Hagen Schremmer im Interview „Nachhaltigkeit verliert in der Fondsbranche nicht an Bedeutung“
Der Ukraine-Krieg und die Zinswende wirbeln die Finanzmärkte ordentlich durcheinander. Was bedeutet das für die Produktseite?
Schremmer: Der Krieg hat nicht zuletzt unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aufgedeckt und gezeigt, wie wichtig die Energiewende jetzt ist. Neue Energien und die neue Infrastruktur der Zukunft dürften noch stärkeren Rückenwind erhalten, waren aber im Grunde schon lange ein klarer Trend, auch bei der Nachfrage der Investoren. Und diese können wir mit unseren Produkten durchaus bedienen, etwa mit unseren Fonds, die auf das Thema Energiewende oder Wasserstoff und Kreislaufwirtschaft fokussiert sind. Unsere Überzeugung ist, dass es sich hierbei um langfristige und zukunftsgewandte Themen handelt und nicht nur einen politisch motivierten kurzen Trend.
Im Hinblick auf die Inflation sehen wir auch einen erfreulichen Effekt: Allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, dass für die Altersvorsorge und den Vermögensaufbau eine langfristige und diversifizierte Kapitalanlage notwendig ist. Sparer öffnen sich zunehmend dem Kapitalmarkt.
Natürlich macht das aktuell sehr volatile Marktgeschehen auch sehr eindringlich klar, wie wichtig es ist, bei der Kapitalanlage langfristig und diversifiziert zu denken. Für Privatanleger bietet sich gerade in diesen Phasen das regelmäßige Investieren über einen Fonds- oder ETF-Sparplan an, um das Risiko des Market-Timings zu reduzieren und vom Cost-Average-Effekt zu profitieren. Und natürlich gibt es für risikobewusste Investoren auch die Möglichkeit, in Aktienprodukte zu investieren, die über einen intelligenten und funktionierenden Kapitalschutz-Mechanismus verfügen.
Finden Sie, dass Nachhaltigkeit in der Fondsbranche in letzter Zeit an Bedeutung verloren hat?
Schremmer? Das sehe ich nicht so. Egal, ob man institutionelle oder private Anleger fragt: Das Thema ESG steht nach wie vor ganz oben auf der Agenda und hat mit steigenden Öl- und Gaspreisen und den EU-Diskussionen um potenzielle Importembargos zusätzlich an Relevanz gewonnen, etwa wenn es um die Energiewende geht. Zudem wird ab August das Thema Nachhaltigkeit verpflichtender Bestandteil in der Anlageberatung. Ich bin mir sicher – das Thema ist und bleibt relevant.
Wie können Asset Manager den Nachhaltigkeitstrend beeinflussen?
Schremmer: Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns als Haus nicht neu: Es ist seit Jahren ein fester Bestandteil unserer Identität. Als Investoren stehen wir in einer großen Verantwortung, das Geld, das wir verwalten, in die richtigen Bahnen zu lenken und dabei das Beste für unsere Anleger herauszuholen.
Nachhaltiges Investieren ist zudem kein Selbstzweck. Indem wir Unternehmen mit fragwürdigen Praktiken oder Branchen meiden und ESG-Kriterien in all unsere Analysen und Investment-Entscheidungen integrieren, minimieren wir transitorische Risiken. Andererseits ergeben sich aber auch Investment-Opportunitäten. Wir sind der festen Überzeugung, dass bestimmte Themen in der Zukunft noch an Bedeutung gewinnen werden.
Diese decken wir mit unseren nachhaltigen Themenfonds ab, die in strukturelle positive Trends investieren, wie etwa BNP Paribas Energy Transition (LU0823414635), BNP Paribas Smart Food (LU1165137149), BNP Paribas Aqua (LU1165135440) oder auch der am 1. Juni seinen ersten Geburtstag feiernde BNP Paribas Ecosystem Restoration (LU2308191738). Unternehmen in diesen Sektoren treiben den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel mit voran und profitieren gleichzeitig vom Wachstum dieser neuen Märkte.
Zudem sind wir sehr aktiv, wenn es um das so genannte Engagement geht: Als Aktionäre und aktive Investoren mit Zugang zum Unternehmens-Management nehmen wir positiven Einfluss auf Unternehmen, in die wir investieren oder ein Investment planen. Wir machen unsere Erwartungshaltung sehr klar, gehen kritischen Diskussionen nicht aus dem Weg und treffen auch unpopuläre Entscheidungen, wenn sie notwendig sind.
Über Engagement ist der positive Einfluss größer als über Ausschlüsse – diese sind der letzte Schritt und dieser wird angewendet, wenn sich in einem Unternehmen trotz unseres Drängens nichts tut und es keine erfreuliche Veränderung gibt. Außerdem sind die Nachhaltigkeits-Experten aus unserem Sustainability Center laufend in einem sehr intensiven Austausch mit Regulatoren, Verbänden und NGOs, um gemeinsam Forschung und Thought Leadership voran zu treiben und einen Beitrag zur Entwicklung von Standards zu leisten.
Welche Vertriebskanäle nutzen Sie?
Schremmer: Historisch haben wir unser Augenmerk vor allem auf die großen institutionellen Investoren gelegt. Wir verfügen über ein sehr starkes und etabliertes Netzwerk mit Asset Managern, Versicherern, Pensionseinrichtungen und Unternehmen.
Wie schon erwähnt haben wir vor einiger Zeit die Entscheidung getroffen, auf unserer institutionellen Stärke aufzubauen und auch im Privatkundengeschäft zu wachsen. Hier bauen wir sukzessive unsere Vertriebspartnerschaften aus. Neben den bereits erfolgreichen Kooperationen mit Banken und Online-Brokern, wollen wir unser Spektrum nunmehr auch regional erweitern z.B. mit Vermögensverwaltern, Sparkassen und Volksbanken.
Eine weitere Stärke, die ich auch schon erwähnt hatte, ist das Zusammenspiel mit den Kollegen aus den anderen Geschäftsbereichen von BNP Paribas. Die Möglichkeit, auf die Expertise aus anderen Geschäftsfeldern zurückzugreifen und auch komplexe Kundenbedarfe gemeinsam zu erfüllen, ist ein echter Mehrwert und öffnet Türen.