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Mr. Aktie Henning Gebhardt: Sein neues Leben zwischen Fonds, Fintechs und Fairways

Fondsmanager Henning Gebhardt
Fondsmanager Henning Gebhardt | Foto: Christoph Fröhlich

So viele Nullen. Henning Gebhardt (55) kann sich noch an den Moment erinnern, in dem seine Faszination für das Fondsmanagement entfacht wurde. Es war 1986, er war 19 Jahre alt und absolvierte gerade seine Ausbildung in der Commerzbank in Göttingen, als das Telefon klingelte. „Sie wollen eine Anleihe für RWE kaufen?“, fragte der Wertpapierberater, der mit ihm im Raum saß. „Wie viel soll es sein? 40 Millionen Mark?“ Für ihn ein normaler Vorgang. Business as usual. Für Gebhardt eröffnete sich jedoch eine neue Welt: „Ich saß da als junger Spund und staunte: 40 Millionen, das war in den Achtzigern ein Vermögen. Alles daran hat mich fasziniert. Der Vorgang, die Geschwindigkeit.“

Das Erlebnis ließ Gebhardt nicht los, 1987 kaufte er seine erste Aktie – „zehn Anteilsscheine für Philips Glühbirnen“. Der Funke sprang über, er wollte Fondsmanager werden. „Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, in einer normalen Bank zu arbeiten und Kreditanträge zu prüfen. Haken dran, Klappe zu und abends die Schublade abschließen, das wäre mir zu eintönig geworden.“ Die Grundlagen dafür legte er im BWL-Studium in Göttingen, es folgte ein Jahr als Trainee bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank, 1996 startete er als Portfoliomanager bei der DWS in Frankfurt mit Schwerpunkt Asien.

Kein Mann für die zweite Reihe 

Schnell zeigte sich, dass er kein Mann für die zweite Reihe ist. „Als Fondsmanager fällt man die Entscheidungen. Das finde ich bis heute reizvoll. Ich wollte immer Verantwortung übernehmen.“ Im Jahr 2000 wurde er bei der Fonds-Tochter der Deutschen Bank zum Leiter für deutsche Aktien befördert. 2014 folgte der Aufstieg zum Chef des globalen Aktiengeschäfts der DWS Group. In der Spitze verantwortete er ein Kundenvermögen von rund 100 Milliarden Euro. Noch mehr Nullen. Der junge Mann aus der Commerzbank wäre vermutlich in Ohnmacht gefallen.

 

„Da wächst man rein, ich stand ja nicht am ersten Tag am Steuerrad des 100-Milliarden-Tankers. Mein Start fiel in eine Phase voller Mittelzuflüsse, das Fondsvolumen vergrößerte sich sukzessive. Am Ende macht es ehrlich gesagt keinen Unterschied, ob man für jemanden 10.000 Euro oder eine Million managt. Die meisten Portfoliomanager wollen einfach einen guten Job machen.“

Und Gebhardt machte einen exzellenten Job. Der von ihm gemanagte Fonds DWS Aktien Strategie Deutschland gehörte 2000 bis 2016 zu den besten Deutschlands-Fonds, keine Krise – egal, ob das Platzen der Dotcom-Blase, die Krisen in Asien, am Neuen Markt, 9/11, die Lehman-Pleite oder Fukushima – schien ihn aus dem Takt zu bringen. „Sich von der Panik am Markt nicht anstecken zu lassen ist einfacher gesagt als getan. Man lernt es nur auf die harte Tour.“ Diese Erfahrung würdigte die Branche unter anderem mit dem Sauren Golden Award und dem Titel „Fondsmanager des Jahres 2016“.

Auf Hauptversammlungen setzte er sich für eine gute Unternehmensführung ein. Sah er diese gefährdet, hielt er mit seiner Meinung nicht hinterm Berg, wie selbst Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch erfahren musste. Die Interessen der Aktionäre standen für Gebhardt stets an erster Stelle – was ihm den Beinamen „Mr. Aktie“ einbrachte. „Da bin ich nicht undankbar, es hätte mich schlimmer treffen können“, scherzt er.

