Herr Mobius, müssen wir unsere Emerging-Markets-Strategie überdenken?
Mark Mobius, Franklin Templeton
Ich erforsche seit über 25 Jahren als Analyst und Investor die Schwellenmärkte. Die Leute fragen mich oft, ob ich das Reisen nicht satt habe. Die Antwort lautet ganz klar: Nein! Es ist nicht immer leicht, dauernd auf der Straße (oder in der Luft) zu sein, doch die Begegnung mit Menschen aus aller Welt und die Geschichten über ihr Leben geben mir Kraft. Meine Blog-Leser und Twitter-Follower kann ich nicht alle persönlich kennen lernen, doch ich freue mich über Ihre Beiträge. Hier meine Antworten auf einige Ihrer aktuellen Fragen. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mir aus aller Welt Ihre Fragen mitzuteilen.
Michael aus Argentinien fragt: Sollte Ägypten Ihrer Ansicht nach angesichts der aktuellen Lage aus der Liste der CIVETS (der Schwellenländergruppe, der Kolumbien, Indonesien, Vietnam, Ägypten, die Türkei und Südafrika angehören) gestrichen werden? Wo in der Emerging-Markets-Welt verorten Sie Peru und Chile?
Mark Mobius: Im Dezember fuhr ich nach Ägypten (zum Blog-Eintrag „Ägyptens Arabischer Winter“) und stellte fest, dass das Tagesgeschäft dort trotz politischer Unruhen mehr oder minder weiterläuft. Unser Team besuchte dort eine Reihe von Unternehmen. Mehreren ging es offensichtlich recht gut. Wir müssen begreifen, dass die internationalen Schlagzeilen nicht die ganze Wahrheit über die Vorgänge in einem Land wiedergeben. Wir sind eigentlich keine Verfechter der Idee, diese Länder (die „CIVETS“) als wirtschaftliche Einheit zusammenzufassen, wollen uns aber in Ägypten weiter nach Anlagechancen umschauen. Chile gehört dagegen zu unseren besonderen Favoriten, da wir dort viele Unternehmen entdeckt haben, die nach wie vor florieren. Peru hatte Probleme im Bergbausektor, doch wir halten das Land weiterhin für einen interessanten Standort mit Investmentpotenzial, wenn es auch möglicherweise nicht ganz so viele Chancen bietet wie Chile.
Akeem aus Indien fragt: Ich erachte indische Aktien als stark überkauft und die jüngsten Reformen als zu zaghaft. Wie beurteilen Sie das aktuelle Niveau?
Mark Mobius: Auch wir finden, dass viele indische Unternehmen nach wie vor zu teuer wirken. Doch kontraproduktive Staatspolitik und die letzten Korruptionsskandale haben den Markt in diesem Jahr unter Druck gebracht. Inzwischen erkennen wir durchaus aussichtsreiche Gelegenheiten zum Kauf indischer Unternehmen zu ansprechenderen Kursen. Die indische Regierung hat offenbar die negativen Auswirkungen ihrer Politik auf den Markt erkannt und ihre Haltung zum Einstieg ausländischer Unternehmen in den Einzelhandelssektor unlängst geändert. Diese Entscheidung sollte künftig positive Effekte zeigen.
George aus den USA fragt: Was halten Sie derzeit vom MENA-Raum (Naher Osten/Nordafrika) und insbesondere von Ägypten? Aus Top-down-Perspektive ist Ägypten meiner Ansicht nach der am breitesten diversifizierte Markt der Region mit vorteilhaften demografischen Merkmalen.
Mark Mobius: Weil aus Ägypten negative Meldungen kommen, werden viele Aktien aus Bewertungsperspektive immer attraktiver – nicht nur in Ägypten, sondern auch in anderen Teilen des MENA-Raums. Die Unruhen in Nordafrika sorgen für verstärktes Interesse an manchen Märkten von Golfstaaten. Etliche Investoren aus Nordafrika, Ägypten, etc. suchen beispielsweise nach Anlagemöglichkeiten in den Vereinigten Arabischen Emiraten und insbesondere in Dubai.
