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Wie Investoren und Sponsoren Fans Versicherungen verkaufen

Er wolle Fußballfans „eines Tages keine Hotdogs und Biere mehr verkaufen, sondern Versicherungen oder andere Finanzdienstleistungen“, beschreibt Josh Wander seine Vision. Die fieberhafte Leidenschaft der Anhänger eines Vereins bedeute, dass „sie monetarisiert werden wollen“, zitiert die Financial Times den Chef der Investment-Gesellschaft 777 Partners aus Miami weiter. Er freue sich demnach auf die neue Ära der „Hyperkommerzialisierung“ des Fußballs. Sein Unternehmen kaufte in den vergangenen fünf Jahren im Wert von hunderten Millionen US-Dollar Anteile an Sportvereinen weltweit. Hierzulande ist er zu in diesem Jahr als Investor beim Hertha Berliner Sport-Club (BSC) eingestiegen.

„Interessanter Vertriebskanal
in einem emotionalen Umfeld“
Die Strategie der neuen Miteigentümer der „Alten Dame“ verwundert kaum noch. „Für viele Sportvereine geht es heute darum, ihre starke Marke bei den Fans auf digitalem Wege zu monetarisieren“, beobachtet Jan-Georg Streletzki, Geschäftsführer des auf Markenanbieter spezialisierten Softwareanbieters Unidy aus Hamburg. Zu seinen Kunden zählen unter anderem die Vereine FC St. Pauli, VfL Bochum, FC Hansa Rostock, SV Darmstadt 98 und der Hamburger Sportverein (HSV). Die Partnerschaft mit einem beliebten Traditions-Club biete den Unternehmen einen „interessanten Vertriebskanal im emotionalen Umfeld“. Ein niedrigschwelliges Angebot stellten zum Beispiel kostenpflichtige Abonnements dar.
„Die klassische Mitgliedschaft oder Dauerkarte wird ergänzt durch auf Fans zugeschnittene Premium-Accounts, Handytarife, Konten oder auch Versicherungen“, so Streletzki weiter. So hat beispielsweise der Deutsche Golfverband eine Kooperation mit der Hanse Merkur gestartet. Der Hauptsponsor des Verbands hat eine spezielle Haftpflicht-Police für die Bedürfnisse von Golfern entwickelt, die direkt über den Verband vertrieben wird. Die einzige selbständige und konzernunabhängige Versicherungsgruppe am Finanzplatz Hamburg ist seit der vorigen Saison außerdem Hauptpartner des HSV – und will das mindestens bis 2025 auch bleiben. So lange sei man „liga-unabhängig“ der Trikotsponsor des HSV.
Die Hanse Merkur wirbt auf den Banden im Volksparkstadion und den HSV-Internetseiten hanseatisch zurückhaltend. Ganz anders die Deutsche Familienversicherung (DFV) auf dem Online-Angebot von Eintracht Frankfurt, deren Mitglieder der Direktversicherer aus der hessischen Mainmetropole seine Policen zu besonderen Konditionen exklusiv im Eintracht Versicherungsshop offeriert. Hierfür ist die Eintracht Frankfurt Fußball AG seit ungefähr einem halben Jahr als gebundener Vermittler der DFV registriert. Als Zuständigen führt das Vermittlerregister der Deutschen Industrie- und Handelskammer unter der Registrierungsnummer D-BUAB-WQFBA-87 Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann.
„Wir nutzen die Partnerschaft vertrieblich“

„Der Versicherungsshop ist die nächste Stufe unserer Zusammenarbeit mit Eintracht Frankfurt“, kommentiert Stefan Knoll. „Wir nutzen die seit über zehn Jahren bestehende Partnerschaft nun auch vertrieblich“, erklärt der Vorstandsvorsitzende und Gründer die aktuelle Vertriebsstrategie der DFV nach dem Weggang des langjährigen Branchenkenners Stephan Schinnenburg vor einem Jahr: Man wolle den mehr als 120.000 Mitgliedern seine Versicherungsprodukte zu besonderen Konditionen anbieten. „Wir erwarten pro Jahr ein Neugeschäftsvolumen von einer Millionen Euro“, so Knoll weiter.
Zu finden waren in dem neuen Eintracht-Fanshop zunächst allerdings lediglich die DFV-Police Haftpflichtschutz sowie die drei privaten Krankenzusatzversicherungen Zahn-, Klinik- und Ambulantschutz. Doch mittlerweile wurde das Produktangebot um zwei Tierversicherungen für Hunde- beziehungsweise Katzenhalter sowie Auslandskranken- und Pflegezusatz-Policen ergänzt. Den Online-Kunden verspricht Knoll „den schnellsten digitalen Abschluss und den sofortigen Versicherungsschutz ohne Wartezeit“. Mitglieder des Vereins erhalten die Produkte jeweils mit Rabatten von bis zu 25 Prozent.
Versicherer sponsern Männer-Profifußball
Auch beim Sponsoring setzen große Versicherer hierzulande noch immer auf Männer-Profifußball. So verlängerte Ende August beispielsweise die Barmenia ihren 2024 auslaufenden Sponsoring-Vertrag mit Bayer 04 Leverkusen jetzt vorzeitig um weitere vier Jahre bis Mitte 2028. Der in Wuppertal ansässige Versicherer ist bereits seit sieben Jahren Haupt- und Trikotsponsor des Fußball-Bundesligisten. Der Barmenia-Schriftzug ist auf den Internetseiten des Werksklubs präsent und an Spieltagen auf den Werbebanden in der Bayarena sichtbar. „Wir haben uns als Partner von Bayer 04 positioniert und konnten die Wahrnehmung unserer Marke und damit unserer Versicherungsprodukte deutlich erhöhen“, kommentiert Barmenia-Vorstandsmitglied Frank Lamsfuß die Vorteile des Vertrags.

