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Aktualisiert am 21.02.2013 - 10:58 Uhrin MärkteLesedauer: 5 Minuten

„Herr Bofinger, wie kommen wir aus der Krise?“

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Deutschland verliert dadurch an Wettbewerbsfähigkeit.

Bofinger:
Das würde aber auch passieren, wenn die südeuropäischen Länder eine interne Abwertung durch fallende Löhne machen. Einen Tod muss man sterben.

Wie ist das durchsetzbar? Die Firmen schielen doch nur auf ihre Wettbewerbsfähigkeit, wissen nicht, ob die Konkurrenz mitzieht, und halten darum lieber die Füße still. Die Regierung müsste in den Arbeitsmarkt eingreifen.

Bofinger:
Naja, eingreifen kann sie nicht, schließlich haben wir Tarifautonomie. Aber es wäre schon gut, wenn die Regierung steigende Löhne zumindest unterstützen würde. Man kann ja die Problematik erklären. Liebe Unternehmen, kein Land profitiert so sehr vom Euro wie Deutschland, und kein Land würde so stark unter dem Zusammenbruch des Euroraums leiden wie Deutschland.

Wenn das passiert, gibt es eine gigantische Aufwertung. Dann hättet ihr sehr viel größere Probleme als mit einer kontrollierten internen Aufwertung in Form eines einmaligen Lohnbonus.

Das ist zwar plausibel, aber solange die Firmen nicht sicher sein können, ob sie ihre Wettbewerbsfähigkeit behalten, passiert doch nicht viel.

Bofinger:
Das glaube ich nicht. Man müsste ihnen nur deutlich genug klarmachen, dass es mittelfristig besser wäre, jetzt einen Beitrag zu leisten durch eine interne Aufwertung und damit das System stabil zu halten, als darauf zu setzen, dass die anderen Länder das mit der Lohnsenkung schaffen, und zu riskieren, dass das System auseinanderfliegt. Dann sind die Kosten noch viel höher.

Wie wahrscheinlich ist es, dass sich die Regierung das in einem Wahljahr traut?

Bofinger:
Sehr unwahrscheinlich. Vor allem, weil das Bewusstsein dafür fehlt. Die Frage, was wir tun können, um das Wachstum im Euroraum wieder in Gang zu bekommen und die Kaufkraft zu erhöhen, wird kaum gestellt.

Wenn SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück steigende Löhne als Beitrag zur Stabilisierung des Euro in die Diskussion werfen würde, anstatt über das Gehalt des Bundeskanzlers zu philosophieren, wäre schon viel gewonnen.

Das ist ja auch nicht ganz so einfach. Schließlich könnten Arbeitsplätze verloren gehen.

Bofinger:
Das mag kurzfristig sein, aber längerfristig betrachtet haben wir ein viel größeres Problem, wenn uns der Euroraum um die Ohren fliegt.
Und wenn die Löhne in einem Jahr um 2 bis 3 Prozent mehr steigen, als Produktivitätszuwachs und Inflation rechtfertigen, sind die Effekte auf die Arbeitsplätze sehr begrenzt. Seit Juli 2012 hat der Euro gegenüber Drittwährungen um knapp 7 Prozent aufgewertet, ohne dass es jemanden gestört hat.

2 bis 3 Prozent mehr Lohn reichen doch nicht, um die Schuldenkrise zu lösen.

Bofinger:
Nein, natürlich nicht. Die Schuldenstaaten kommen um Sparmaßnahmen und Reformen nicht herum. Zwangsläufig werden dort auch die Löhne sinken oder aber weniger steigen müssen. Durch steigende Löhne in Deutschland würden die Anpassungslasten aber etwas gleichmäßiger aufgeteilt.


Das Buch zum Gespräch:



Zurück zur D-Mark? Deutschland braucht den Euro
Droemer Verlag
18 Euro (192 Seiten)
ISBN: 978-3-426-27613-6


Das Interview fand im Rahmen der Buchvorstellung beim Wirtschaftsdienst in Hamburg statt. >> Mehr dazu gibt es hier

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