Dave aus Schweden fragt: Wir haben Freunde in Afrika (einen Nigerianer und einen US-Amerikaner, der in Jos, Nigeria lebt). Sie äußern sich sehr optimistisch über Afrika im Allgemeinen und Nigeria im Besonderen, sorgen sich aber aktuell um die Drohungen der Sekte Boko Haram, die islamisches Recht (Scharia) einführen will. Einschüchterung durch gezielte Anschläge verdüstert offenbar eine ansonsten wachstumsfreundliche Atmosphäre. Wie wird sich das Ihrer Ansicht nach auf ausländische Investitionen in Nigeria im Speziellen und in ganz Afrika auswirken?
Mark Mobius: Wir beurteilen Afrika und speziell Nigeria im Moment zuversichtlich. Boko Haram macht zweifelsohne Probleme, doch das gilt vor allem für den Norden des Landes, wo überwiegend Moslems leben. Im Süden, wo mit Lagos das Finanz- und Handelszentrum des Landes liegt, waren diese Effekte im Großen und Ganzen eher begrenzt. Boko Haram hat zwar im manchen Fällen Gewalt provoziert, doch das ganze Land wurde davon nicht in Mitleidenschaft gezogen. Wir haben dort viele florierende Unternehmen entdeckt, denn mit dem Land geht es offenbar weiter aufwärts. Derzeit wollen wir uns nicht nur in Nigeria nach Anlagechancen umsehen, sondern auch in anderen Teilen Afrikas wie Ghana, Kenia, Südafrika usw.
Rajdej aus der Schweiz fragt: Ein Blick auf Shanghai, Sensex oder Hang Seng Index macht sprach- und fassungslos, weil sie noch immer so viel tiefer stehen als vor zwei Jahren. Aktuellen Prognosen zufolge ist Chinas BIP 2012 offenbar rund 7,5 Prozent gewachsen. In den USA betrug das Wachstum etwa zwei Prozent. Und wo steht der Shanghai Index im Vergleich zum S&P 500? Man könnte fast sagen, dass dieser Trend schon nicht mehr kurzfristig ist. Er wirkt allmählich immer mehr wie ein langfristiger Abwärtstrend der Emerging-Markets-Kapitalmärkte trotz wachstumsstarker Volkswirtschaften. Vielleicht müssen wir unsere Emerging-Markets-Strategie oder gar unsere Überzeugungen überdenken. Was meinen Sie?
Mark Mobius: Betrachtet man den Zehnjahreszeitraum bis 2012 als Ganzes, dann haben die Schwellenmärkte die Industrieländer in acht dieser zehn Kalenderjahre überflügelt. 2011 war der Rückstand der Schwellenmärkte insgesamt weitgehend der enormen Zahl von Börsengängen (IPOs) und Folgeemissionen von Unternehmen aus Schwellenländern zuzuschreiben, die im Vorjahr erfolgten – 2010 betrug das Volumen rund 500 Milliarden US-Dollar. Vom Zweitmarkt wurde eine Menge Kapital abgezogen und in diese IPOs gesteckt. In diesem Jahr konnten wir insgesamt eine stärkere Wertentwicklung der Schwellenmärkte beobachten und ich bin zuversichtlich, dass sie 2013 einen Ertragsvorsprung erzielen könnten. Aber vergessen Sie nicht: Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für die Zukunft.
Rachit aus Indien fragt: Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass Anlagen auf Grenzmärkten mit langfristigem Horizont erfolgen sollten. Man muss Geduld haben, bis sie sich auszahlen. Sorgen bereitet mir aber, dass ihre Wachstumsstory von einem bestimmten Ereignis/Rohstoff abhängt. Das ist für Saudi-Arabien zum Beispiel Öl und für Katar Gas, denn daraus beziehen sie die meisten Einnahmen. Brechen diese Kernsektoren ein, können die übrigen Sektoren die Wirtschaft nicht tragen. Ist es unter solchen Umständen sinnvoll, in Unternehmen mit starker internationaler Präsenz zu investieren (auch bei einem schwachen globalen Ausblick) oder aber in die inländischen Wachstumsstorys von Unternehmen?
