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Gastbeitrag zum Fall Heinz Hoenig
Ein abgebrannter Schauspieler hat keine Krankenversicherung – muss das sein?
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Von in MeinungenLesedauer: 6 Minuten
Walter Benda
Versicherungsmakler und Branchenkritiker Walter Benda ist der neue PKV-Experte bei DAS INVESTMENT. | Foto: Walter Benda / Josephina Rollinger mit Canva
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Der einst höchst erfolgreiche Schauspieler Heinz Hoenig steht ohne Krankenversicherung dar und braucht eine intensive Behandlung, für die er nicht die finanziellen Mittel hat. Schuld daran, trägt seine Private Krankennversicherung (PKV), bei der er zuletzt versichert war. Was absurd klingt, geistert derzeit durch die Presse.

Ich kenne den Mann nicht, habe keines seiner Werke gesehen, nicht einmal den Kassenschlager „Das Boot“. Dennoch bedauere ich sein Schicksal. Denn aus eigener Erfahrung weiß ich, wie niederschmetternd es ist, medizinische Behandlung zu brauchen, aber weder eine Krankenkasse zu haben noch die Möglichkeit, die Behandlung selbst zu zahlen. Ein Schicksal, das in Deutschland so nicht sein soll – weshalb es eine Krankenversicherungspflicht gibt.

Ist die Private Krankenversicherung das Problem?

Allerdings erscheint mir die Darstellung seines Falls doch sehr verzerrt. Wer zu Lebzeiten mutmaßlich viel verdient hat und im Rentenalter ohne Krankenversicherung dasteht, kann offensichtlich nicht mit Geld umgehen und hat bei der Auswahl seiner Berater geschlampt. Umso heuchlerischer, wenn andere Promis wie Til Schweiger oder die Gattin Hoenigs zu Spenden aufrufen. Hunderttausende Menschen jedes Jahr erleiden ähnliche Schicksale, sind aber eben nicht prominent. Was zynisch klingt, hat einen wahren Kern, denn der Normalbürger muss sich selbst helfen. Wobei sich die Frage stellt, ob das geht.

Und warum nun eine nicht vorhandene PKV das Problem sein soll, aber nicht eine nicht vorhandene Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), verstehe ich nicht. Daher ein paar Klarstellungen:

Eine PKV darf nicht kündigen

Niemand in Deutschland wird aus der PKV geworfen, solange er hier der Versicherungspflicht unterliegt. Nicht einmal, wenn er die normalen Beiträge sowie jene des Notlagentarifs nicht zahlen kann. Die PKV darf nicht kündigen, das steht wörtlich im Gesetz. Anders sähe es aus, wenn man sich beispielsweise aus steuerlichen Gründen ins Ausland abgemeldet hätte, weil die Versicherungspflicht dann nicht mehr greift.

Für kreativ Tätige gibt es die Künstlersozialkasse

Hier gibt es zudem Ungereimtheiten, denn die Künstlersozialkasse (KSK) zahlt einen KV-Zuschuss, sowohl zur PKV als auch zur GKV. Auch ein Rentenzuschuss wird gezahlt. Die KSK agiert wie ein fiktiver Arbeitgeber. Es fällt schwer zu glauben, dass bei Hoenig das System versagt haben soll und weder Zuschüsse noch Renten geleistet wurden. Anders sähe es aus, wenn man nicht bei der KSK gemeldet ist, zum Beispiel, um deren Beiträge zu sparen. Doch davon wissen wir im Fall des Schauspielers nichts.

Aus praktischer Erfahrung – ich betreue diverse Künstler, darunter auch die deutsche A-Riege – muss ich leider bestätigen, dass das kein Einzelfall ist, denn viele einst oder vermeintlich aktuell erfolgreiche Künstler sind abgebrannt und versuchen aus der PKV in die GKV zu kommen oder den Tarif zu optimieren. Ungünstigerweise ist das nicht selten eine provisionsgetriebene Verfehlung meiner Branche, denn aus Erfahrung zeigt sich, dass die meisten Künstler nichts in der PKV verloren haben, ähnlich wie junge Selbstständige.

Zuschüsse und Härtefallregelungen: Welche Auswege gibt es?

