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Herbert Walter: "Der Verkauf von Standard-Produkten gegen Provision behält die Oberhand"

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Geschäftsmodell Filialbetrieb unter Veränderungsdruck

Die Stoßrichtung ist klar: Der Kundennutzen muss stärker in den Vordergrund rücken, ein fairer Ausgleich der Interessen zwischen Kunde und Bank muss gewährleistet sein. Grundsätzlich erscheint es sinnvoll, zwischen Direktvertrieb und Flächenvertrieb zu unterscheiden, weil beide im Markt ganz unterschiedlich positioniert sind. Die Kundengruppe der »Selbststeuerer« wird auf mittlere Sicht etwa ein Drittel der deutschen Bankkunden ausmachen, weshalb es für den Flächenvertrieb lebenswichtig sein dürfte, sich gerade im Beratungsgeschäft vom Wettbewerb abzuheben: durch individuell messbaren Kundennutzen, ehrliche Aufklärung, umfassende Perspektive auf die Lebenssituation des Kunden, klare Gespräche und faire Empfehlungen sowie Loyalität und Gesprächskontinuität. Langfristiges Zukunftssparen sollte dabei als Anlageperspektive im Fokus stehen.

Praktische Konsequenzen

Ein faires Geschäftsmodell erfordert die schrittweise Umstellung von »Produktpush« auf »Kundenpull «. Nicht das Angebot der Woche, sondern die Nachfrage des Kunden prägt die Dynamik von Markt und Geschäft. Viele Kunden würden durch einen solchen Prozessmusterwechsel stärker in die erwünschte Rolle eines mündigen Verbrauchers hereinwachsen, das bisherige transaktionsorientierte Geschäftsmodell könnte sich zu einer Partnerschaft entwickeln, aus Standardprodukten könnten echte Dienstleistungen werden, in die der Kunde aktiv einbezogen wird. Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld sind die Anreizsysteme für die Kundenberater, die nicht auf Interessenkonflikte, sondern auf Interessensynthesen ausgerichtet sein sollten. Auch die vertrauensbildende, unabhängige Beratung gegen Honorar bietet eine sinnvolle Option auf regulatorische Differenzierung zwischen »unabhängiger Beratung« und reiner »Vermittlung«. Denkbar wäre auch, die Qualitätsberatung für Privatkunden auf eine Stufe zu stellen mit dem Beruf des Steuerberaters, um ein starkes Signal zu senden, dass die Banken es ernst meinen mit der Berufsethik des Beraters.

Polarisierung der Angebote

Aus heutiger Sicht spricht vieles dafür, dass sich der deutsche Privatkundenmarkt unter dem Druck von Regulierung und Kundenerwartungen noch stärker polarisieren wird:

  • Die Premiumberatung für vermögende Kunden wird immer häufiger gegen Honorar stattfinden, das Financial Planning wird an Bedeutung gewinnen.
  • Die Standardangebote werden zunehmend online und bei hohem Preiswettbewerb zu attraktiven Preisen offeriert. Der Kunde akzeptiert Abstriche bei Beratung und Service. Der Verkauf von Produkten gegen Provision behält die Oberhand.
  • Freiwillige und marktorientierte Regelungen sind die beste Lösung, um Vertrauen auch nachhaltig zurückzugewinnen.


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