Wer wie Henning Gebhardt Leiter für globale Aktien bei der DWS war, ist in der Welt zu Hause.
Wer wie Henning Gebhardt Leiter für globale Aktien bei der DWS war, ist in der Welt zu Hause. Sein Auslandspraktikum im Studium verbrachte er in Chicago, der Heimat der Chicago Bulls (A). Aufgewachsen ist er in Göttingen (C), seinen Lebensmittelpunkt hat er rund um Frankfurt (B). Privat reist er häufig nach Schottland – der herrlichen Golfplätze wegen (D). © DAS INVESTMENT

Henning Gebhardt: Sport prägte ihn fürs Leben

Während die meisten Kinder in den Siebzigern auf Bolzplätzen ihren Idolen wie Paul Breitner, Gerd Müller oder Uwe Seeler nacheifern, zieht es Gebhardt auf den Court. Göttingen war Basketball-Hochburg, der Fußball hatte hier nicht viel zu melden. Mit acht Jahren trat er in den Verein ein, aktiv spielte er bis zum 30. Lebensjahr. Während des Studiums trainierte er sogar eine Göttinger Mädchenmannschaft, die 1992 in ihrer Altersklasse Deutscher Meister wurde. „Das war ein unglaubliches Gefühl. Die gesamte Saison darauf hinzuarbeiten und dann das Finale zu gewinnen, das ist mit nichts zu vergleichen.“  

Sein großes Idol war Michael Jordan, seinetwegen zog es ihn im Studium zum Auslandspraktikum nach Chicago. Am Tag der Landung verkündete „His Airness“ jedoch seinen Rücktritt bei den Chicago Bulls. Auf dem Spielfeld sah er ihn später trotzdem noch mal.

Henning Gebhardt investiert nun auch in Fintechs und andere Start-ups
Henning Gebhardt investiert nun auch in Fintechs und andere Start-ups © Christoph Fröhlich

Gebhardt selbst zählte nie zu den hochgewachsenen Spielern der Mannschaft, von daher war er nicht für viele Positionen prädestiniert. Er war Aufbauspieler, „ich hatte den Ball in der Hand und musste dirigieren“. Eine Fähigkeit, die ihm später im Fondsmanagement ebenso nützte wie der Umgang mit Leistungsdruck.

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„Ein Portfolio zu managen ist ein schöner Job, aber auch ein sehr verzehrender.“ Denn der Alltag des Fondsmanagers hat sich seit den Tagen in der Commerzbank, als Orders per Telefon durchgegeben wurden, grundlegend verändert. Computer hielten Einzug, das Internet, Smartphones mit Echtzeit-Trading. Erschien früher die Zeitung einmal am Tag, rauscht heute ein endloser Nachrichtenstrom durchs Netz, der Aktienkurse steigen, aber auch crashen lassen kann.

„Dieser Druck im Job geht nicht spurlos an einem vorbei. Viele Portfoliomanager leiden irgendwann unter Folgen wie zu hohen Cholesterinwerten oder Tinnitus. Ich bin davon bislang zum Glück verschont geblieben. Aber auch ich hatte eine Phase, die ich beinahe unerträglich fand. Ich brauchte ein Ventil, deshalb habe ich mit Golfspielen angefangen.“ 

Heute verbringt Gebhardt, 55 Jahre, zwei erwachsene Kinder, so viel Zeit auf dem Grün, wie er nur kann. Im Sommer schlägt er die Bälle bis zu dreimal pro Woche. „Man ist in der freien Natur und schaut hoffentlich nicht so viel aufs Smartphone. Das macht den Kopf frei.“ Wenn möglich zieht es ihn nach Schottland, genauer gesagt in die Gegend um Edinburgh. Ganz in der Nähe werden auch die Speyside Whiskys produziert, die er so schätzt. Wie praktisch. In Deutschland zählen der Budersand auf Sylt, der Niedersachsen Course bei Göttingen und der Frankfurter Golf Club zu Gebhardts Favoriten.

Millennium Global Opportunities: Fonds für die Welt im Wandel 

Nach 20 Jahren bei der DWS wechselte Gebhardt im Jahr 2017 als Chef für die Fonds- und Vermögensverwaltung zur Hamburger Privatbank Berenberg, nach drei Jahren folgte im Corona-März 2020 mit der Fondsboutique Hollyhedge Consult der Schritt in die Selbstständigkeit. Nun managt Gebhardt gemeinsam mit Christoph Lampert den Mischfonds Millennium Global Opportunities.

