Faktencheck „Ein typisches Klischee ist, dass Hedgefonds-Manager skrupellose Risikofanatiker sind“
Welches sind die drei weltweit größten Hedgefonds und inwiefern sind diese repräsentativ für die gesamte Branche?
Robin: Weltweit verwalten Hedgefonds ein Vermögen von mehr als 4 Billionen US-Dollar.
Die größten amerikanischen Hedgefonds sind laut Forbes
- Bridgewater Associates mit 124,3 Milliarden US-Dollar an Assets under Management (AUM),
- Renaissance Technologies mit 106 Milliarden US-Dollar AUM und
- AQR Capital Management mit 94,5 Milliarden US-Dollar AUM.
Obwohl diese drei Giganten die größten verwalteten Summen aufweisen, spiegeln sie nicht die gesamte Bandbreite der Hedgefonds-Branche wider. Die Branche umfasst eine Vielzahl von Größen, Anlagestilen und Risikotoleranzen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie für zukünftige Ergebnisse.
Wie unterscheiden sich die Chancen und Risiken eines Hedgefonds von denen traditioneller Investmentfonds oder ETFs?
Robin: Hedgefonds können aufgrund ihrer flexibleren Anlagestrategien und des Einsatzes von Leverage potenziell höhere Renditen erzielen als traditionelle Investmentfonds oder ETFs.
- Darüber hinaus können sie so strukturiert sein, dass sie eine geringere Korrelation mit dem Gesamtmarkt aufweisen. Dies kann dazu beitragen, das Risiko eines Portfolios zu reduzieren und Verluste in volatilen oder fallenden Marktphasen zu begrenzen.
- Hedgefonds können zudem in Nischenmärkte investieren, die für traditionelle Investmentfonds oder ETFs nicht oder nur kaum zugänglich sind.
Leerverkäufe und Hebel erhöhen Risiken bei Hedgefonds
Hedgefonds sind durch die flexiblen Strategien nicht zwingend mit einem höheren Risiko verbunden als traditionelle Investmentfonds oder ETFs. Dies liegt an ihren sehr unterschiedlichen Anlagestrategien und dem Einsatz von Absicherungsinstrumenten.
- Auf der anderen Seite kann diese Flexibilität dazu führen, dass die Risiken deutlich höher sind als bei traditionellen Fonds – insbesondere durch den Einsatz von Leerverkäufen und Hebeln.
- Dazu kommt, dass Hedgefonds oft illiquide sind. Das heißt, die Anleger können ihr Geld nicht jederzeit zurückziehen.
- Außerdem verlangen Hedgefonds in der Regel höhere Gebühren, welche die Rendite schmälern können.
- Darüber hinaus sind Hedgefonds aufgrund der vielseitigen Strategien oft weniger transparent und schwerer verständlich für Kleinanleger. Dies kann es für Anleger schwieriger machen, die Risiken zu verstehen, denen sie sich aussetzen.
Wie sind Anlagen in Hedgefonds regulatorisch abgesichert im Vergleich zu Investitionen in Fonds oder ETFs?
Robin: Der regulatorische Rahmen für Hedgefonds ist im Vergleich zu Fonds und ETFs weniger umfassend; es sei denn, es handelt sich um Fonds, die für den Vertrieb an Kleinanleger:innen zugelassen sind. Das bedeutet, dass sie mehr Freiheiten in ihren Anlagestrategien haben. Fonds und ETFs unterliegen strengeren Regulierungen wie der Ucits/OGAW-Richtlinie oder dem Kapitalanlagegesetzbuch.
Die Ucits/OGAW-Richtlinie harmonisiert die Regulierung von Investmentfonds in der Europäischen Union. Sie schreibt unter anderem vor, in welche Anlageklassen Fonds investieren dürfen und welche Regeln sie beim Risikomanagement einhalten müssen. Das Kapitalanlagegesetzbuch regelt die Anlageberatung und das Portfoliomanagement in Deutschland. Es verpflichtet Vermögensverwalter unter anderem, die Anlageziele und die Risikoneigung ihrer Kunden zu berücksichtigen.
Neuerdings gibt es jedoch Hedgefonds, die genau diesen Regularien unterliegen und speziell für Kleinanleger konzipiert wurden. Hier ist der regulatorische Rahmen ähnlich umfassend wie bei Aktienfonds oder ETFs.
Der Großteil von Hedgefonds ist in der Regel nicht an diese Regulierungen gebunden. Sie unterliegen aber beispielsweise dem Marktrecht (Verbot von Insiderhandel und Marktmanipulation) sowie dem Anlegerschutzgesetz des Landes, in dem sie ihren Sitz haben.
Über den Interviewten
Robin Binder ist CEO und Gründer von Nao. Er war knapp acht Jahre für die Unicredit Bank tätig und beriet mittelständische Unternehmen. Anschließend baute er das Family Office Zeitgeist Group sowie den Fintech-Venture Capital Zeitgeist X Ventures mit auf. In seiner Rolle als Geschäftsführer des Frühphasen-Venture Capitalists war er an Investments in Fintechs wie Bling, Timeless und Unitplus beteiligt.