Finanzwissen sollte der Berater die wesentlichen Merkmale des gewünschten Produkts ganz genau erklären. „Wer sich vergewissert, dass der Kunde das Produkt verstanden hat, und das im Beratungsprotokoll dokumentiert, ist auf der sicheren Seite“, sagt Waigel.

Waigels Kollege Roland Baum von der Kanzlei BFSLT sieht das ähnlich. Die meisten Klagen im Zusammenhang mit der Prospekthaftung basieren auf der Behauptung der Anleger, den Inhalt des Beipackzettels nicht oder nicht richtig verstanden zu haben.

Die Bank haftet

Die wesentlichen Informationen für den Anleger müssen „redlich, eindeutig und nicht irreführend“ sein und dem aktuellen Stand des Verkaufsprospekts entsprechen. Bei KIDs schreibt die EU-Verordnung eine regelmäßige jährliche Überprüfung vor, die „spätestens 35 Kalendertage nach dem 31. Dezember jedes Jahres“ durchgeführt werden muss. Ändert sich im laufenden Jahr die Anlagestrategie und damit auch das Risikoprofil, muss wieder ein neues KID erstellt werden.

„Ob und in welcher Form die aktualisierten Blätter an den Vertrieb weitergeleitet werden, ist allerdings gesetzlich nicht vorgeschrieben“, sagt Frederik Garnies. Der Geschäftsführer des Datenanbieters FWW berichtet von Reibungsverlusten, besonders in Großbanken. Nach seinen Informationen seien Aktualisierungen mehrfach an E-Mail-Adressen nicht zuständiger Mitarbeiter verschickt worden. Daraufhin hätten Berater, die keinen Zugriff auf aktualisierte Informationen hätten, ihren Kunden veraltete Informationsblätter gegeben. Mit gravierenden Folgen. „Klagt ein Kunde in einem solchen Fall, dann haftet die Bank“, erklärt Baum. Schließlich sei es ihre Aufgabe sicherzustellen, dass die Informationen intern weitergeleitet werden.

Vertragsklausel erspart Ärger

Auch wenn die vom Produktanbieter herausgegebenen Informationen unvollständig oder falsch sind, ist der Berater nicht aus der Haftung raus. Denn die Kapitalanlagegesellschaft (KAG) und der Berater haften gesamtschuldnerisch. Der Kunde kann sich also aussuchen, wen er verklagt. Zerrt der Kunde nur den Berater vor Gericht, muss dieser für die gesamte Schuld einstehen – kann dann allerdings seinerseits die KAG verklagen. „Eine Klausel im Vertriebsvertrag, mit der die KAG die Richtigkeit ihrer Informationen bestätigt, kann Beratern also viel Ärger ersparen“, sagt Waigel.

Ähnliches gilt bei geschlossenen Fonds: Ändern sich wesentliche Produktmerkmale, muss der Anbieter seine Vertriebspartner informieren. Versäumt er das, haften Produktanbieter und Berater gesamtschuldnerisch. „Werden beide Parteien verklagt, gleicht die Klärung der Haftungsfrage einem Pingpong- Spiel“, sagt Baum. Dabei muss der Richter herausfinden, wen von den beiden die größere Schuld trifft.

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