Und backt nun kleinere Brötchen: Das Fondsvolumen liegt bei knapp 36 Millionen Euro. Noch einmal 100 Milliarden zu managen reize ihn jedoch nicht. „Darum geht es mir nicht. Ich finde es schön, am Markt präsent zu sein und Kunden zu haben, zu denen das Produkt passt.“

Der Fonds mag nun kleiner sein, dafür kann Gebhardt seine Tage nun selbstbestimmt gestalten. Sein Büro habe er noch in Frankfurt, „aber eigentlich arbeite ich von überall“. Mal in Hamburg, mal im Zug nach München. Und das Wichtigste: „Ich verschwende keine Zeit mit endlosen Meetings und muss mir um die interne Hauspolitik keine Gedanken machen.“

Bildunterschrift © DAS INVESTMENT

Der Millennium Global Opportunities ist ein flexibler Mischfonds mit Fokus auf Wachstumswerten und Nachhaltigkeit, er ist klassifiziert nach Artikel 8 und hat drei Sterne bei Morningstar. Soweit die grauen Rahmendaten. Inhaltlich geht es um nicht weniger als die tiefgreifenden Veränderungen der nächsten Jahrzehnte: Digitalisierung, eine sich rapide verändernde Demografie und Wohlstandsentwicklung, den Klimawandel.

Die Aktienquote des Fonds liegt derzeit bei 65 Prozent. Wenn sich der Markt wieder normalisiere, werde er die Aktienquote höher schieben. Derzeit gebe es jedoch noch andere attraktive Opportunitäten, etwa Anleihen, Gold oder Rohstoffe. Und ohne Rohstoffe gehe nun einmal nichts im Kampf gegen den Klimawandel.

Überhaupt, der Klimawandel. Er ist Gebhardts zentrales Motiv. Schon 2007 lancierte die DWS nach einem viel zu warmen Winter den ersten Klimawandel-Fonds (der heute DWS Global Water heißt) mit einem Schwerpunkt auf Cleantech-Unternehmen. Mit seinem Fonds setzt er auf Unternehmen, die seiner Ansicht nach die Welt von morgen prägen werden. Und dass die Zukunft digitaler, sauberer und nachhaltiger ist, steht für ihn außer Frage. Zugleich ist Gebhardt Aufsichtsratsmitglied des S-Dax-Konzerns SFC Energy, eines Herstellers von Wasserstoff-Brennstoffzellen mit Sitz in Brunn- thal bei München. Das Thema hat eine enorme Brisanz, ist er überzeugt.

Wer Golf spielt, Mountainbike fährt und leidenschaftlicher Basketball-Fan ist, der liest am liebsten, na klar, Biografien über berühmte Sportler. „Ich lese gerne über Menschen, die sich gegen alle Widrigkeiten bis an die Spitze durchsetzen konnten. Diese Geschichten finde ich inspirierend. Man versteht dann erst, wie viel Leidenschaft, aber auch Aufopferung es braucht“, sagt Gebhardt. „Der Respekt vor solchen Leistungen wächst damit noch weiter.“ Seine Top 3 sind von John Daly, Andre Agassi und Brittney Griner
Wer Golf spielt, Mountainbike fährt und leidenschaftlicher Basketball-Fan ist, der liest am liebsten, na klar, Biografien über berühmte Sportler. „Ich lese gerne über Menschen, die sich gegen alle Widrigkeiten bis an die Spitze durchsetzen konnten. Diese Geschichten finde ich inspirierend. Man versteht dann erst, wie viel Leidenschaft, aber auch Aufopferung es braucht“, sagt Gebhardt. „Der Respekt vor solchen Leistungen wächst damit noch weiter.“ Seine Top 3 sind von John Daly, Andre Agassi und Brittney Griner © DAS INVESTMENT

Als Angel Investor steht Gebhardt zudem vier jungen Unternehmen finanziell und beratend zur Seite, darunter einem Fintech und einem Essenslieferanten. „Mit der Venture-Welt kam ich früher erst in Kontakt, wenn es zum Börsengang kam. Jetzt lerne ich noch einmal die andere Seite kennen. Zu sehen, wie sich eine Firma von ihren Gründungstagen an entwickelt, ist eine neue Erfahrung für mich. All das konnte ich früher nicht machen. Diese Freiheit schätze ich enorm.“

In seinem Haus im Taunus, nicht einmal eine halbe Stunde von Frankfurt entfernt, hängt ein Bild der Künstlerin Elvira Bach. Sie ist die Mutter des Basketball-Nationalspielers Maodo Lô, auf dem Bild spielt er in einem weißen Trikot, auf dem eine rote Zwölf prangt. Das war Gebhardts Rückennummer als Kind. 

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