Mark Mobius: Unter den Anlagemöglichkeiten auf Grenzmärkten erscheinen uns derzeit nicht unbedingt Rohstoffunternehmen am interessantesten, sondern Banken und Telekoms. Ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung in diesen Ländern verfügt noch nicht über ein Bankkonto, sodass das Wachstumspotenzial unseres Erachtens groß ist. Die Mobilfunkrevolution hat diese Länder mit großer Heftigkeit erfasst und die Nachfrage nach Handys und Mobilfunkdienstleistungen nimmt rasch zu.
Über das Kontaktformular seines Blogs können Sie Mark Mobius Ihre Fragen oder Ihre Meinung senden.
Michael aus Argentinien fragt: Sollte Ägypten Ihrer Ansicht nach angesichts der aktuellen Lage aus der Liste der CIVETS (der Schwellenländergruppe, der Kolumbien, Indonesien, Vietnam, Ägypten, die Türkei und Südafrika angehören) gestrichen werden? Wo in der Emerging-Markets-Welt verorten Sie Peru und Chile?
Mark Mobius: Im Dezember fuhr ich nach Ägypten (zum Blog-Eintrag „Ägyptens Arabischer Winter“) und stellte fest, dass das Tagesgeschäft dort trotz politischer Unruhen mehr oder minder weiterläuft. Unser Team besuchte dort eine Reihe von Unternehmen. Mehreren ging es offensichtlich recht gut. Wir müssen begreifen, dass die internationalen Schlagzeilen nicht die ganze Wahrheit über die Vorgänge in einem Land wiedergeben. Wir sind eigentlich keine Verfechter der Idee, diese Länder (die „CIVETS“) als wirtschaftliche Einheit zusammenzufassen, wollen uns aber in Ägypten weiter nach Anlagechancen umschauen. Chile gehört dagegen zu unseren besonderen Favoriten, da wir dort viele Unternehmen entdeckt haben, die nach wie vor florieren. Peru hatte Probleme im Bergbausektor, doch wir halten das Land weiterhin für einen interessanten Standort mit Investmentpotenzial, wenn es auch möglicherweise nicht ganz so viele Chancen bietet wie Chile.
Akeem aus Indien fragt: Ich erachte indische Aktien als stark überkauft und die jüngsten Reformen als zu zaghaft. Wie beurteilen Sie das aktuelle Niveau?
Mark Mobius: Auch wir finden, dass viele indische Unternehmen nach wie vor zu teuer wirken. Doch kontraproduktive Staatspolitik und die letzten Korruptionsskandale haben den Markt in diesem Jahr unter Druck gebracht. Inzwischen erkennen wir durchaus aussichtsreiche Gelegenheiten zum Kauf indischer Unternehmen zu ansprechenderen Kursen. Die indische Regierung hat offenbar die negativen Auswirkungen ihrer Politik auf den Markt erkannt und ihre Haltung zum Einstieg ausländischer Unternehmen in den Einzelhandelssektor unlängst geändert. Diese Entscheidung sollte künftig positive Effekte zeigen.
George aus den USA fragt: Was halten Sie derzeit vom MENA-Raum (Naher Osten/Nordafrika) und insbesondere von Ägypten? Aus Top-down-Perspektive ist Ägypten meiner Ansicht nach der am breitesten diversifizierte Markt der Region mit vorteilhaften demografischen Merkmalen.
Mark Mobius: Weil aus Ägypten negative Meldungen kommen, werden viele Aktien aus Bewertungsperspektive immer attraktiver – nicht nur in Ägypten, sondern auch in anderen Teilen des MENA-Raums. Die Unruhen in Nordafrika sorgen für verstärktes Interesse an manchen Märkten von Golfstaaten. Etliche Investoren aus Nordafrika, Ägypten, etc. suchen beispielsweise nach Anlagemöglichkeiten in den Vereinigten Arabischen Emiraten und insbesondere in Dubai.
