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Handelsbeziehungen USA und China Ein neues Kapitel hat begonnen

Matt Miller, politischer Volkswirt, und Rob Lovelace, Vice Chairman bei Capital Group: „Chinas wirtschaftliche Macht wächst, und die weltpolitischen Ambitionen werden immer klarer.“
Matt Miller, politischer Volkswirt, und Rob Lovelace, Vice Chairman bei Capital Group: „Chinas wirtschaftliche Macht wächst, und die weltpolitischen Ambitionen werden immer klarer.“

Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen den USA und China scheinen in eine neue Phase einzutreten. „Mit der Bekanntgabe von Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte am 1. März haben die USA eine wohl schwierige Verhandlungsrunde eröffnet. Von den Zöllen könnten viele Länder betroffen sein, auch Verbündete wie Kanada und Europa“, so Miller. Investoren sollten aber vor allem auf China achten, wo in den nächsten Monaten die viel größeren Kontroversen drohten.

Der Experte ist der Meinung, dass die USA völlig neue Handelsbeziehungen mit China anstreben würden. „Chinas wirtschaftliche Macht wächst, und die weltpolitischen Ambitionen werden immer klarer. Mehr und mehr wird es in Washington zum Konsens, dass beim Außenhandel wie bei weltpolitischen Themen eine härtere Gangart angemessen sei“, so Miller. „Falsch wäre es, im ungewöhnlichen und aggressiven Verhandlungsstil des Präsidenten das Vorspiel zu einem ausgewachsenen Handelskrieg zu sehen, der beiden Seiten schaden würde“, so Miller. Denn die Entwicklung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen lasse einen neuen Außenhandelskonsens in den nächsten Jahren durchaus zu. Jede Seite fordere die andere heraus und versuche herauszufinden, wie kompromissbereit sie ist und was ihre Ziele sind. Dennoch spreche viel dafür, dass eine unruhige Zeit anbreche, mit viel Kleinkrieg, der den betroffenen Märkten und Unternehmen schaden könne. „China wird möglichst nur minimalste Zugeständnisse machen, um den Präsidenten bei Laune zu halten. Trumps Minimalforderungen sind wie üblich noch unklar“, schätzt Miller die Lage ein.

Was kommt als Nächstes?

„Die von der Trump-Administration erhobenen Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte, die viele Länder betreffen und der amerikanischen Stahl- und Aluminiumindustrie beim Überleben helfen sollen, sind aber wohl nur der Anfang“, so Miller. Denkbar seien zusätzliche Zölle, neue Forderungen nach Gegenseitigkeit oder Visabeschränkungen. Laut Rob Lovelace, Aktienportfoliomanager und Vice Chairman der Capital Group, ist das wahre Ziel Chinas die Unabhängigkeit von ausländischen Zulieferern. Allmählich werde klar, dass China in Branchen wie Halbleiter, Robotik, Industriemaschinen, Hochgeschwindigkeitszügen, Biomedizin und Elektroautos starke lokale Champions und weniger Verflechtungen mit dem Ausland wolle. „China möchte ein autarkes, geschlosseneres System. Jetzt, wo für Präsident Xi Jinping keinerlei Amtszeitbegrenzung mehr gilt, lässt sich die strategische Vision leichter umsetzen“, so der Portfoliomanager. In vielen Bereichen wolle China durchaus wirtschaftliche Verbindungen, aber keine wechselseitige Abhängigkeit.

Matt Miller zufolge würden die amerikanischen Politiker und Wirtschaftsführer angesichts der möglichen Konkurrenz immer nervöser. Weltweit hätten chinesische Unternehmen in der Hoffnung auf Zugang zu wichtigem geistigem Eigentum Firmen übernommen und Joint Ventures gebildet. Zuletzt hätten die westlichen Regierungen darauf reagiert und Verträge mit chinesischen Regierungen verhindert, oft unter Berufung auf die nationale Sicherheit.

Weniger enge wirtschaftliche Verbindungen

„Durch diese Entwicklung können die Synergien durch jahrelange Integration und Handelsverträge Schaden nehmen“, so Miller. Das könnte Handel und Investitionen betreffen, und vielleicht würden auch etablierte Lieferketten verschwinden. Nach den Steuersenkungen dürfte der Außenhandel für die US-Administration zu einem sehr wichtigen Thema werden. „Im Laufe dieses Jahres dürfte eine härtere Haltung gegenüber China mehr Unterstützung beider Parteien erhalten, als man allgemein annimmt“, meint der Experte.

Zugleich sollte man auch die immer lauteren Stimmen in Washington beachten, denen zufolge das derzeitige Maß an wirtschaftlicher Integration mit China den langfristigen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen der USA schade, so Miller. Selbst wenn keine „Entkopplung“ der beiden Volkswirtschaften gefordert würde, werde es doch immer mehr zum Konsens, dass etwas gegen Chinas merkantilistische Außenpolitik zu tun sei. „Im Gegenzug für die Öffnung seines sehr großen Marktes für ausländische Unternehmen unterwirft China US-Investitionen und US-Güter zahlreichen Restriktionen. Trotz ständiger Kritik akzeptierten die USA, Europa und andere Länder dies, weil Chinas offenerer Markt immer mehr Möglichkeiten bot“, sagt Rob Lovelace. Aufgrund der chinesischen Politik würden die USA jetzt einen anderen, aggressiveren Ansatz verfolgen. „Sie möchten, dass China seine Wirtschaft weiter öffnet und sich in die Weltwirtschaft integriert“, so Lovelace.

Mäßigende Wirkung durch gegenseitige Abhängigkeiten

Dennoch gibt es laut Matt Miller gegenseitige Abhängigkeiten, die mäßigen könnten. „Das amerikanische Außenhandelsdefizit gegenüber China betrug 2017 376 Milliarden US-Dollar, bei 130 Milliarden US-Dollar Exporten und 506 Milliarden US-Dollar Importen. Ein Großteil der Importe stammt von US-Industrieunternehmen, die in China produzieren lassen und darauf angewiesen sind“, so der Experte. Ein weiterer Faktor seien die großen finanziellen Verbindungen: China halte für etwa 1,2 Billionen US-Dollar US-Staatsanleihen, was etwa 19 Prozent des Gesamtvolumens entspreche.

Rob Lovelace, glaubt, dass der Handel die Weltpolitik weiter bestimmen werde: „Die amerikanischen und chinesischen Politiker haben strategische Ziele, die oft nicht zusammenpassen. Das wird zu harten Verhandlungen führen.“ Auch wenn das Timing und die einzelnen Schritte der USA und China nicht leicht zu prognostizieren seien, sollte man Matt Miller zufolge die Erkenntnis des verstorbenen US-Ökonomen Rüdiger Dornbusch nicht vergessen. „Wirtschaftliche Entwicklungen brauchen oft mehr Zeit als man glaubt, aber dann passieren sie schneller, als man es für möglich gehalten hätte“, schrieb dieser einst. Das, so Miller, könnte auch jetzt gelten.

Weitere aktuelle Einschätzungen von Capital Group zur Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen den USA und China finden Sie in den beiden angehängten Papers „Ein neues Kapital in den Handelsbeziehungen zwischen den USA und China.“ und „USA gegen China: Der Handelskonflikt mag die Märkte irritieren, aber nicht die Wirtschaft.“

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