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Halte- und Kündigungsfrist: „Das bringt im Ernstfall nichts“

Steffen Sebastian
Steffen Sebastian
DAS INVESTMENT: Können offene Immobilienfonds Krisen künftig besser managen?

Steffen Sebastian: Nein, können Sie nicht. Die Fondsanteile bleiben täglich handelbar. Zwar ist im Kapitalanlagegesetzbuch für Neuanleger eine zwölfmonatige Haltefrist plus zwölf Monate Kündigungsfrist vorgeschrieben, aber das wird im Ernstfall nichts bringen. Das ist allerdings auch nicht weiter schlimm.

DAS INVESTMENT: Warum nicht?

Sebastian: Dass ein offener Immobilienfonds die Rücknahme seiner Anteile mal aussetzt, ist ein produktspezifisches Risiko. Es ist so lange unbedenklich, wie dadurch keine systemischen Risiken ausgelöst werden.

DAS INVESTMENT: Sie befürchten ein Ansteckungsrisiko.

Sebastian: Richtig. Durch die Liquiditätskrise eines einzelnen offenen Immobilienfonds werden auch Liquiditätskrisen bei anderen Fonds ausgelöst. Oder aber ein exogener Schock wie die weltweite Finanzkrise 2008/2009 trifft gleichermaßen alle Fonds.

Weil die Regelungen auch im neuen Kapitalanlagegesetzbuch einheitlich und unflexibel für alle Produkte gelten, sind die Folgen einer Liquiditätskrise für die Marktteilnehmer absehbar. Sie erzeugen Verkaufszwang. Wenn ich aber in der Krise verkaufen muss, mache ich immer Verlust. Mit den neuen Regelungen wird zwar versucht, das produktspezifische Risiko in den Griff zu bekommen. Das systemische Risiko aber bleibt bestehen.

DAS INVESTMENT: Was wäre die Lösung?

Sebastian:
Mein Kollege von der Universität Regensburg, Stephan Madaus, und ich haben das „Regensburger Modell“ entwickelt. Es enthält unter anderem eine Abwicklungsregelung, die keinen Verkaufszwang erzeugt. Es wird nicht für alle Marktteilnehmer erkennbar gemacht, da muss jetzt jemand das Objekt verkaufen, und wenn ich noch ein halbes Jahr warte, verbessert sich meine Verhandlungsposition. Der Vorteil: Auf der Zeitschiene können die Gesellschaften in der Regel wieder Gewinn machen, weil die Märkte irgendwann wieder steigen und damit auch die Bewertungen.

DAS INVESTMENT: Was sieht das „Regensburger Modell“ konkret vor?

Sebastian:
Offene Immobilienfonds können ihr Geschäftsmodell mit dem entsprechenden Grad an Fristentransformation – also Rückgabetermine, Kündigungsfristen und Freibeträge – flexibel wählen. Sie bleiben im Krisenfall handlungsfähig. So können die Anlagebedingungen auch dann noch geändert werden, wenn die Fondsgesellschaft die Rücknahme der Anteile bereits ausgesetzt hat.

Denn hat das Management zuvor beispielsweise stark in Ostasien investiert, und ist das schiefgelaufen, muss es die Möglichkeit geben, wieder zurück in den Heimatmarkt zu kommen. Dadurch haben wir schon mal ein vernünftiges Sanierungsmodell. Wenn das den Anlegern transparent gemacht und deutlich kommuniziert wird, schafft das Vertrauen. Außerdem liefert das Modell ein konkretes Abwicklungsregime. Das gibt es im neuen Kapitalanlagegesetzbuch auch nicht.

DAS INVESTMENT: Sollte ich derzeit noch in einen offenen Immobilienfonds investieren?

Sebastian: Wenn Sie in Immobilien investieren wollen und sich mit einer niedrigen Rendite zufriedengeben, weil sie ein sicheres Produkt wollen, das sie gegen Inflation schützt, dann sind Sie mit einem substanziellen Anteil in offenen Immobilienfonds aktuell genauso gut beraten wie vor fünf Jahren. Es ist nach wie vor die sinnvollste Art und Weise, breit gestreut in Immobilien zu investieren.

DAS INVESTMENT: Sind Sie investiert?

Sebastian: Ich bin weder in offene Immobilienfonds noch in andere indirekte Immobilien-Investmentprodukte investiert. Denn dann wäre ich parteiisch und könnte mich nicht mehr unabhängig äußern. Das will ich vermeiden.

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