Homeoffice, Generationenkonflikte und KI: Headhunter Heinz Schannath spricht über die Herausforderungen des Führens und erklärt, warum regionale Unterschiede unterschätzt werden.
Heinz Schannath: „Es wird in der Regel der beste Spezialist zur schlechtesten Führungskraft.“| Foto: Heinz Schannath, Collage mit Canva
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DAS INVESTMENT: Die Art, Mitarbeiter zu führen, hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Was sind die größten Herausforderungen für Führungskräfte heute?
Heinz Schannath: Die Führungsaufgabe hat sich durch das Thema Homeoffice fundamental gewandelt. Die Mitarbeiter sitzen nicht mehr im Büro nebenan, mit denen man sich mal eben austauschen kann. Viele Führungskräfte waren damit in der Anfangsphase komplett überfordert, weil das Führen dezentraler Mitarbeiter selten zum Aufgabengebiet gehörte. Im Vertrieb kennen wir diese Situation schon lange – da gab es immer wieder ein Hin und Her zwischen zentraler und dezentraler Führung. Wenn ein Vertriebsleiter in Hamburg saß und seine Leute in München hatte, waren die Vorstände oft unzufrieden. Dann kam ein neuer Vorstand, zentralisierte wieder alles – und der nächste dezentralisierte wieder. Das zeigt: Die richtige Balance zu finden, ist nicht trivial.
Was sind denn die wichtigsten Eigenschaften, die eine Führungskraft heute mitbringen muss?
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DAS INVESTMENT: Die Art, Mitarbeiter zu führen, hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Was sind die größten Herausforderungen für Führungskräfte heute?
Heinz Schannath: Die Führungsaufgabe hat sich durch das Thema Homeoffice fundamental gewandelt. Die Mitarbeiter sitzen nicht mehr im Büro nebenan, mit denen man sich mal eben austauschen kann. Viele Führungskräfte waren damit in der Anfangsphase komplett überfordert, weil das Führen dezentraler Mitarbeiter selten zum Aufgabengebiet gehörte. Im Vertrieb kennen wir diese Situation schon lange – da gab es immer wieder ein Hin und Her zwischen zentraler und dezentraler Führung. Wenn ein Vertriebsleiter in Hamburg saß und seine Leute in München hatte, waren die Vorstände oft unzufrieden. Dann kam ein neuer Vorstand, zentralisierte wieder alles – und der nächste dezentralisierte wieder. Das zeigt: Die richtige Balance zu finden, ist nicht trivial.
Was sind denn die wichtigsten Eigenschaften, die eine Führungskraft heute mitbringen muss?
Schannath: Delegieren ist ein ganz wichtiges Thema, das aber die wenigsten können – weil es die wenigsten gelernt haben. Wer aus großen Organisationen oder großen Banken kommt, wurde meist gut auf Führungspositionen vorbereitet. Ich kann heute noch auf das zurückgreifen, was ich vor über 30 Jahren bei der West LB gelernt habe. Im Mittelstand spart man sich dagegen oft die Kosten für Führungsseminare. Das Ergebnis:
Es wird in der Regel der beste Spezialist zur schlechtesten Führungskraft.
Mein Motto war immer: Ich möchte nicht einen Superspezialisten verlieren und dafür eine mittelmäßige Führungskraft bekommen.
Chefs haben also Probleme damit, Aufgaben abzugeben?
Schannath: Delegieren bedeutet nicht nur, Aufgaben zu verteilen und die Dinge dann laufen zu lassen. Man muss sich regelmäßig Rückmeldungen holen und schauen, was passiert. Auch der Einsatz digitaler Instrumente ist wichtig. Manchmal muss man Mitarbeitern erst die Vorteile digitaler Medien nahebringen. Als früher CRM-Systeme eingeführt wurden, dachten alle, das funktioniert von alleine. Aber ein System lebt nur, wenn man es auch mit Daten füttert.
