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Gerd Kommer und Jonas Schweizer
Hilft Wirtschaftswissen beim Investieren?
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Gerd Kommer und Jonas Schweizer Hilft Wirtschaftswissen beim Investieren?

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Falsche VWL-These 2

„Aktienmärkte von Ländern mit hoher Staatsverschuldung rentieren tendenziell schlechter als die Aktienmärkte von Ländern mit niedriger Staatsverschuldung. Staatsverschuldung ist schlecht für die Kapitalmärkte.“

Die Fakten: Auch diese von Wirtschaftsjournalisten und Social-Media-„Experten“ häufig explizit oder implizit verbreitete Behauptung lässt sich mit empirischen Daten nicht belegen. Betrachtet man die aktuell 47 Industrie- und Schwellenländer nach MSCI-Definition und misst die Korrelation zwischen ihren Staatsschulden relativ zum Bruttoinlandsprodukt auf der einen Seite und ihren Aktienmarktrenditen in den vorhergehenden drei, fünf oder zehn Jahren auf der anderen Seite, resultieren Korrelationswerte knapp unter null. Mit anderen Worten, statistisch ist kein Zusammenhang ersichtlich. Staatsverschuldung hat keinen systematischen Einfluss auf Aktienrenditen, auch wenn das unserer Intuition widerspricht. Wahrscheinlich wäre das auch so, wenn man in die andere Richtung der Zeitachse messen würde (Staatsverschuldung versus zukünftige, anstelle vergangener Aktienmarktrenditen). Greifen wir einen dieser 47 Staaten heraus, die USA: Das Land hatte per September 2022 die fünfthöchste Staatsverschuldungsquote in der 47er-Gruppe und zugleich die höchste Aktienmarktrendite in den zurückliegenden zehn Jahren.

Falsche VWL-These 3

„Fiskalisch konservativ und solide regierte Länder haben langfristig höhere Aktienrenditen als fiskalisch unsolide regierte Länder.“

Die Fakten: Sorry, nein. Lassen wir einfach Zahlen sprechen, indem wir die Aktienmarktrenditen von vier wirtschaftlich im Vergleich solide regierten Staaten mit denjenigen eines fiskal- und geldpolitisch besonders unsoliden regierten Staates vergleichen: Argentinien.

Argentinien verzeichnete während des in der folgenden Tabelle betrachteten 35-Jahres-Zeitraums drei Staatskonkurse (vier, wenn man einen wenige Jahre vorher mitzählt) gegenüber null für die vier anderen Länder.

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Tabelle 1: Vergleich der Aktienmarktrenditen von fünf Ländern von 1988 bis 2022 – nominale Renditen in US-Dollar

Tabelle 1: Vergleich der Aktienmarktrenditen von fünf Ländern von 1988 bis 2022 – nominale Renditen in USD
► [A] Aktienmarkt: Renditen jeweils des nationalen MSCI Standard Index. ► [B] Wirtschaftswachstum: Reales BIP-Wachstum pro Kopf. ► Ohne Abzug von Kosten und Steuern. ► Längste gemeinsame verfügbare Zeitreihe für alle fünf Länder. ► Bei der risikoadjustierten Rendite (vereinfachte Sharpe Ratio) liegt Argentinien gleich auf mit Chile und besser als Deutschland.
Daten: MSCI, Weltbank

Falsche VWL-These 4

„Kluge Anleger steigen aus dem Aktienmarkt aus, wenn eine Rezession oder ein deutlicher Konjunkturabschwung droht.“

Die Fakten: Nein, kluge Anleger tun das nicht. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Prognosen von Experten (Banker, Volkswirte, Zentralbankvertreter, Wirtschaftsjournalisten, Youtuber) zu Start und Ende eines Konjunkturabschwungs (Rezession) notorisch unzuverlässig, sprich üblicherweise falsch sind. Wer solchen Prognosen folgt, wird in der Mehrzahl der Fälle zu früh oder zu spät aus dem Aktienmarkt in Cash umschichten. Doch selbst, wenn diese Prognosen korrekter wären als sie es tatsächlich sind, würde ihre Befolgung mehrheitlich schaden: Für die USA wurde gezeigt, dass in mehr als der Hälfte aller dortigen Rezessionen zwischen 1926 bis 2020 (94 Jahre) Aktienrenditen den Geldmarktzins (Tagesgeldzins) überstiegen.

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