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Mark Mobius: Wir beurteilen Afrika und speziell Nigeria im Moment zuversichtlich. Boko Haram macht zweifelsohne Probleme, doch das gilt vor allem für den Norden des Landes, wo überwiegend Moslems leben. Im Süden, wo mit Lagos das Finanz- und Handelszentrum des Landes liegt, waren diese Effekte im Großen und Ganzen eher begrenzt. Boko Haram hat zwar im manchen Fällen Gewalt provoziert, doch das ganze Land wurde davon nicht in Mitleidenschaft gezogen. Wir haben dort viele florierende Unternehmen entdeckt, denn mit dem Land geht es offenbar weiter aufwärts. Derzeit wollen wir uns nicht nur in Nigeria nach Anlagechancen umsehen, sondern auch in anderen Teilen Afrikas wie Ghana, Kenia, Südafrika usw.
Rajdej aus der Schweiz fragt: Ein Blick auf Shanghai, Sensex oder Hang Seng Index macht sprach- und fassungslos, weil sie noch immer so viel tiefer stehen als vor zwei Jahren. Aktuellen Prognosen zufolge ist Chinas BIP 2012 offenbar rund 7,5 Prozent gewachsen. In den USA betrug das Wachstum etwa zwei Prozent. Und wo steht der Shanghai Index im Vergleich zum S&P 500? Man könnte fast sagen, dass dieser Trend schon nicht mehr kurzfristig ist. Er wirkt allmählich immer mehr wie ein langfristiger Abwärtstrend der Emerging-Markets-Kapitalmärkte trotz wachstumsstarker Volkswirtschaften. Vielleicht müssen wir unsere Emerging-Markets-Strategie oder gar unsere Überzeugungen überdenken. Was meinen Sie?
Mark Mobius: Betrachtet man den Zehnjahreszeitraum bis 2012 als Ganzes, dann haben die Schwellenmärkte die Industrieländer in acht dieser zehn Kalenderjahre überflügelt. 2011 war der Rückstand der Schwellenmärkte insgesamt weitgehend der enormen Zahl von Börsengängen (IPOs) und Folgeemissionen von Unternehmen aus Schwellenländern zuzuschreiben, die im Vorjahr erfolgten – 2010 betrug das Volumen rund 500 Milliarden US-Dollar. Vom Zweitmarkt wurde eine Menge Kapital abgezogen und in diese IPOs gesteckt. In diesem Jahr konnten wir insgesamt eine stärkere Wertentwicklung der Schwellenmärkte beobachten und ich bin zuversichtlich, dass sie 2013 einen Ertragsvorsprung erzielen könnten. Aber vergessen Sie nicht: Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für die Zukunft.
Rachit aus Indien fragt: Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass Anlagen auf Grenzmärkten mit langfristigem Horizont erfolgen sollten. Man muss Geduld haben, bis sie sich auszahlen. Sorgen bereitet mir aber, dass ihre Wachstumsstory von einem bestimmten Ereignis/Rohstoff abhängt. Das ist für Saudi-Arabien zum Beispiel Öl und für Katar Gas, denn daraus beziehen sie die meisten Einnahmen. Brechen diese Kernsektoren ein, können die übrigen Sektoren die Wirtschaft nicht tragen. Ist es unter solchen Umständen sinnvoll, in Unternehmen mit starker internationaler Präsenz zu investieren (auch bei einem schwachen globalen Ausblick) oder aber in die inländischen Wachstumsstorys von Unternehmen?
Mark Mobius: Unter den Anlagemöglichkeiten auf Grenzmärkten erscheinen uns derzeit nicht unbedingt Rohstoffunternehmen am interessantesten, sondern Banken und Telekoms. Ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung in diesen Ländern verfügt noch nicht über ein Bankkonto, sodass das Wachstumspotenzial unseres Erachtens groß ist. Die Mobilfunkrevolution hat diese Länder mit großer Heftigkeit erfasst und die Nachfrage nach Handys und Mobilfunkdienstleistungen nimmt rasch zu.
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