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Wie gehen Führungskräfte mit den unterschiedlichen Generationen und deren Arbeitsmentalität um?
Schannath: Das ist ein echtes Spannungsfeld. Die 20- bis 30-Jährigen sind heute deutlich wechselwilliger als frühere Generationen. Der Klassiker war früher: Man ist bei Siemens eingestiegen und bei Siemens in Rente gegangen. Oder man hat bei der Deutschen Bank angefangen und ist dort geblieben. Ich hatte gerade erst wieder eine Family-Office-Besetzung in Stuttgart, wo ich nur mit Private Bankern und Wealth Managern gesprochen habe. Der überwiegende Teil war mindestens 20 Jahre bei demselben Institut.
Heute kündigen manche sogar, ohne einen neuen Job zu haben, weil sie überzeugt sind, schon etwas Neues zu finden. Führungskräfte müssen damit umgehen können, dass jüngere Mitarbeiter oft andere Vorstellungen von Work-Life-Balance haben. Der Gedanke, „ich möchte wahnsinnig viel verdienen, aber so wenig wie möglich dafür arbeiten“, ist vom Ansatz her super – nur aus meiner Sicht nicht umsetzbar. Gleichzeitig können sie älteren Mitarbeitern nicht weniger Freiheiten einräumen. Da muss man einen gemeinsamen Weg finden.
Wie wichtig sind regionale Unterschiede bei der Besetzung von Positionen?
Schannath: Extrem wichtig, das wird oft unterschätzt. Ich erinnere mich an eine Bank in Düsseldorf, die lange Jahre Probleme hatte, eine Position in Stuttgart zu besetzen. Die Personalabteilung in Düsseldorf – typisch rheinländisch geprägt – hat die schwäbische Mentalität völlig unterschätzt. Ich komme selbst aus Westfalen, aus dem Ruhrpott. Wir sind vielleicht nicht ganz so lustig wie die Rheinländer, aber die Stuttgarter Mentalität ist nochmal eine ganz andere. Man muss die Leute dort anders abholen und die Gespräche anders führen.
Beim Recruiting wird viel über künstliche Intelligenz gesprochen. Wie wichtig ist KI-Kompetenz heute wirklich?
Schannath: Man muss offen für Digitalisierung sein, das versuchen wir seit den 70er Jahren einzuführen. Früher gab es kein Controlling, nur eine Finanzbuchhaltung. Man wusste überhaupt nicht, wo welche Kosten anfallen. Würde man das heute entwickeln, würde man es wahrscheinlich auch KI nennen. Wichtiger ist die grundsätzliche Offenheit für Veränderungen und Change Management.
Apropos Change Management – wie gehen Mitarbeiter mit der Angst vor Veränderung um?
Schannath: Ein großes Problem ist, dass langjährige Mitarbeiter oft Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Wenn KI ins Spiel kommt, denken viele sofort: „Das nimmt mir meine Arbeit weg.“ Dabei wird sich die Arbeit nur verändern, es wird nicht weniger Arbeitsplätze geben. Interessant ist auch: Der Satz, „das haben wir schon immer so gemacht“, hat ja noch eine andere Dimension. Wenn man etwas neu macht, impliziert das ja indirekt, dass das, was man bisher gemacht hat, nicht mehr gut genug ist. Das ist eine tief sitzende Angst vor Veränderung.
Welche Profile sind aktuell besonders schwer zu besetzen?
Schannath: Uns wird oft gesagt, es sei schwierig, einen Risikomanager zu besetzen. Da wir in dem Umfeld intensiv unterwegs sind und eigentlich mit jedem im Gespräch sind, können wir solche Positionen meist schnell besetzen – gerade erst haben wir bei einem Haus in Hamburg innerhalb von 14 Tagen eine Führungsposition als KVG-Risikomanager besetzt. Das größere Problem ist der fehlende Nachwuchs. Mein Jahrgang wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht mehr aktiv sein.
