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Hat Gold definitiv seinen Glanz verloren?

Guy Wagner, Chef-Ökonom der Banque de Luxembourg
Guy Wagner, Chef-Ökonom der Banque de Luxembourg
Guy Wagner ist Chef-Ökonom der Banque de Luxembourg Im zweiten Quartal hat sich der Kursrückgang bei Gold mit einem Minus von knapp 25 Prozent in US-Dollar beschleunigt. Der Goldmarkt spaltet sich immer mehr auf in Papiergold und physisches Gold. Alle Indikatoren zeigen eine nach wie vor starke Nachfrage nach physischem Gold: Insbesondere die Zentralbanken der Schwellenländer treten weiter als Käufer auf. Demnach geht der Kurseinbruch auf den Nachfragerückgang bei Papiergold zurück. Letzterer hängt mit dem massiven Kapitalabzug bei Gold-ETFs (exchange-traded funds) zusammen, die im großen Stil Gold verkaufen mussten, um Rücknahmeanträge bedienen zu können.

Der Kapitalabzug aus ETFs ist im Wesentlichen offenbar auf die Einschätzung vieler Anleger zurückzuführen, dass die Weltwirtschaft auf dem Wege einer nachhaltigen Genesung sei und das Ende der geldpolitischen Lockerungsprogramme bevorsteht. Wäre dies tatsächlich der Fall, verlöre Gold seinen Status als Fluchtwert – umso mehr als die Ängste vor einem unmittelbaren Inflationsanstieg niemals eine Grundlage hatten. Eine Normalisierung des Zinsniveaus würde außerdem die Opportunitätskosten von Goldanlagen erhöhen, da diese keine Zinsen erwirtschaften.

Vertrauensverlust in Papiergeld?


Meiner Meinung nach ist die Weltwirtschaft weiterhin sehr anfällig, und die Zentralbanken werden ihre verantwortungslose Geldpolitik fortsetzen. Trifft dies zu, besteht eine reale Gefahr, dass diese Politik das Vertrauen in Papiergeld schrittweise zerstört beziehungsweise zumindest das Vertrauen in die Währungen der großen Industrieländer.

Gold hat meines Erachtens eine Daseinsberechtigung in Portfolios – nämlich als Versicherung gegen genau diese Gefahr. Nicht die Angst vor Inflation im traditionellen Wortsinn ist also der Grund für den Kauf von Gold – schließlich sind die Nicht-Ausschöpfung der Produktionskapazitäten, das hohe Verschuldungsniveau sowie das Risiko einer „Liquiditätsfalle“ vielmehr deflationistische Tendenzen.

In einem herausragenden Artikel schrieb Ben Hunt von Epsilon Theory (www.epsilontheory.com) kürzlich unter dem Titel „How gold lost its luster, how the all-weather fund got wet, and other just-so stories“ Folgendes:

„In some periods of history gold is money. In other periods of history gold is not. But gold is always something, and that something is defined by the Common Knowledge of the day. To be an efficient gold investor in any period, I believe it is crucial to identify and measure the relevant Narrative that is driving the Common Knowledge regarding gold“. Er sagt, und ich teile diese Idee, „buying gold today is a statement that you believe that global economic events may spiral out of the control of Central Bankers“.

(Übersetzung: In manchen Phasen der Geschichte war Gold Geld. In anderen war Gold es nicht. Aber Gold ist immer irgendetwas und dieses Etwas wird definiert durch die allgemeine Meinung dieser Zeit. Um jederzeit ein effizienter Gold-Investor zu sein, erscheint es mir essentiell, die wesentlichen und das allgemeine Bewusstsein bezüglich Gold beeinflussenden Berichte zu identifizieren und zu bewerten.)

Er sagt, und ich teile diese Idee, „buying gold today is a statement that you believe that global economic events may spiral out of the control of Central Bankers“. (Übersetzung: jetzt Gold zu kaufen ist ein Statement, dass man der Meinung ist, die wirtschaftlichen Entwicklungen könnten der Kontrolle der Zentralbanken entgleiten.)

Ob der richtige Zeitpunkt, Gold (wieder) zu kaufen, bereits gekommen ist? Werfen Sie gleich eine Münze! Wer noch abwartet, verweist auf die alte Börsenweisheit „Greife niemals in ein fallendes Messer“. Diejenigen, die bereits kaufen, begründen ihre Entscheidung unter anderem mit dem aktuell hohen Niveau von Leerverkäufen. So mancher Anleger verfolgt akribisch Widerstands- und Unterstützungslinien und hofft auf eine Antwort aus der technischen Analyse.

Auf kurze Sicht hängt die Entwicklung stark von den oben erwähnten ETFs ab, da diese eine wichtige Rolle im Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage spielen. Käufer können ganz schnell zu Verkäufern werden und umgekehrt: ETFs kauften im ersten Quartal 2012 53,2 Tonnen Gold, während sie im ersten Quartal 2013 176,9 Tonnen verkauften!

Goldminen: Ein Goldkurs unter 1.200 US-Dollar/Unze würde zu Problemen führen

Der Einbruch des Goldkurses stellt die Goldminen vor ernsthafte Probleme: Viele registrierten in den vergangenen Jahren im Zuge der steigenden Energie- und Lohnkosten eine deutliche Erhöhung der Produktionskosten. Dass die Aktien von Goldminen erheblich gelitten haben, kann vor diesem Hintergrund kaum verwundern. Der Goldminenindex büßte seit September 2011 65% (in US-Dollar) ein und schnitt damit deutlich schlechter ab als Gold, dessen Kurs im gleichen Zeitraum „lediglich“ um 33 Prozent sank. Einige Goldminen haben bereits auf den Kursrückgang reagiert und sowohl das Budget für die Exploration als auch die Investitionsausgaben zurückgefahren. Dieser Trend dürfte Schule machen, wenn der Goldkurs über längere Zeit unter 1.200 US-Dollar/Unze fallen sollte. Eine Senkung der künftigen Produktion würde den Goldkurs zwar längerfristig unterstützen. Erst einmal müssten die Goldminen allerdings eine schwierige Phase überstehen.

Ein darwinistisches Umfeld

Der Kurseinbruch der Goldminenaktien eröffnet jedoch auch Chancen. Einige Unternehmen scheinen besser gerüstet als andere, um sich trotz eines niedrigeren Goldkurses zu behaupten. Sie zeichnen sich in der Regel durch geringere Produktionskosten und eine sehr solide Bilanz aus. Diese Unternehmen können ihre Produktion weiter steigern oder die schwierige Situation der kleinen und mittleren Produzenten nutzen, um qualitativ gute Aktiva in Regionen mit geringem geopolitischem Risiko hinzuzukaufen. In diesem darwinistischen Umfeld werden die Starken noch stärker.

Interessant sind vor diesem Hintergrund auch so genannte Royalty Companies, d.h. Unternehmen, die Minenprojekte gegen eine prozentuale Beteiligung an den künftigen Einnahmen finanzieren. Sie sind in der Regel gut kapitalisiert und verfügen über die nötigen Mittel, um Förderungsanteile jener kleinen und mittleren Unternehmen zu erwerben, die derzeit in  Finanzierungsschwierigkeiten stecken.

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