Zuvorderst muss man in jungen Jahren einen anständigen Tarif abschließen, der Alterungsrückstellungen bildet. Mit Billigtarifen funktioniert das nicht. Auch zusätzliche Sparbausteine sollte man einkaufen, denn auch diese werden hälftig von der KSK bezuschusst. Wer das tut, hat langfristig kein Problem.

Wer in der Vergangenheit diesbezüglich Fehler gemacht hat, die nicht mehr zu korrigieren sind, kann andere Wege finden. Niemand muss hierzulande ohne Schutz sein.

 

Es gibt amtliche Zuschüsse zur KV, egal ob Arbeitslosen- oder Bürgergeld. Das Amt zahlt die Hälfte, maximal bis zur Höhe des Basistarifs. Es ist sogar möglich, fast kostenfrei versichert zu sein, denn in sogenannten Härtefallen zahlt das Amt auf Antrag die eine Hälfte des Basistarifs und die PKV verzichtet auf ihren Anteil. Selbst die kassenärztlichen Vereinigungen der GKV weisen mit Quellenangaben darauf hin. Doch Achtung: Das gilt nur für die Prämie, nicht für die extra zu zahlende Selbstbeteiligung, die daher gering sein sollte.

Da der Beitrag zur Krankenversicherung das Einkommen unter die Schwelle der Hilfsbedürftigkeit drücken kann, ist es unglaubwürdig, dass jemand diese nicht bezahlen können soll. Zudem gilt bei drohendem Verlust der Krankenversicherung, dass auf Antrag ein Eilverfahren durchgeführt wird. Auch Sozialgerichte können angerufen werde und stellen aufgrund von Prozesskostenhilfe sowie Beratungsscheinen keine Hürde dar.

Altversicherte können noch auf günstigen Standardtarif zurückgreifen

Die PKV hat diverse Sozialtarife sowie die internen Tarifwechselrechte nach Paragraf 204 Versicherungsvertragsgesetz. Für Altversicherte (PKV-Eintritt vor 2009) gibt es sogar noch den Standardtarif – ein weitestgehend der GKV nachempfundener Tarif. Ich habe Kunden, die im Alter von über 70 oder 80 Jahren unter 200 Euro im Monat zahlen müssen, etwaige KSK-Zuschüsse oder Amtshilfen außen vor. Wer mittellos (maximal 505 Euro im Monat) und verheiratet ist, kann zudem in die Familienversicherung schlüpfen, unabhängig vom Alter.

Weitestgehend unbekannt, gibt es noch die sogenannten Solidargemeinschaften, meist in Form von Vereinen oder Unterstützungskassen. Sie sind ein Mischmodell aus GKV und PKV, deren Beiträge jedoch einkommensabhängig erhoben werden und keine Vorversicherung zur Mitgliedschaft voraussetzen, aber nicht jeden aufnehmen. Der Antrag muss also gestellt werden, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Eigenverantwortung statt Schuldzuweisungen

Natürlich sind Hürden und Stolpersteine zu beachten, aber es gibt im deutschen Gesundheitssystem für solche Fälle Mittel und Wege. Doch dafür braucht es einen guten Berater.

Ich wage zu behaupten, dass bei Herrn Hoenig nicht alle dieser Optionen geprüft wurden, weil Scham eine Rolle spielte. Aber dann ist aufgrund seines beruflichen Werdegangs, der damit einhergehenden Möglichkeiten sowie der Optionen zu Vermeidung der Misere das Mitleid stark gedämpft, zumindest bei mir. Was garantiert nicht hilft, ist, anstatt die Eigenverantwortung zu betonen, mit Falschaussagen sowie tendenziösem Populismus der PKV die Schuld in die Schuhe zu schieben.

Über den Autor:   

Walter Benda, Jahrgang 1983, fing als Soldat an, arbeitete dann in einem Krankenhaus und begann parallel BWL zu studieren. Später wurde er Mehrfachagent bei einem Allfinanzvertrieb, 2008 dann Versicherungsmakler. Er ist spezialisiert auf die PKV und die Altersvorsorge. Benda gilt als medienpräsenter und scharfzüngiger Kritiker der Versicherungsbranche. Er betreibt die Seite „Die Finanzprüfer“.

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