Wenn die Babyboomer ausscheiden und gleichzeitig immer mehr Fonds und Gesellschaften aufgebaut werden, wird es eng. Da wurde in der Vergangenheit zu wenig Nachwuchs entwickelt.
Wie entwickeln sich die Vergütungsmodelle?
Schannath: Die Gehälter bewegen sich nicht weiter in den Himmel. Die Unternehmen versuchen, das Fixum in einem gewissen Rahmen zu halten. Aber es gibt natürlich immer Mitbewerber, die sagen: „Wenn ich hier nicht zuschlage, bekomme ich die Person nicht.“ Ein Personalvorstand einer großen Versicherung hat mir kürzlich ein interessantes Dilemma geschildert: Wenn ein Mitarbeiter mehr Geld bei der Konkurrenz bekommt und geht, muss man einen neuen noch teurer einkaufen. Dann kommen die bestehenden Mitarbeiter und fragen, warum der Neue mehr verdient. Eine echte Zwickmühle.
Welche Rolle spielen alternative Vergütungskomponenten?
Schannath: Das sind immer die klassischen Themen der variablen Vergütung, die aber in kaum einem Unternehmen so ausgereift ist, dass sich der Kandidat wirklich konkret vorstellen kann, was am Ende des Jahres dabei herauskommt. Es gibt quantitative und qualitative Ziele, aber die quantitativen werden manchmal bewusst vermieden. In der Vergangenheit kam es vor, dass Mitarbeiter mehr verdienten als ihre Vorgesetzten – deshalb gibt es heute oft Kappungsgrenzen. Umfragen zeigen aber: Für über 70 Prozent der Kandidaten ist das Gehalt nach wie vor der Hauptgrund für einen Wechsel.
Und andere Benefits wie Bahncard 100 oder Dienstwagen?
Schannath: Das sind Goodies. Der eine sagt: „Ich will gar kein Auto haben, ich brauche lieber eine Bahncard 100.“ Das ist sehr individuell. Am Ende muss das Gesamtpaket stimmen – dazu gehören der Standort, das Gehalt und eventuell solche Extras. Aber wenn ich in eine Stellenanzeige schreibe, „bei uns gibt es frisches Wasser und Äpfel“, glaube ich nicht, dass deswegen jemand zu dem Unternehmen wechselt.
Wo sehen Sie aktuell die spannenderen Karriereperspektiven – im klassischen Asset Management oder in den Private Markets?
Schannath: Private Markets haben einen totalen Hype. Ich bin auf vielen Veranstaltungen mit institutionellen Investoren und Family Offices – die setzen extrem stark auf Private Markets, in der kompletten Bandbreite von Private Equity bis Private Debt. Aber man muss das in Relation sehen: Im Alternativbereich machen Immobilienfonds etwa 80 Prozent aus. Ähnlich wird es im klassischen Asset Management bleiben – da werden die großen Volumina gedreht.
Private Markets sind und bleiben also Nischenmärkte?
Schannath: Sie sind zwar aufstrebend und bieten spannende Karrieremöglichkeiten, werden aber nie die gleiche Größenordnung erreichen. Auch das Thema ETFs haben die etablierten Häuser mittlerweile erkannt – sie müssen selbst solche Produkte auflegen, weil aktive Fonds nachweislich einen schweren Stand gegen ETFs haben. Besser als der Markt zu sein, das sind eigentlich eher Ausreißer in vielen Segmenten.
Über den Interviewten
Heinz Schannath war in verschiedenen Managementpositionen bei Finanzdienstleistern tätig, bevor er 2003 die Personalberatung Dr. Schannath Executive Search gründete. Mit ihr betreut er Kapitalverwaltungsgesellschaften, (Alternative) Asset Manager, institutionelle Investoren, Immobiliengesellschaften und Intermediäre bei der Besetzung von Vorstands-, Geschäftsführungs- und Managementpositionen.
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