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Hendrik Leber: "Fondsdiebstahl ging mir an die Substanz“

Es ist ein sonniger Donnerstagnachmittag in Frankfurt am Main. Hendrik Leber, Gründer und Chef von Acatis, empfängt in seinem Büro. Der 67-Jährige wirkt entspannt, trotz der turbulenten Monate, die hinter ihm liegen. Die Trennung von Gané, dem langjährigen Partner und Erfolgsgaranten, hat die Branche aufgewühlt. Doch Leber blickt nach vorne – mit einer Mischung aus Optimismus und Selbstreflexion.
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Es ist ein sonniger Donnerstagnachmittag in Frankfurt am Main. Hendrik Leber, Gründer und Chef von Acatis, empfängt in seinem Büro. Der 67-Jährige wirkt entspannt, trotz der turbulenten Monate, die hinter ihm liegen. Die Trennung von Gané, dem langjährigen Partner und Erfolgsgaranten, hat die Branche aufgewühlt. Doch Leber blickt nach vorne – mit einer Mischung aus Optimismus und Selbstreflexion.
DAS INVESTMENT: Herr Leber, lassen Sie uns gleich in medias res gehen. Die Trennung von Gané hat hohe Wellen geschlagen. Wie blicken Sie heute darauf zurück?
Hendrik Leber (seufzt leicht): Wissen Sie, ich möchte mich dazu öffentlich nicht äußern. Wir haben die Verträge gekündigt und stehen zu unserer Entscheidung. Wir haben dazu gesagt, was wir sagen wollten. Der Blick geht jetzt nach vorne.
Verstehe. Aber unsere Leser und die gesamte Branche interessiert natürlich, was zu dieser Entscheidung geführt hat. Können Sie uns einen Einblick geben, ohne zu sehr ins Detail zu gehen? Es heißt, die Zusammenarbeit war in den vergangenen Jahren zunehmend komplex geworden …
Leber: Nun gut. Die Zusammenarbeit wurde in den letzten Jahren in der Tat schwierig. Es gab Konflikte bei den Markenrechten und der Auflegung eines konkurrierenden Fonds. Auch Compliance und Interessenkonflikte spielten eine Rolle. Aber lassen Sie mich eines klarstellen: Wir haben deutlich mehr an Gané abgegeben, als wir selbst vereinnahmt haben.
Wie haben Sie persönlich diese Zeit erlebt?
Leber: Es war sicherlich keine einfache Phase. Aber wissen Sie, was mich und meine Kollegen wirklich getroffen hat? Als das Wort „Fondsdiebstahl“ fiel. Das geht an die Substanz. Was haben wir in dieser Branche schon außer unserer Reputation?
Apropos Reputation – wie haben Ihre Kunden auf die Trennung reagiert?
Leber: Natürlich hatten wir anfangs Mittelabflüsse. Interessanterweise halbieren sich die Abflüsse jeden Monat, und wir nähern uns nun der Nulllinie.
Haben Sie damit gerechnet?
Leber: Teils, teils. Ich dachte, die Anleger würden bleiben, weil sich am Investmentprozess ja nichts geändert hat. Aber im Insti-Bereich ist ein Beraterwechsel eben doch ein rotes Lämpchen. Das haben wir unterschätzt. Im Retail-Segment blieb es dagegen sehr stabil, sicher auch, weil der Fonds gut performt.
Sie haben zeitnah nach der Trennung die Bestandsprovision des Value-Event-Fonds erhöht. Warum?
Leber: Das stimmt, wir geben jetzt mehr an den Markt weiter. Es gab immer wieder Diskussionen mit Vertriebspartnern, die höhere Provisionen wollten. Eine Sparkasse hier in der Nähe sagte zum Beispiel, sie würden uns gerne listen, aber zu einer höheren Bestandsprovision.
War das eine schwierige Entscheidung?
Leber: Warum sollten wir das nicht machen? Es ist ein Geben und Nehmen. Und letztendlich profitieren davon nicht nur wir, sondern auch unsere Vertriebspartner und indirekt unsere Anleger.
Geht es der Firma Acatis finanziell nun besser?
Leber: Auf jeden Fall. Wir haben zwar Volumen verloren, aber wir geben auch mehr an den Markt weiter und behalten den Rest ein. Und das kommt nicht nur mir zugute. Wir haben ein Partnermodell etabliert, das alle langjährigen Mitarbeiter einschließt.
Wie sieht dieses Modell konkret aus?
Leber: Es geht darum, dass alle, die sich in die Firma einbringen, davon profitieren. Das sind nicht nur die Führungskräfte, sondern auch Mitarbeiter, die länger als zehn Jahre dabei sind. Egal ob sie am Empfang sitzen oder in der Kommunikation arbeiten - wenn sie sich verdient gemacht haben, können sie Partner werden. Durch die neue Situation geht es diesen Kollegen jetzt auch besser.
Sie sind 67 Jahre alt, feiern also in drei Jahren den 70. Geburtstag. Soll dieses Modell die Generationennachfolge regeln?
Leber: Das ist die Idee dahinter. Mein persönlicher Plan ist, jährlich 10 Prozent meiner Arbeit abzugeben. In ein paar Jahren möchte ich auf 50 Prozent reduzieren und mich auf meine Fonds und Strategiesitzungen konzentrieren.