„Die Barmenia unterstützt uns in Zukunft auch noch stärker in Bezug auf Klub und Markenstrategie sowie im Nachwuchs und Damenbereich und wird auch hier ihr Engagement ausbauen“, erklärt Markus Breglec, Chef für Marketing und Innovation bei Bayer 04. Das ebenfalls 1904 gegründete Versicherungsunternehmen ist seit vielen Jahren auch Sponsor der Leverkusener Bundesliga-Frauenmannschaft. Seit dieser Saison besitzt die Barmenia zudem das Namensrecht am Leistungszentrum von Bayer 04, an dem die Nachwuchs- und Frauen-Teams des Turn- und Sportvereins beheimatet sind.
Trends beim Sponsoring der Assekuranz
Damit folgen die Wuppertaler einem Trend bei den Sponsoring-Aktivitäten deutscher Versicherer, für die Frauen-Fußball als Partner immer attraktiver wird. Das zeigt der Kundenmonitor Assekuranz von Sirius Campus, für den die Imagewirkungen unterschiedlicher Akteure und Geldempfänger aus sechs Themenbereichen analysiert wurden. Sponsoring durch Versicherer wird demnach mehrheitlich begrüßt – insbesondere im sozialen Bereich (64 Prozent Zustimmung), in Bildung und Wissenschaft (60) sowie beim Klima- und Umweltschutz (59). Auch Sport- (56 Prozent) und Kultur-Sponsoring (52) ist für die Mehrheit der Menschen grundsätzlich positiv behaftet.
Während es in den erstgenannten Sponsoring-Bereichen nur geringfügige Unterschiede nach Geschlecht und Altersgruppen gibt, sieht es bei Sport- und Kultur-Sponsoring etwas anders aus: Hier sind Jüngere und Männer etwas positiver eingestellt als Ältere und Frauen. Im Vergleich zur Vorgängerstudie 2016 zeigt sich allerdings eine abnehmende Tendenz. Vor allem in den Bereichen Soziales (-9 Prozentpunkte), Bildung und Wissenschaft (-8) sowie Klima und Umwelt (-11) hat die Zustimmung demnach deutlich abgenommen. Hingegen war die Akzeptanz von Sport-Sponsoring (-3) und Kultur-Sponsoring (-2) auch vor sieben Jahren schon deutlich niedriger.

Für die 94-seitige Studie wurden im April und Mai insgesamt rund 2.000 Menschen im Alter zwischen 18 und 69 Jahren befragt, was sie von Sponsoring-Aktivitäten der Assekuranz halten. Ein besonders positives Image hatte bei der Umfrage in diesem Frühjahr der Frauenfußball. In der Kategorie Sympathie erreicht die Fußball-Nationalelf der Frauen 80 Prozent positive Nennungen, die Fußball-Bundesliga der Frauen 79 Prozent und die Frauen-Fußball-WM immer noch 70 Prozent. Männerfußball schneidet in dieser Kategorie deutlich schlechter ab: Für die Fußball-WM der Männer äußern nur 57 Prozent Sympathie, gefolgt von der Nationalelf (54) und der Bundesliga (52).
Frauen-Fußball hat Sympathie gewonnen
In der vorherigen Umfrage stellten sich die Verhältnisse noch ganz anders dar: In Sachen Sympathie lagen Männer- und Frauen-Fußball 2016 mit jeweils knapp 80 Prozent gleichauf. Als mögliche Ursache für diesen Negativtrend nennen die Kölner Studienautoren die Diskussionen um die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar und das sogenannte Sportswashing. Durch seine positive Entwicklung und zu erwartenden weiteren Fortschritten habe sich „Frauen-Fußball zu einem höchst interessanten Sponsoring-Gebiet für alle Unternehmen entwickelt, die von einem positiven und zeitgemäßen Image profitieren möchten“, steht für sie fest.
Doch bei der Suche nach einem passenden Partner komme es nicht nur auf dessen Image an, sondern auch auf die mediale Reichweite. „Bei der Auswahl der richtigen Sponsoring-Aktivitäten bewegen Versicherer sich in einem widersprüchlichen Feld“, erklärt Studienleiter Christoph Müller. „Sponsoring-Formen, die besonders sympathisch erscheinen, sind in der Regel nicht die mit der höchsten Wahrnehmung. Darüber hinaus streben viele Versicherer ein moderneres Image an. Aus Sicht der Befragten ist jedoch die Passung zwischen Sponsor und Sponsoring-Objekt besonders gut, wenn der potenziellen Sponsoring-Aktivität ein eher traditionelles Image anhaftet.“