Das klingt durchdacht. Aber Hand aufs Herz – fällt es Ihnen leicht, loszulassen?
Leber (lacht): Nun, ich mache meinen Job verdammt gerne. Aber man muss realistisch sein. Ich weiß nicht, wie lange ich noch gut bin. Momentan fühle ich mich topfit, aber ich will nicht den Fehler machen, den viele machen und zu lange an der Macht kleben.
Ist der heutige Hendrik Leber besser als der junge?
Leber: Ich glaube tatsächlich, dass ich besser werde. Aber das ist natürlich immer die Frage – Einbildung oder nicht? André Kostolany wurde ja angeblich auch immer besser, bis zum Schluss. Und am Ende stimmte es nicht mehr. Er hat nachgelassen und glaubte, er wäre noch gut. Man muss aufpassen, dass man sich nicht selbst überschätzt.
Und wie wollen Sie sichergehen, keinem Trugschluss zu unterliegen?
Leber: Das zeigen mir die monatlichen Performance-Zahlen.
In der Branche war nach der Trennung von Gané immer wieder von gekränkter Eitelkeit die Rede. Wie wichtig ist Ihnen persönlich Ihr Ego in diesem Geschäft?
Leber: Die Frage ist interessant, aber unwesentlich für die Entscheidung. Ego bedeutet für mich, strategische Ziele zu erkennen und zu erreichen. Eitelkeit hingegen ist das Streben nach Lob und Anerkennung von außen – eine sinnlose Eigenschaft, denn für den Kunden zählen Rendite und eine gute Betreuung.
Eine interessante Differenzierung. Lassen Sie uns über Johannes Hesche sprechen, Ihren neuen Fondsmanager. Was macht ihn aus?
Leber: Johannes Hesche ist ein echter Gewinn für uns. Er ist der bedächtigere Typ von uns beiden, sehr gründlich und erfahren im Umgang mit großen Volumina. Seit vielen Jahren betreut er ein Produkt für eine Milliardärsfamilie. Er weiß genau, wie man mit ein paar dutzend Aktien umgeht, die für die Ewigkeit gekauft werden.
Sie sagten, er sei bedächtiger als Sie. Was heißt das konkret?
Leber: Nun, nehmen wir ein Beispiel: Im Acatis Aktien Global Fonds setzen wir gerade auf die Aktie Vertex, weil sie in gleich drei neuartigen medizinischen Themenbereichen gute Umsätze erzielt. Herr Hesche würde das in seinem Fonds nicht anpacken. Er wählt lieber die Visa-Aktie. Er ist da viel, viel vorsichtiger – und das ist gut so. Wir ergänzen uns hervorragend.
Wie hat sich die Trennung von Gané und der Fondsmanagerwechsel auf Ihren Vertrieb ausgewirkt?
Leber: Die intensiven Gespräche des Vertriebs mit unseren Kunden haben die Kundenbindung erheblich gestärkt und ermöglichen die Präsentation unserer breiten Produktpalette, auch über den Acatis Value Event Fonds hinaus.
Wie positionieren Sie sich denn mit Ihren Fonds-Produkten in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt?
Leber: Wir sind komplett benchmarkfern – und das ist gut so. Wir haben Themen, die andere so nicht draufhaben. Und wir erklären klar, was wir machen. Man weiß, was passiert und welche Titel warum drin sind. Ich glaube, das gibt uns eine Stärke. Zudem leben wir Nachhaltigkeit sehr aktiv.
Können Sie das konkretisieren?
Leber: Gerne. Nehmen Sie zum Beispiel die Firma SFC Energy, die wir seit vielen Jahren im Portfolio haben. Als denen kürzlich ein Bußgeld von 189.000 Euro auferlegt wurde, weil sie angeblich einen Halbjahresfinanzbericht nicht publiziert hatten, war das sofort ein Governance-Thema für uns. Wir haben recherchiert, nachgehakt und festgestellt, dass der Bericht sehr wohl veröffentlicht wurde – es fehlte lediglich der Bilanzeid. So leben wir aktive Governance.
Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Leber: Schnelle Gerichtsverfahren, damit die ganze Sache endlich hinter uns liegt. Und dann möchte ich mich auf das konzentrieren, was mir Spaß macht. Wissen Sie, diese Woche habe ich ein Buch mit wirtschaftswissenschaftlichen Aufsätzen zur Kelly-Formel bekommen. Das zu lesen ist für mich ein Genuss. Solche Dinge möchte ich in Zukunft mehr machen – ohne dabei das Wohl der Firma aus den Augen zu verlieren.
Haben Sie konkrete Pläne für die Zeit, wenn Sie bei den angepeilten 50 Prozent angekommen sind?
Leber: Oh ja. Meine Frau und ich haben ein Lieblingsorchester in Bremen, die Deutsche Kammerphilharmonie. Wir reisen ihnen zu ihren Konzerten hinterher – nach Wien, Perugia, Paris. Das sind die kleinen Freuden, die ich mir gönnen möchte. Aber ich mache meinen Job einfach zu gerne, um ganz aufzuhören!



